Mit seinen rund 26.000 Mitarbeitern ist die Brose-Gruppe der weltweit viertgrößte Automobilzulieferer in Familienbesitz. Das Unternehmen ist an 62 Standorten in 23 Ländern vertreten und erwirtschaftet einen Umsatz von 6,3 Mrd. Euro. Für die Unternehmenssteuerung setzt Brose ein zentrales SAP-System ein. Im Bereich der Zutrittskontrolle und Zeiterfassung waren bisher unterschiedliche Lösungen im Einsatz. Die in Deutschland eingesetzte Technik war veraltet. Anstatt die bestehende Installation zu modernisieren, entschied man sich, den Anbieter zu wechseln und gruppenweit ein zentrales System für Zutritt und Zeiterfassung einzuführen. Gesucht wurde ein Partner, der global aufgestellt ist und dem rasanten Wachstum von Brose folgen kann. Ausgewählt wurde der Sicherheitsspezialist Dormakaba mit Sitz in Dreieich.
Brose ist ein Unternehmen, das stark von SAP geprägt ist. Deswegen schlugen die Spezialisten aus Hessen die neue Lösung EACM als Standard vor, die vollständig in das Organisations-Management von SAP integriert ist. Bei diesem Ansatz werden Zeiterfassung und Zutrittskontrolle direkt aus SAP HCM gesteuert. „Für uns passte die Lösung gut, weil sie das SAP-Modul Organisations-Management nutzt“, erklärt Sandro Richter, der als Projektleiter für den weltweiten Rollout des Systems verantwortlich ist. „Damit haben wir alles in unserem System und die Schnittstellen zu Subsystemen entfallen.“ Aus Sicht von Richter ist auch die Verwaltung von Zutrittsrechten einfacher als bei der vorherigen, dezentralen Lösung.
Zutrittsrechte und -profile werden im neuen System anhand von Organisationseinheit und Planstelle des Mitarbeiters im Unternehmen automatisiert vergeben. Fängt ein Mitarbeiter neu an, wechselt er die Abteilung oder verlässt er das Unternehmen, dann werden die Zutrittsberechtigungen automatisch angepasst. Basis für die Personalstammdaten in der EACM-Lösung wird die zentrale Datenbank in SAP. Ändern sich die Zutrittsrechte, werden diese innerhalb von Sekunden in jedem Zutrittsmanager an jedem Standort weltweit aktualisiert.
Die Arbeitszeiten erfassen die Mitarbeiter bei Brose an den Terminals 9700 und 9600 von Dormakaba, an denen sie sich auch über ihre aktuellen Zeitkonten informieren können. Das SAP Standardmodul „Personalzeitwirtschaft“ übernimmt alle an den Terminals erfassten Buchungsdaten und berechnet automatisch die Zeiten für jeden Mitarbeiter anhand der persönlichen, hinterlegten Zeitmodelle. Der komplette Prozess von der Zeiterfassung bis zur Lohn- und Gehaltsabrechnung ist damit in SAP integriert.
Mit der Entscheidung für EACM startete bei Brose ein umfangreiches, weltweites Projekt. Das Ziel ist, die neue Lösung schrittweise an über 50 Standorten in 23 Ländern in Europa, Amerika und Asien einzuführen und dabei die komplette Bestandshardware zugunsten des flexiblen Systems auszutauschen. Das Projekt wurde sorgfältig vorbereitet. So wurden Hardware-Konfigurationen und Verkabelungs-Standards verbindlich festgelegt, die für alle Standorte weltweit gelten. Danach wurde ein Plan für den Rollout erstellt. Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen Zentrale Informationssysteme und Zentrale Personalabteilung durchgeführt.
Im Frühjahr 2016 startete man zunächst mit zwei Pilotinstallationen. Am Standort in Hallstadt wurde die Hardware ausgetauscht und in Bamberg eine Neuinstallation durchgeführt. Bei diesen Aktivitäten zeigten sich durchaus Anfangsschwierigkeiten, da die Technik noch neu und Brose ein Pilotkunde war. In der Folge wurden einzelne Punkte optimiert, bis die Lösung stabil lief. Dann begann der Rollout mit der Umstellung an 13 Standorten in Deutschland, der Tschechischen Republik und in der Slowakei. Später folgten Standorte in den USA, Brasilien und Europa. „Hier haben wir eng mit den lokalen IT-, Instandhaltungs- und Personalabteilungen zusammengearbeitet“, erklärt Sandro Richter. „Man kann nicht alles zentral von Coburg und Bamberg aus steuern.“ Regional verantwortliche IT-Manager wurden an Pilotstandorten geschult, um mit diesem Wissen ihre Standorte auf die Migration vorzubereiten. An über 15 Standorten hat Brose die Installation und Konfiguration der Geräte komplett selbstständig durchgeführt. Das sparte Zeit und Geld und machte das Zutrittssystem zu einer lokalen Aufgabe.
Jeder Standort wurde entsprechend den zentralen Vorgaben und Sicherheitsstandards abgesichert, die Außenhaut beispielsweise mit Drehkreuzen und Online-Lesern. Im Innern des Gebäudes schützen Online-Leser die IT-Serverräume, Büros, Rechenzentren und Labors vor unbefugtem Betreten. Auch die Produktions- und Entwicklungsbereiche sind auf diese Weise abgesichert. Für die Serverräume wird eine Zwei-Faktorauthentifizierung über PIN-Eingabe verwendet. In den Eingangs- und Produktionsbereichen sind Terminals installiert, an denen die Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten erfassen.
Um administrative Tätigkeiten in den Bereichen Personal und Sicherheit zu verringern, wurden sogenannte Selfservices für die Vergabe von Zutrittsrechten eingeführt. Hierfür wurde von Brose ein „workflowgesteuerter Zutrittsantrag“ entwickelt. Damit können Mitarbeiter von Brose ihre Zutrittsrechte für andere Standorte selbst organisieren. Vor einer Dienstreise stellt der Mitarbeiter einen Antrag und wählt für den notwendigen Zeitraum das gewünschte Zutrittsprofil aus. Ein Arealverantwortlicher am besuchten Standort prüft und genehmigt. In den letzten 18 Monaten wurden über dieses System bereits über 15.000 Anträge gestellt.
„Durch die SAP-Integration konnten durch Eigenentwicklungen nützliche Zusatzfunktionen für den Werkschutz bereitgestellt werden“, betont Sandro Richter. Dazu gehören die Vergabe von Ersatzausweisen und das Sperren von Ausweisen über eine SAP-GUI-Oberfläche. Aktuell läuft ein Projekt zur Einführung eines neuen Ausweises mit einem höheren Sicherheitsstandard. Der Rollout des Zutrittssystems verläuft planmäßig. Bis Ende 2018 wird die komplette Brose-Gruppe auf das EACM-System umgestellt sein.
Bei der weltweiten Migration fühlt sich Brose von Dormakaba gut unterstützt. In gemeinsamen Workshops wurden technische Weiterentwicklungen erarbeitet. So hat sich das Projektteam bei Brose viel Wissen angeeignet, um im Rollout-Prozess selbstständig voranzukommen. „Die Ablösung eines gewachsenen Bestandssystems im laufenden Betrieb ist herausfordernd“, betont Sandro Richter. „Das ist uns dank der engen Zusammenarbeit ganz gut gelungen.“ Die Zeiterfassung und Zutrittskontrolle sind bei Brose jetzt komplett im SAP-System integriert und sämtliche Schnittstellen entfallen. „Alles greift ineinander, unsere hohen Erwartungen wurden erfüllt“, freut sich Projektleiter Richter. (ub)
In jedem zweiten Auto steckt Brose
Brose entwickelt und produziert mechatronische Systeme für Fahrzeugtüren, Heckklappen und Sitze sowie Elektromotoren und Elektronik, unter anderem für Lenkung, Bremsen, Getriebe und Motorkühlung. Rund 80 Automobilmarken und über 40 Zulieferer stehen auf der Kundenliste. Jeder zweite Neuwagen weltweit ist mit mindestens einem Brose-Produkt ausgestattet. Sie sind für den Fahrer meist nicht sichtbar und sorgen für mehr Sicherheit, Komfort und Effizienz. Die jährlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung betragen 8 % des Umsatzes, der bei 6,3 Mrd. Euro liegt. Mit mehr als 3000 Ingenieuren und Technikern sind über 10 % aller Mitarbeiter in diesem Bereich tätig.