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Hygieneinspektion ist ein Muss in der Erkältungszeit

Recht
Hygieneinspektion ist ein Muss in der Erkältungszeit

Schlecht gewartete raumlufttechnische Anlagen sind regelrechte Keim- und Virenschleudern. Deshalb legt die neu gefasste VDI-Richtlinie 6022 einen Schwerpunkt auf die Verbesserung der Hygienequalität. Wer die Vorgaben nicht einhält, riskiert nicht nur einen hohen Krankenstand, sondern auch empfindliche Bußgelder.

Eine optimale Luftverteilung gehört zu den wichtigsten Leistungsmerkmalen einer Klimaanlage. Damit erreichen allerdings auch Schadstoffe „effizient jeden Winkel eines Gebäudes“, sagt Professor Uwe Franzke, Geschäftsführer des Instituts für Luft- und Klimatechnik in Dresden. Blätter, Tierhaare, Hautschuppen und Blütenpollen hat er in seiner Praxis als Gutachter in Lüftungsanlagen schon vorgefunden. Häufig werden aber nicht nur Schmutz und Allergene in den Räumen verteilt, sondern auch zuvor angesaugte Viren und Bakterien, was die Ansteckungsrate noch oben schnellen lässt.

Hygieneinspektion ist Vorschrift

Laut der Gesundheitskassen entfallen rund 16 % der Krankschreibungen auf Atemwegserkrankungen. Diese haben den zweitgrößten Anteil nach Muskel-Skelett- (20,9 %) und noch vor psychischen Erkrankungen (15,2 %). Das ist aber nur ein Durchschnittswert. Tatsächlich schwankt die Quote bei Unternehmen gleicher Branchen und Tätigkeiten in der Grippe- und Erkältungssaison zwischen 3 % und 20 %. Dass ein schlechtes Raumklima auch die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern beeinträchtigt, gilt längst als erwiesen. Es „lohnt“ sich aber nicht nur, die Luft sauber zu halten. Die Arbeitsstätten- und die Immissionsschutzverordnung schreiben Hygieneinspektionen nach den Maßgaben der VDI 6022 zwingend vor.

Das Bundesumweltamt und das Robert-Koch-Institut haben zuletzt im September auf die Notwendigkeit der regelmäßigen Wartung und Reinigung hingewiesen. Vor allem bei Anlagen mit Befeuchtungssystemen und insbesondere bei solchen mit Sprühbefeuchtern bestehe naturgemäß das Risiko einer Kontamination – auch mit den gefürchteten Legionellen. „Mikroorganismen finden an den Wänden der Befeuchterkästen, den Filtern und Rohren eine ideale Umgebung für ihre Vermehrung“, sagt Marc-A. Eickholz, Leiter Facility Management der Niederberger Gruppe, einem unter anderem technische Gebäudeservices spezialisierten Dienstleister.

Auf die Vermeidung und Beseitigung mikrobiologischer Verunreinigungen wurde bei der Neufassung der VDI 6022 besonderer Wert gelegt. Es bleibt dabei, dass bei Anlagen mit Befeuchtung alle zwei und bei Anlagen ohne Befeuchtung alle drei Jahre eine gründliche Inspektion fällig ist. Allerdings muss alle 14 Tage eine Probenentnahme und orientierende Keimzahlbestimmung des Befeuchterwassers vorgenommen werden. Es ist damit ein unabhängiges Labor zu beauftragen, das über eine Zulassung nach § 44 Infektionsschutz-Gesetz (IfsG) verfügt und – so die ergänzende Empfehlung – nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert ist. Nur so sei eine Auswertung nach standardisierten Prozessen und ein verlässliches Ergebnis gewährleistet. Neu ist, dass die Zeitintervalle der Hygienekontrollen verkürzt oder verlängert werden können. Solche individuellen Lösungen setzen allerdings ein qualifiziertes lufthygienisches Gutachten im Rahmen einer „Gefährdungsbeurteilung“ voraus. Wie andere Betriebseinrichtungen müssen auch RLT-Anlagen einer solchen Beurteilung unterzogen werden. Das gilt sowohl mit Blick auf die Beschäftigten, die Zuluft einatmen, als auch für das Instandhaltungspersonal, welches mit Reinigungs-, Desinfektions- und Kältemitteln und beim Filterwechsel oder bei der Reinigung der Befeuchterkammer mit Mikroorganismen in Berührung kommt. Und nur wer über einen Sachkundenachweis der Kategorie A verfügt, darf diese Gefährdungsbeurteilung erstellen.

Umsetzung der Vorschriften mangelhaft

Aber schon wie bei der „alten“ Richtlinie und vielen anderen Normen und Vorschriften lässt die Umsetzung in die Praxis zu wünschen übrig. Uwe Franzke: „Wer eine solche Anlage betreibt, hat die Verantwortung, dass dadurch niemand gefährdet wird. Aber natürlich kostet es Geld und Personal, die Luftleitungen und Geräte regelmäßig zu kontrollieren, schmutzige Filter und marode Teile auszutauschen oder auch einfach mal sauberzumachen. Und da gibt es immer auch schwarze Schafe, die diese Verantwortung nicht so ernst nehmen oder die Wartung nicht bezahlen wollen.“ Marc-A. Eickholz von der Niederberger Gruppe ergänzt: „In vielen Objekten, die ich besuche, habe ich den Eindruck, dass viel Unklarheit herrscht, was wann zu reinigen beziehungsweise zu prüfen ist und dies themenübergreifend im Bereich Heizung, Sanitär, Lüftung, Klima, Elektro und vielem mehr.“ Große Unternehmen verfügen in der Regel über professionelle Instandhaltungs-Units, die sowohl eigenes Personal als auch externe Dienstleister einsetzen. Je kleiner ein Betrieb sei, desto hemdsärmeliger geht es offenbar zu. Dem Fachverband Gebäude-Klima ist wiederholt aufgefallen, „dass Filter, Wäscher und Abluftgitter durch gewöhnliche Hausmeister kontrolliert und gereinigt werden“. Tatsächlich muss das Wartungspersonal über eine lüftungs- und hygienefachliche Ausbildung verfügen.

Hohe Bußgelder drohen

Die Behörden verstärken ihre Kontrollen zunehmend, nicht zuletzt aufgrund des Gefahrenpotenzials. Es können Bußgelder bis zu 25.000 Euro von der Berufsgenossenschaft und bis zu 15.000 Euro von der Gewerbeaufsicht. Ebenfalls kein nur theoretisches Risiko ist die Betreiberhaftung und der mögliche Verlust des Versicherungsschutzes, wenn Mitarbeiter ernsthaft erkranken oder wenn es zu Bränden kommt. In verschmutzten Anlagen können Ventilatoren heiß laufen, sich Stäube und Aerosole entzünden. Versicherungsbedingungen verweisen auf gesetzliche Bestimmungen, Normen sowie auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Wenn es beispielsweise zu einem Brand kommt, ist der Betreiber nur dann auf der sicheren Seite, wenn er die regelmäßige Reinigung und Instandhaltung anhand rechtssicherer Protokolle nachweisen kann. Prävention „lohnt“ sich in Anbetracht der dadurch vermeidbaren Probleme allemal. Marc-A. Eickholz: „Die Entnahme einer mikrobiologischen Probe dauert, je nach Gegebenheiten, maximal 15 bis 30 Minuten je Anlage.“

Manfred Godek
Journalist und PR-Berater, Godek Public Relations, Monheim

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