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Industrie 4.0 braucht Revoluzzer als Partner

Zukunftslotse: Digitale Geschäftsprozesse 2030 vordenken ist existenziell
Industrie 4.0 braucht Revoluzzer als Partner

Business 2030 | Die Industrie steht vor dem größten Innovationschub seit Erfindung des Internet, sagt Zukunftslotse Thomas Strobel: „Wer mit Blick auf 2030 nicht intensiv über Geschäftsmodelle 4.0 nachdenkt, vergibt Chancen oder gefährdet sogar sein Unternehmen.“

Hans-Werner OertelTechnologiejournalist InnoMedia Berlin

Unter der Prämisse, am besten das eigene Wertschöpfungsmodell in Frage zu stellen, bevor dies ein branchenfremder Quereinsteiger übernimmt, hat der Münchner Strategie- und Nachhaltigkeitsexperte Thomas Strobel sichtbare Pilotanwendungen für eine digitale Welt von morgen analysiert und weitergedacht – bezogen auf den Mittelstand. Beispiele wie Kooperationen zwischen traditionellen Unternehmen der „old economy“ mit IT-basierten Start-ups entfalten Breitenwirkung und zeigen Strategien auf, wie sich neue, digitalbasierte Geschäftsmodelle etablieren lassen.
Innovationen von morgen beruhen mehr denn je auf offener, lösungsorientierter und branchenübergreifender Zusammenarbeit, wie Strobel es bereits vor Jahren bei der Ausarbeitung der textilen „Perspektiven 2025“* und auch des Zukunftsprojekts der Papierwirtschaft „Faser und Papier 2030“ herausgearbeitet hatte. Produktionsunternehmen sind auf diesem Weg gut beraten, sich zunächst Renitenz in Form von kreativen Querdenkern und Infragestellern sowie Disruptions-Kompetenz ins Haus zu holen – und/oder diese unter den eigenen Mitarbeitern bewusst zuzulassen.
„Crowdsourcing“: Produktverbesserung von außen
In Berlin etwa kooperieren inzwischen Dutzende etablierter Firmen mit heißhungrigen Start-ups unter dem Dach der Landesinitiative „Old meets New Economy“, wenn es um Innovationen und um Schritte in Richtung Digitalisierung geht. „Für die vierte Industrie-Revolution sind Revoluzzer die richtigen Partner und nicht die ‚Schau-mer-mal-abwartend-und-ziehen-den-Kopf-ein-Evolutionäre“, weiß der Zukunftslotse, Geschäftsführer der Fenwis GmbH.
Ein Beispiel von vielen, über das im Berliner Projekt-Magazin „The Hundert“ berichtet wird*: Die Peter Kaiser Schuhfabrik GmbH, ältester Schuhproduzent Europas, kam auf einer Mode-Messe mit „DesignBy.Me Technology“ ins Gespräch, einer Ausgründung der TU Berlin . Um im von Zalando & Co. geprägten Online-Schuhmarkt weiterhin mithalten zu können, entwickelten die Partner ein Tool für maßgeschneiderte Massenprodukte mit 3D-Konfiguration. Dadurch soll der Kunde die Möglichkeit erhalten, seine individuellen Wünsche bei Schuhen und Taschen zu konfigurieren.
Im Zeitalter zunehmend vernetzter Fertigungs- und Kundenbeziehungen wird laut Strobel die Zahl der Produkte ansteigen, bei denen die Kunden an der Verbesserung mitarbeiten, und zwar nach den Modellen Konfiguration/Individualisierung, Crowdsourcing (Auslagern von Teilaufgaben) beziehungsweise Open Innovation. Wer sich in einem Sportgeschäft seine Fußsohlen per Sensor-Druckkissen vermessen lässt, gibt Input für ganz neue Geschäftsmodelle. Smart Factories sorgen dafür, dass ein Sportschuh individuell in Design, Farbe, Muster und mit Applikationen des Kunden produziert wird. Zum Sensor-Schuh gibt es eine App, die dem Nutzer Rückmeldungen zum individuellen Laufstil und eventuellen Fehlbelastungen gibt. Diese Daten bekommt dann auch der Schuhersteller, um sein digitales Geschäftsmodell zu verbessern oder mit neuen Services zu erweitern.
Sensoren an den Schnittstellen
Sensoren, so Strobel, sind ein zentrales Element bei der Durchsetzung der 4.0-Strategie. Ob am Arbeitshandschuh, in Bauelementen oder an der Handbohrmaschine: Mit Sensorik bestückte Produkte erschließen dem Kunden neue Nutzwerte und zusätzliche Sicherheit. Mit sensorenbasierten Zusatzinformationen aus der Anwenderpraxis wäre es möglich, dass demnächst Skianzüge ad hoc vor Lawinengefahren warnen.
Werden andererseits Sensoren beispielsweise in die Bewehrungsstruktur von Textilbeton integriert, können später Parameter wie Wandfeuchtigkeit, Temperatur oder Bauteilbelastungen protokolliert und ausgewertet werden. Bei Rohren mit Leckagen, undichten Dächern oder Rissbildungen lassen sich somit frühzeitig Reparaturmaßnahmen einleiten, bevor der Schaden groß wird. Eine ähnliche Lösung entwickeln Dresdner Textilforscher mit Blick auf die Zustandsmessung bei Windrotoren. Ihr Ansatz könnte die bisher aufwendigen Wartungsarbeiten an Windrädern drastisch reduzieren und wurde mit dem „Otto von Guericke-Preis“ 2015 der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) ausgezeichnet.
Im Rahmen eines dreijährigen Forschungsprojekts der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), koordiniert vom Forschungskuratorium Textil e.V. in Berlin, entwickelten die Dresdener ein Verfahren, mit dem sich textile Sensorik direkt in die Rotorblätter einbringen lässt. Die Dehnungssensoren im Glasfasergelege sollen im Betrieb den Ist-Zustand der Rotorblätter fortlaufend übermitteln, um die Anlagen ausfall- und wartungsunabhängiger zu machen. Kosten- und zeitintensive Stillstände zur Prüfung der Rotoren können damit entfallen.
Hersteller werden ihre Erzeugnisse künftig feintunen können, weil das Produkt ein digitales Feedback zum Nutzer-Einsatz gibt – wichtig für die ständige Qualitätsverbesserung und Produktindividualisierung. „Zahlreiche Produkthersteller werden über reale Datenmessungen feststellen, wie ihre Erzeugnisse in der Praxis tatsächlich eingesetzt werden“, erläutert der 53-jährige Zukunftslotse Strobel den Mehrwert solcher Lösungen. So kann ein Hersteller von Profi-Bohrmaschinen erfahren, wie viele Löcher waagrecht gebohrt werden und wie viele senkrecht nach unten beziehungsweise nach oben über Kopf. Die Messergebnisse könnten für die nächste Bohrmaschinengeneration verkaufsentscheidend sein, weil daraus bessere Schlussfolgerungen für die Ergonomie und das Anbringen von Zusatztools wie Staubfänger gezogen werden könnten.
https://issuu.com/the-hundert/docs/hundert5_issue
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