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Generalisten gefragt

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Generalisten gefragt

Wenn Informatiker, Elektrotechniker und Mechaniker an einem Tisch sitzen, ist das schon ein Fortschritt. Trotzdem reden sie oft aneinander vorbei. Das Cluster Mechatronik will die Kooperation verbessern und Entwicklungen dadurch beschleunigen.

„Ein einzelnes Unternehmen oder eine einzelne Person kann die komplexen Aufgaben in der Mechatronik nicht mehr allein lösen. Davon ist Dipl.-Ing. Volker Schiek, Geschäftsführender Vorstand des Kompetenznetzwerks Mechatronik Baden-Württemberg e. V., überzeugt. Sein Rat: „Die Beteiligten müssen firmenübergreifend agieren.“ Das ist leichter gesagt als getan, denn Informatiker, Mechaniker und Elektroingenieure haben bisher isoliert gearbeitet. „Nach 20 Jahren sitzen endlich die drei Personen im gleichen Raum.“ Die gleiche Sprache sprechen sie aber nicht: „Wenn sie über eine intelligente Achse reden, reden sie intelligent aneinander vorbei“, hat Schiek beobachtet.

Zudem erfordert Mechatronik eine neue Herangehensweise in der Organisation. „Früher bekam ein Ingenieur ein Pflichtenheft und hat es abgearbeitet“, so Schiek. Doch die Entwicklungsgebiete werden immer komplexer: „In der Biotechnologe kann man keine Vorgaben machen, da müssen die Forscher und Ingenieure eigene Strategien entwickeln.“ Es stellt sich auch die Frage, wer die Verantwortung übernehmen soll. Eignet sich für das Projektmanagement eine einzelne Person oder ein interdisziplinäres Team? Um Kompetenzprobleme zu vermeiden, muss diese Frage vorab geklärt werden. „Man braucht Systemarchitekten, die die Teilaufgaben in Häppchen an Spezialisten weitergeben“, findet Schiek. Das zu managen, hält er für eine der wichtigsten Aufgaben.
Genau diesen Paradigmenwechsel begleitet das Kompetenznetzwerk Mechatronik seit zehn Jahren. „Maschinenbauer verstehen die Prozesse oft nicht mehr“, weiß Schiek aus zahlreichen Gesprächen. So kommt man beispielsweise beim Tissue Engineering – also bei der künstlichen Herstellung biologischer Gewebe – mit dem klassischen Maschinenbau nicht weiter: „Bei einer Luftfeuchtigkeit von 100 Prozent rostet jede Maschine“, so Schiek. In dem Fall besteht seine Aufgabe darin, die Experten aus den unterschiedlichen Disziplinen an einen Tisch zu bringen.
„Es gibt zu viele Unterscheidungen in Fachdisziplinen“, bemängelt Schiek, „man kann Hunderte von Ausbildungstiteln erwerben.“ Er hat nichts gegen Nanotechnologie-Experten oder andere Spezialisierungen, doch davon gebe es genug. „Was wir dringend brauchen, sind Generalisten und Systemarchitekten, die eine Aufgabe ganzheitlich beurteilen und Schnittstellen finden.
Eine weitere Herausforderung für den Maschinenbau ist das Variantenmanagement: „Früher hat eine Produktionsstraße ein Jahrzehnt lang dasselbe hergestellt“, so Schiek, „heute braucht sie eine hohe Varianz.“ Das heißt: Sie muss oft schon nach drei bis vier Jahren etwas völlig Neues bewältigen. Bei Anschaffungskosten von zig Millionen Euro soll sie von vornherein so ausgelegt sein, dass sie sich auf neue Produkte einstellen lässt, die heute noch gar nicht absehbar sind.
Kirsten Seegmüller Freie Journalistin in Leinfelden-Echterdingen

Brille ruft nach ihrem Besitzer

Arena of Innovation bringt Tüftler, Experten und Business Angels zusammen

Verrückte Ideen austesten und interdisziplinär lösen – das ist Sinn und Zweck der Arena of Innovation des Clusters Mechatronik. Egal ob Kugelauto oder Kommunikation mit Objekten des täglichen Gebrauchs, keine Idee ist zu abwegig für die Diskussion.
„Bitte nimm mich mit!“ So könnte in nicht allzu ferner Zukunft die SMS aussehen, die eine auf dem Autodach vergessene Brille an ihren Besitzer schreibt, sobald eingebaute Sensoren erkennen, dass eine bestimmte Distanz überschritten wird oder sich die Brille nicht da befindet, wo sie hingehört. „Diese Teams kommen zusammen, um verrückte Ideen zu entwerfen und interdisziplinär zu lösen“, erklärt Dipl.-Ing. Volker Schiek, Geschäftsführender Vorstand des Kompetenznetzwerks Mechatronik. Geht nicht gibt’s nicht, und keine Anregung wird von vornherein verworfen, nur weil es für sie noch keine passenden Technologien gibt. Möglich wäre auch ein Kugelauto nach dem Vorbild der Monocyclide, die vereinzelt durch die Städte surren. Damit bekäme man nicht nur kompaktere Autos für die Innenstädte, „auch das Rangieren und Einparken fiele leichter“, so Schiek.
Die Arena of innovation findet immer innerhalb einer Messe statt – im vorigen Jahr war das die Motek. Heterogene Teams aus Tüftlern, Denkern, Business Angels, Experten aus verschiedenen Fachgebieten, Studenten sowie Industrielenkern bearbeiten gemeinsam verschiedene Aufgabenstellungen, die im Vorfeld ermittelt werden. Diese sollen am Ende zu marktfähigen Lösungen weiterentwickelt werden. Neben technischen Aspekten werden auch bereits patentrechtliche und finanzielle Belange betrachtet und durch Experten bewertet.

Der Cluster in Kürze…

Das Kompetenznetzwerk Mechatronik BW e. V. ist ein Kooperationsverbund von Partnern aus Industrie, Dienstleistung, Forschung und Lehre. Der thematische Schwerpunkt liegt auf dem Zusammenwirken von Mechanik, Elektronik und Informatik. Durch den industriegetriebenen Ansatz soll die in Baden-Württemberg vorhandene Kompetenz gebündelt und über die Region hinaus bekannter werden. Neben der Forschung konzentriert sich das Netzwerk auf die Entwicklung konkreter Lösungen. Eingebunden sind zum Beispiel Firmen und Zulieferer von Hard- und Software sowie Konstruktion und Projektierung. Auch regionale Verbände sind als Ideengeber, Grundlagenentwickler in neuen Technologiefeldern oder als Mittler aktiv.
Zu den Aufgaben gehören etwa Qualifizierungsmaßnahmen, strategische Unternehmensentwicklung, Energieeffizienz, Standardisierung, Technologietransfer oder der Einsatz neuer Werkzeuge im Produktentstehungsprozess. Die Partner kommen zum Beispiel aus den Bereichen Werkzeugmaschinen-, Maschinen- und Anlagenbau, Automatisierungstechnik, Medizintechnik, Umwelt- und Energietechnik oder auch Automotive. Die Mischung der Mitgliedsunternehmen bezüglich Größe, Branche und Know-how unterstützt das Ziel einer schnelleren Produkt- und Marktreife, zum Beispiel durch den Open-Innovation-Ansatz.

„Mechatronik ist kein Branchenthema, sondern eine Denkweise“

Nachgefragt

Worin liegt die Motivation Ihres Netzwerks?
Mechatronik ist kein Branchen-, sondern Querschnittsthema, eine Denkweise. Dazu braucht man unterschiedliche Disziplinen. Unser Ziel ist es, sie an einen Tisch zu bringen und eine gemeinsame Sprache zu schaffen.
Welche Vorteile haben Ihre Mitglieder?
In ihrem Kerngeschäft arbeiten die Unternehmen meist allein oder mit engen Partnerfirmen. Aber wenn sie Neuland betreten, sind sie viel empfänglicher für einen Verein. Zunächst muss man das Vertrauen der Firmen gewinnen – das wird bei einem Cluster oft unterschätzt.
Und wie gewinnen Sie Vertrauen?
Wir sichern absolute Geheimhaltung zu: Wenn ein Unternehmen nach Partnern sucht, führen wir persönliche Gespräche mit Geschäftsführern und vermitteln die Kontakte anonym. Auf einer Plattform kann man solche Projekte natürlich nicht veröffentlichen.

… und in Zahlen

Gründung: 2001 (Verein), 2011 (GmbH)
Geschäftsf. Vorstand: Volker Schiek
Struktur: eingetragener Verein mit angeschlossener GmbH
Mitglieder: 108 (und Kontakt zu 400 Firmen im Landescluster)
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