Startseite » Management »

Gottes Segen allein schützt nicht vor Kündigung

Arbeitsrecht
Gottes Segen allein schützt nicht vor Kündigung

„Jesus hat Sie lieb. Vielen Dank für Ihren Einkauf und einen schönen Tag.“ Ein Mitarbeiter in der Bestellannahme eines Teleshoppingcenters hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, mit dieser Grußformel seine Kunden am Telefon zu verabschieden. Nachdem der Mitarbeiter trotz ausdrücklicher Aufforderung durch einen seiner Vorgesetzten nicht auf die Jesus-Grußformel verzichtete, kündigte sein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Gegen diese Kündigung klagte der Mitarbeiter.

Das Arbeitsgericht Bochum hatte der Kündigungsschutzklage zunächst stattgegeben, weil die unternehmerische Freiheit des Arbeitgebers hinter der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Klägers zurückzutreten habe.
Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in zweiter Instanz ebenfalls auf das Spannungsfeld zwischen Glaubensfreiheit und unternehmerischer Betätigungsfreiheit hingewiesen. Allerdings fanden die Richter in Hamm, dass der Kläger nicht überzeugend darlegen konnte, weshalb er in innere Not geraten wäre, wenn er im Rahmen seiner Berufsausübung auf die Jesusformel verzichtet hätte. Ein Arbeitnehmer, der sich darauf beruft, dass die Befolgung einer Arbeitsanweisung ihn in seiner Glaubensfreiheit beeinträchtigt, müsse eine solche innere Not nachvollziehbar darlegen. Das Landesarbeitsgericht befand daher die außerordentliche Kündigung für gerechtfertigt. An dieser Bewertung konnte auch nichts ändern, dass es wegen der Grußformel nie Kundenbeschwerden gegeben hat. Die Revision ist nicht zugelassen worden, das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Das Thema Religionsfreiheit beschäftigt Arbeitsrechtler immer wieder. So gingen Anfang dieses Jahres zwei Fälle durch die Presse: Eine muslimische Mitarbeiterin des Frankfurter Bürgeramtes wollte nach ihrer Elternzeit ihre Arbeit vollverschleiert wieder aufnehmen. In einer Getränkeabteilung weigerte sich ein muslimischer Arbeitnehmer – gestützt auf seine Religionsfreiheit – Bierkästen zu stapeln. Die Burkaträgerin und das Bürgeramt haben sich schließlich einvernehmlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt. In dem Fall des Supermarktmitarbeiters war das Bundesarbeitsgericht davon überzeugt, dass der Kläger durch das Stapeln der Bierkisten tatsächlich in Glaubenskonflikte geraten werde, weshalb ein möglicher anderer Einsatz des Mitarbeiters zu prüfen sei.
Auch künftig wird das Spannungsfeld zwischen Glaubensfreiheit und unternehmerischer Betätigungsfreiheit sicherlich immer wieder ein Thema sein, mit dem Arbeitsgerichte sich auseinandersetzen müssen. Die drei beispielhaft geschilderten Fälle zeigen, dass hier – wie so oft im Arbeitsrecht – keine Pauschalaussagen möglich sind, sondern stets eine einzelfallbezogene Prüfung vorzunehmen ist.
Autor: Rechtsanwalt Dr. Norbert Pflüger, Frankfurt am Main
Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. Für Rückfragen steht er Ihnen gerne zur Verfügung
Pflüger Rechtsanwälte GmbH
Rechtsanwalt Dr. Norbert Pflüger
Kaiserstrasse 44
60329 Frankfurt am Main
Telefon +49 69 242689–0
Telefax +49 69 242689–11
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 7
Ausgabe
7.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de