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MES-Systeme setzen sich immer mehr durch

42 % der Automobilhersteller und -zulieferer steuern Fertigungsprozesse Software-unterstützt
MES-Systeme setzen sich immer mehr durch

Die Großserienfertigung ist ohne Manufacturing Execution Systeme (MES) heute schon nicht mehr denkbar. Doch auch kleinere Unternehmen setzen zunehmend auf die Anwendungen, die einen Blick in Echtzeit in die Fertigungs- und Prozessabläufe erlauben.

„Je höher die Komplexität und Flexibilität der Produktion und je größer die Produktvarianten, desto alternativloser und weniger umstritten ist der Nutzen von MES-Modulen in der Produktion und umso höher deren Verbreitung. Großserienfertigung zum Beispiel – zumal in der Automobilindustrie – ist heute ohne MES nicht mehr denkbar“, stellt Marcus Adams klar, Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Manufacturing Execution Systems“ im ZVEI-Fachverband Automation sowie Geschäftsführer der PSI Production GmbH, Berlin, einem Schwesterunternehmen der Psipenta Software Systems GmbH (Halle 3, Stand E13). Zahlreiche Projekte belegen laut ZVEI inzwischen die Relevanz von MES für die Wirtschaftlichkeit der Betriebe. So ist es kein Wunder, dass sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr Unternehmen für eine MES-Einführung entschieden haben.

Mittlerweile nutzen gut 31 % der Unternehmen in Deutschland MES, wie die ERP-Studie 2011 der Konradin Mediengruppe zum Einsatz von ERP-Lösungen in der Industrie belegt. Befragt wurden dafür insgesamt mehr als 1500 Unternehmen in fünf verschiedenen Branchen. Vor allem die Fahrzeugbau und -zulieferindustrie gehört dabei zu den MES-Powerusern: Hier liegt die Verbreitung aktuell bei knapp 43 %, gegenüber dem Vorjahr ist der Wert um 15 Prozentpunkte angestiegen. Dahinter liegen die Prozessindustrie mit 34 % und der Maschinenbau mit 32 %, die Elektrotechnik und Elektronik (29 %) sowie die Metallbe- und -verarbeitung (28 %). Im Maschinenbau ist der Wert gegenüber 2010 um neun Prozentpunkte gestiegen.
Die Fachwelt streitet seit Jahren trefflich da-rüber, wie das ideale MES-System auszusehen hat: Ob es ein eigenständiges System im Unternehmen oder aber eine Erweiterung bestehender ERP-Systeme sein sollte. „Der zentrale technologische Unterschied zwischen den beiden Systemen ist, dass ERP ein relativ schwerfälliges, transaktionsorientiertes, reaktives Verwaltungs- und Abrechnungssystem ist, während MES sich an den Ereignissen in der Produktion ausrichtet und damit ein proaktives Echtzeitsystem ist beziehungsweise sein sollte“, erklärt Klaus Thiel, Chef des Beratungshauses MES Consult in Landshut. „Vergleicht man ERP mit MES in den einzelnen wesentlichen Bedarfsfelder der Produktion, so muss man feststellen, dass hier ERP durchweg schlechte Karten hat.“
Dennoch geht die Tendenz in den Unternehmen ganz klar dahin, das Management des Produktionsbetriebs mit dem betriebswirtschaftlichen Management zu verknüpfen. Laut der Konradin ERP Studie 2011 setzen gerade einmal 11 % der Unternehmen Eigenentwicklungen oder Zusatzlösungen für MES ein. 15 % planen, MES-Funktionalitäten als Ergänzung des vorhandenen ERP-Standardsystems einzuführen. Und ein weiteres Fünftel will dies innerhalb eines neu anzuschaffenden ERP-Systems.
Nach Meinung von ZVEI-Experte Adams besteht heute sowohl die wirtschaftliche Notwendigkeit als auch die technische Möglichkeit zur Integration und Verknüpfung aller Aspekte der Produktionsplanung und -ausführung mit dem Informationsfluss im Unternehmen. „So ist es nur logisch, dass dies zu einer weiteren Verbreitung des Einsatzes von MES-Lösungen in allen Branchen führen wird: bis hin zu dem Punkt, an dem Lösungen und Systeme in der Ebene 3 des Unternehmensmodells – Management des Produktionsbetriebs – ebenso selbstverständlich zum Einsatz kommen wie heute die IT-Lösungen auf der Ebene 4 – Unternehmensplanung und Logistik – oder die Automatisierungslösungen der Ebene 2 – Prozessführung und Datenerfassung“, so Adams.
Ideale MES-Systeme sollten nach Meinung von Ute Mussbach-Winter, Projektleiterin am Fraunhofer Institut Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), alle drei Aufgabenbereich unterstützen, die die VDI-Richtlinie 5600 vor vier Jahren definiert hat:
  • Datenmanagementfunktionen: Die Bereitstellung von Stammdaten, Fertigungsauftragsdaten aus dem übergeordneten ERP-System sowie von Rückmeldedaten aus dem Produktionsprozess
  • Entscheidungsfunktionen: Dazu gehören sämtliche Planungs- und Steuerungsfunktionen
  • Auswertung und Dokumentation: Hierunter fallen die Verarbeitung der Rückmeldedaten zur Visualisierung des aktuellen Prozesszustands sowie sämtliche Leistungsanalysen oder auch das Qualitätsmanagement.
Die Realität sieht indes anders aus, wie der „Marktspiegel Business Software – MES/Fertigungssteuerung 2010/2011“ zeigt, den das Fraunhofer IPA gemeinsam mit der Trovarit AG, Aachen (Halle 5, Stand E65), erstellt hat. Mussbach-Winter: „Das Leistungsportfolio der Systeme weitet sich zwar immer stärker in Richtung der den Produktionsprozess im engeren Sinne unterstützenden Funktionen aus, also Personaleinsatzplanung, Qualitätsmanagement und Instandhaltungsmanagement. Der funktionale Fokus liegt aber nach wie vor im Bereich der Produktionsfeinplanung und -steuerung.“ 90 % aller befragten MES-Anbieter unterstützten diesen Funktionsblock mit unterschiedlichen Modulen beziehungsweise Funktionen.
Voraussetzung für den Erfolg eines MES-Projekts ist es nach Meinung des ZVEI, „dass die Ziele am jeweils individuellen Bedarf ausgerichtet sind und ihre Realisierung entsprechend konkret geplant wird“. „Welche der auf dem Markt verfügbaren Lösungen die richtige für ein Unternehmen ist, hängt von den unternehmensspezifischen Anforderungen ab, die wiederum durch die Produktionsrahmenbedingungen bestimmt werden“, sagt Mussbach-Winter. „So beeinflussen etwa die betrieblichen Dokumentations- beziehungsweise Rückverfolgbarkeitsanforderungen maßgeblich, welche Funktionen im Bereich Datenerfassung durch die Software abgedeckt werden müssen.“
Der ZVEI macht dabei klar: MES-Lösungen werden heute nicht mehr aus dem Vollen geschnitzt, sondern weitgehend aus konfigurierbaren Modulen zusammengestellt. Typischerweise betrage der konfigurierbare Anteil circa 60 bis 70 %, die kundenspezifischen Erweiterungen machten zwischen 30 und 40% der Funktionen aus.
Und wie geht es weiter mit den MES-Anwendungen? Laut ZVEI wird die Integration in den Unternehmen künftig vermehrt alle drei Achsen der kollaborativen Zusammenarbeit im Unternehmen berücksichtigen müssen:
  • Enterprise-Achse: Planung – Management – Produktion
  • Supply Chain-Achse: Lieferant – Produktion – Kunde
  • Life Cycle-Achse: Entwicklung – Produktion – Support
„Vor diesem Hintergrund wird man sich von der Vorstellung einer einzelnen, monolithischen MES-Lösung, die alle Bereiche abdeckt, verabschieden müssen“, ist Adams überzeugt. Die Zukunft werde in einem kollaborativen Neben- und Miteinander verschiedener Applikationen liegen, die über die verschiedenen Funktionsebenen (ERP, MES, Process Control), Bereiche (Produktion, Instandhaltung, Qualität und Bestandsführung) und Achsen (Enterprise, Supply Chain, Life Cycle) verteilt sind und doch zusammenarbeiten. Möglich werde wird dies beispielsweise durch die Verwendung serviceorientierter Architektur (SOA), durch die XML-Schnittstelle für den transaktionalen Austausch von Daten und durch Web-Services, so dass eine Applikation auf einfache Art und Weise auch Web-Services anderer Applikationen aufrufen und nutzen kann.
Sabine Koll Journalistin in Böblingen
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