„Jeder Kunde kann ein Auto in jeder gewünschten Farbe haben, solange es schwarz ist.“ Es ist eines dieser berühmten Zitate von Henry Ford, der Anfang des 20. Jahrhunderts die Fließbandarbeit perfektionierte und damit den Weg für die industrielle Massenfertigung ebnete. Nachdem Ford die Farbauswahl seiner Automodelle zu Beginn tatsächlich auf schwarz beschränkt hatte, erweiterte er 1925 schließlich doch die Farbpalette, um den Verkauf anzukurbeln. Rund einhundert Jahre später ist es Autokäufern längst nicht mehr genug, aus wenigen Standardmodellen und Farben auszuwählen. Die Ausstattung muss den individuellen Bedürfnissen entsprechen, das Design dem Lebensgefühl. Doch eine steigende Variantenvielfalt ist gleichbedeutend mit steigenden Produktionskosten. Komponenten und Prozesse müssen vorgehalten werden, um kurze Lieferzeiten zu garantieren. Ob die Teile später tatsächlich verbaut werden oder für sie lediglich unnötige Kosten anfallen, ist für Automobilhersteller wie Audi die Gretchenfrage. Der Ingolstädter Autoproduzent setzt bei der Suche nach Antworten seit 2016 erfolgreich auf die IT-Lösung Vera. Die Ingolstädter haben diese gemeinsam mit dem Bonner IT-Consulting- und Software-Haus Comma Soft auf Basis der Self-Service Data-Science-Lösung Infonea entwickelt. Das benutzerfreundliche Tool ermöglicht umfassende Ad-hoc-Analysen komplexer Datenmengen und generiert aussagekräftige Self-Service-Reports.
Laut einer Studie von Bitkom und KPMG aus dem vergangenen Jahr setzen inzwischen 21 % der Automobilhersteller moderne Technologien zur Datenanalyse ein, um ihre Workflows nachhaltig zu optimieren und ihre Produktionskosten zu senken. Damit belegt die Automobilbranche die Pole-Position. Denn es existieren zahlreiche gute Gründe, um auf Big Data zu setzen: Methoden der Data Analytics ermöglichen es, komplexe Zukunftsszenarien zu simulieren und damit eine stabile Handlungsgrundlage für fundierte Entscheidungen zu schaffen.
Data Science in der Produktion
Besonders in produzierenden Unternehmen erstrecken sich die Einsatzszenarien für entsprechende Big-Data-Technologien auf immer mehr Geschäftsressorts. Hier werden die Auswertungen zum Beispiel zur Verbesserung des Qualitätsmanagements hinzugezogen. Zudem unterstützen entsprechende Analyse-Tools bei der prädiktiven Instandhaltung, indem Sensordaten erfasst und ausgewertet werden, um auf Basis von Algorithmen zur Mustererkennung auf drohende Maschinenausfälle reagieren zu können.
Variantenmanagement spart Kosten
Große Einsparpotenziale bezüglich der Prozesskosten bieten sich für produzierende Unternehmen jedoch vor allem im Bereich des Variantenmanagements. Bei Audi hat das Team um Data Scientist Dr. Dieter Joenssen und Sebastian Herbst etwa einen Variantenbaum entwickelt, der sämtliche Konfigurationsmöglichkeiten der Fahrzeuge abdeckt und zudem darstellt, wie beliebt eine bestimmte Zusammenstellung bei den Käufern ist. „Mit Vera können wir die Varianz und Komplexität beherrschen“, erklärt Joenssen. Dadurch ist es dem Automobilhersteller nun möglich, selten oder gar nicht nachgefragte Komponenten zuverlässig zu identifizieren.
Die Vorteile: Der Automobilhersteller optimiert die Wertbeiträge der einzelnen Varianten, indem die vorgehaltenen Bauteile dem Kaufverhalten der Kunden entsprechen. So entstehen weder unnötige Kosten für überschüssige Produktkomponenten, noch werden Umsatzchancen verspielt, weil eine bestimmte Fahrzeugkonfiguration nicht verfügbar ist. In der Praxis bedeutet dies für den Hersteller ein enormes Einsparpotenzial, von dem bereits über 500 Fachanwender profitieren.
Usability ist entscheidend
Die Voraussetzung für den fachübergreifenden Nutzen der Software ist deren Benutzerfreundlichkeit. So können auch Nutzer ohne umfassende Datenanalyse-Kenntnisse die Lösung anwenden. Primär gewinnen Anwender aus unterschiedlichen Fachabteilungen zentrale und damit gewinnoptimierende Erkenntnisse aus einer Datenanalyse. Denn diese verfügen über die für ihre jeweilige Abteilung nötige Expertise, um zielführende Prognosen aufzustellen.
Dank des Visualisierungs-Tools ist die Usability hoch. Daher richtet sich die Lösung vor allem an eine Zielgruppe außerhalb der typischen Anwender für Business-Intelligence-Werkzeuge. Für die Umsetzung benötigten die Entwickler lediglich eine Open-Source-D3-Visualisierung, die sie mit einem Standardwerkzeug verknüpft haben. So ist die Lösung in der Lage, die Ergebnisse einer Datenanalyse auf Knopfdruck aufzubereiten und einem fachübergreifenden Nutzerkreis zur Verfügung zu stellen. Visualisierungen bieten einen Mehrwert für die Analyse. Sie helfen den Anwendern dabei, datengestützte Ergebnisse im Detail zu verstehen und Entscheidungen abzuleiten.
Der Anbieter
- Comma Soft
- Fokus: IT-Consulting für digitale Transformation von Unternehmens-Geschäftsmodelle
- Leistungsspektrum: Data Science-, Analytics-, IT-Strategie, IT-Architektur und Security-Consulting sowie dazu passende Software-Produkte und Lösungen
- Hauptsitz: Bonn
- Gründungsjahr: 1989
- Mitarbeiter: 135
Der Anwender
- Audi
- Branche: Automobilhersteller
- Hauptsitz: Ingolstadt
- Produktionsstandorte (weltweit): 12
- Mitarbeiter: rund 88 000
- Auslieferungen an Kunden (2016): 2 088 187 Automobile
- Umsatzerlöse 2016: etwa 60 Mrd. Euro