Maschinenbauer aus der DACH-Region beschäftigen sich schon länger mit der Frage, welche Rolle sie in einer zunehmend digitalen Zukunft spielen werden: Verkommen sie zu Hardware-Lieferanten, weil Tech-Startups aus Fernost und Übersee mit digitalen Lösungen den direkten Zugang zu Maschinen- und Kundendaten abgreifen? Oder mausern sie sich zu Smart-Solutions-Providern, die die Datenhoheit ihrer Maschinen behalten – und mit Softwarelösungen aus dem eigenen Ökosystem digitale Services anbieten?
Die Adamos GmbH aus Darmstadt setzt sich für Letzteres ein. Das Adamos-Ökosystem besteht aktuell aus 60 Partnerunternehmen, hauptsächlich mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer sowie Technologieunternehmen, die sich gegenseitig bei der digitalen Transformation unterstützen wollen.
Industriedigitalisierung made in Europe
Bei Industriesoftware sind europäische Unternehmen führend. Da der Markt allerdings stark fragmentiert ist, war es für viele Unternehmen lange Zeit sehr mühselig, die passenden Lösungen zu finden. Also launchte Adamos 2021 einen bisher einzigartigen und innovativen Marktplatz mit angeschlossener Vernetzungstechnologie. Die Idee: Das Netflix für Industrie-Apps zu werden. Auf der Plattform können Maschinen- und Anlagenbauer sowie deren Kundenunternehmen Softwarelösungen für ihre Produktionsbedürfnisse abonnieren. Zum Beispiel Apps zur Früherkennung von Stillstandsursachen, Predictive Maintenance, Ressourcenplanung und -monitoring, Echtzeit-Überwachung, Ausfallvorhersagen oder automatische Bauteilkalkulation.
Die User können sich per Single-Sign-On-Funktion in die Plattform einloggen. Einmal eingeloggt, genügt ein Klick auf die Anwendung und schon kann es losgehen. Ganz so, wie man es von Apps auf dem Smartphone aus dem Alltag kennt. Das reduziert den Aufwand für Unternehmen bei der Suche und Nutzung von Branchensoftware. Der direkte Kundenmehrwert erschließt sich schnell: Einerseits finden Unternehmen auf der Plattform eine große Auswahl unterschiedlicher Anbieter und Tools made in Europe. Andererseits fallen die App-Abos unter „laufende Kosten“, sind jederzeit kündbar – und somit wesentlich leichter planbar als großangelegte Investitionsausgaben. Gleichzeitig reduzieren die eingesetzten Softwarelösungen die Ausfallzeiten von Maschinen, erhöhen die Anlageneffizienz – und senken die Produktionskosten.
Plattform-Dilemma: Henne oder Ei?
Wie so oft bei Plattform-Modellen bestand auch bei Adamos anfangs das sogenannte „Henne-Ei-Problem“: Anbieter bewerben ihre Produkte nur auf der Plattform, wenn es Nutzer gibt, die nur auf die Plattform kommen, wenn dort Produkte angeboten werden. Die Verantwortlichen mussten also die Nutzer- und Anbieterseite parallel und signifikant aufbauen. Dafür benötigten sie kurzfristige Vertriebsexpertise. Diese fanden sie in gleich zwei Interim Managern. Einer war für die Anbieterseite auf der Plattform zuständig – der andere für die Kundenseite.
- Für die Anbieterseite: Für die Anbieterseite wurden die Akquise-Aktivitäten hochgefahren. Es wurden geeignete Anbieter cloudbasierter SaaS-Softwarelösungen für den produzierenden Mittelstand identifiziert und angesprochen. Der Onboarding-Prozess für interessierte Anbieter wurde stark verschlankt. Damit senkten die Verantwortlichen die Hürden für Anbieter, ihre Softwareprodukte auf den Marktplatz zu stellen. Gleichzeitig wurde eine Startup Arena ins Leben gerufen, in der auch nicht am Markt etablierte Startups ihre Softwarelösungen für die Industrie vorstellen und anbieten können.
- Für die Kundenseite: Auf Kundenseite wurden die Marketingaktivitäten für den Marktplatz hochgefahren – u. a. durch Kampagnen zur Leadgewinnung. Die Verantwortlichen entwickelten und implementierten auch einen Machting-Algorithmus für die User, der deren Nutzeranforderungen mit den passenden Softwarelösungen zusammenbringt. Dadurch stieg die Nutzerfreundlichkeit und User Experience der Website.
Die Ergebnisse lassen sich sehen: Der Adamos-Marktplatz konnte die Anzahl der angebotenen Software verzehnfachen. Der Onboarding-Prozess dafür konnte von sechs auf zwei Wochen verkürzt werden. Kurz nach der Umsetzung der Maßnahmen wurden über 500 Registrierungen von Kundenseite erfasst. Kunden- und Anbieterseite sind also gleichzeitig gewachsen – ein absolutes Erfolgskriterium für Online-Marktplätze. Durch den Matching-Algorithmus kommen Verkaufsabschlüsse nun noch schneller zustande, weil Anbieter und Interessenten direkter zueinanderfinden.
Europas Chance: Die Digitalisierung der Industrie
US-Amerikanische und asiatische Tech-Unternehmen dominieren vor allem den Consumer-Markt. Bei digitalen Lösungen für die Industrie hat Europa aber noch gute Chancen, weit vorne mitzuspielen – und einen europäischen Weg zu gehen. Der Adamos-Marktplatz ist ein wichtiger Schritt dafür. Die Datenhoheit bleibt bei den Unternehmen, weil europäische Industriesoftware-Anbieter Sicherheitsstandards garantieren können, die den europäischen Datenschutzbestimmungen entsprechen.
Das Adamos-Ökosystem stärkt die Sichtbarkeit für europäische Anbieter – und fördert den digitalen Wandel in der Industrie. Das ermöglicht mehr Innovation in Europa: Durch den Austausch von Wissen und Technologien können neue Ideen entstehen und zur Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen beitragen. Wenn Unternehmen auf europäische Lösungen setzen, stärken sie die europäische Wirtschaft im globalen Wettbewerb und sichern sich auch in Zukunft den direkten Zugang zu Maschinen- und Kundendaten.