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Ist die Industrie 4.0 gescheitert?

Digitalisierung
Industrie 4.0 am Scheideweg

Industrie 4.0 am Scheideweg
Alarmierend: Die meisten Industrieunternehmen sind bei der Digitalisierung kaum vorangekommen. Sogar negative Produktionseffekte sind sichtbar. Bild: besjunior / stock.adobe.com
Mit dem von vor zehn Jahren vorgestellten Konzept der Industrie 4.0 wurde nichts anderes als die vierte industrielle Industrie eingeläutet. Heute stellt sich die Frage, wie weit wir mit der digitalen Transformation in der Industrie wirklich gekommen sind?

» Michael Finkler, Geschäftsführer Proalpha Gruppe

Das Resümee fällt leider ernüchternd aus. Das heutige Produktionsniveau ist auf dem Stand des Jahres 2011. Die Produktivität im Maschinenbau ist trotz hoher Auslastung sogar gesunken. Das sind zehn verlorene Jahre, in denen die breite Masse der Industrieunternehmen in ihrer digitalen Transformation kaum vorangekommen ist und weitgehend kein Umsatz- und Gewinnwachstum durch Investitionen in die Digitalisierung erreicht hat. Studien stellen sogar einen negativen Produktionseffekt fest, obwohl vielfältig in Software und Co. investiert wurde.

Diese Bilanz ist deswegen auch alarmierend, weil Unternehmen aus der Industrie längst weiter sein sollten, um sich für die neuen Herausforderungen der Zukunft zu wappnen. Während es in der Vergangenheit darum ging, die industrielle Produktion mit Informations- und Kommunikationstechnologien zu verzahnen, müssten sich insbesondere Unternehmen aus der Produktion für die auch im B2B-Bereich anbahnende Plattformökonomie aufstellen. Unternehmensentscheider sollten heutzutage digitale Plattformen, Mehrwertdienste und Geschäftsmodelle in ihre strategischen Überlegungen mit einbeziehen – sowie die höchste Kundenzentrierung und Teilhabe an für sie passenden Ökosystemen anstreben.

Heute gilt es mehr denn je, nicht den Anschluss an die heranrauschende industrielle Plattformökonomie zu verschlafen; insbesondere wenn man bedenkt, dass die Hyperscaler wie Amazon Web Services, Microsoft und Google den Aufbau von Industrie-Plattformen forcieren.

Eine Studie von McKinsey, die sich explizit auf den Maschinen- und Anlagenbau bezieht, zeigt, dass erst rund die Hälfte der analysierten Unternehmen Erfahrungen mit der Entwicklung von Mehrwertdiensten gesammelt hat – und noch weniger mit Entwicklungen rund um digitale Plattformen. Die strategische Relevanz digitaler Plattformen und Mehrwertdienste wird von vielen Maschinen- und Anlagenbauern bisher als gering angesehen. Ein Großteil der Unternehmen nutzt zwar digitale Angebote, um sich die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, allerdings ohne Monetarisierung. Nur knapp die Hälfte bietet laut der Studie digitale Lösungen an, die eng mit dem Produktportfolio zusammenhängen und auch verkauft werden. Produktunabhängige digitale Lösungen und Betreibermodelle wie „Pay per Use“ nehmen hingegen jetzt als auch zukünftig einen nachrangigen Platz ein.

Lösungen und Handlungsempfehlungen

Um den Rückstand in der Digitalisierung aufzuholen und den Bedürfnissen der Endkunden gerecht werden zu können, stehen Unternehmen also vor der großen Aufgabe, sich nicht nur mit Digitalisierungsinitiativen in der Fabrikhalle oder im Büronetzwerk auseinandersetzen, sondern intensiv mit digitalen Geschäftsoptionen und werttreibenden Services zu beschäftigen.

Hierzu gehört die Identifizierung von neuen digitalen Mehrwertdiensten, die das Unternehmen anbieten beziehungsweise monetarisieren kann, sowie die Entwicklung von Lösungen, die das eigene Produkt- und Serviceportfolio plattformkompatibel machen. Es müssen außerdem Konzepte und Pläne zur Optimierung und Digitalisierung der Wertschöpfungsketten in der Smart Factory auf den Tisch – mit einem Fokus darauf, welche Produkte und Services das Unternehmen digitalisieren und zur Marktreife bringen kann.

Ein Beispiel: Ein Maschinenanlagenbauer kann über digitale Mehrwertdienste einerseits den Ressourceneinsatz beim Kunden optimieren sowie auch weiteren gewinnbringenden Output generieren – beispielsweise indem er eine Vergütung nach Gutstückfertigung (ein klassisches Product-as-a-Service-Modell) oder nach Kubikmeter Druckluft einführt. Neben einem flexiblen und kundennahen Verkaufs- und Nutzungsmodell für den Endkunden profitiert der Maschinenanlagenbauer außerdem von einem besseren, weil zielgerichteteren After-Sales.

Bei Mehrwertdiensten ist die Auseinandersetzung mit Kundenbedürfnissen, aber auch mit der eigenen Herangehensweise zwingend. Netflix und Amazon haben es im Consumer-Bereich vorgemacht, jetzt ist die B2B-Industrie am Zug.

Für Unternehmensentscheider empfiehlt sich hierfür ein dreistufiger Ansatz:

  • Definition des Marktsegments: Es gilt, den Markt nach anwendungsspezifischen Charakteristika wie der Unternehmensgröße der Kunden, IT-Affinität, digitalem Reifegrad der Kunden sowie deren Prozess-Know-how zu segmentieren.
  • Aufzeigen des Mehrwerts für den Kunden: Der Segmentierung folgt eine ausführliche Betrachtung und Definition des Mehrwerts aus Kundensicht.
  • Festlegen des eigenen Geschäftsmodells: Zuletzt muss das bestmögliche Geschäftsmodell zielgruppenspezifisch festgelegt werden, dessen Alleinstellungsmerkmal gegenüber Wettbewerbern klar definiert und der technologische Vorsprung sowie die Risiken des neuen Geschäftsmodells umfassend bewertet werden.

Entscheidend bei der Entwicklung einer übergreifenden Digitalstrategie sind allerdings auch die Basics, also, dass das IT- und organisationsspezifische Fundament auf einem soliden Stand ist. Egal ob IT-, ERP-, MES-, Finanzbuchhaltungs- oder Planungs-Systeme – sie alle müssen in einen ordentlichen Zustand gebracht werden, also möglichst aktualisiert sein. Hierzu bieten sich breit aufgestellte ERP+ Lösungen, wie die von Proalpha, an. Nur dann können Unternehmen die Prozesse in der eigenen Organisation optimieren und auch (so banal das klingt) entsprechend an den Daten arbeiten – diese also für die eigenen Geschäfte verwertbar machen.

Die Digitalisierung der Industrie hat also ohne überzeugende Geschäftsmodelle einen schwierigen Weg vor sich. Entscheidend ist nicht mehr nur, wer Maschinen und Anlagen mit der größtmöglichen technischen Finesse bauen und seine Automatisierungsprozesse in der Fabrikhalle optimieren kann, sondern wie Unternehmen sich so positionieren, dass sie einen größtmöglichen Mehrwert für Kunden generieren und monetarisieren. Es muss hier zwingend ein „Umdenken“ – das von der Unternehmensspitze getrieben wird – stattfinden.

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