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Kleine Messen, großer Auftritt

Frankreichs Messelandschaft: Spezialisierte Fachschauen bieten Chancen, Teil 2
Kleine Messen, großer Auftritt

Frankreichs Messen liegen für deutsche Unternehmen quasi vor der Haustür. Selbst auf der noch so kleinen Fachschau sind sie als Aussteller nah an ihren zukünftigen Kunden, ohne ein großes Risiko einzugehen. Soll der Auftritt jedoch gelingen, sind einige landestypische Besonderheiten zu beachten.

Neben den großen französischen Messen (siehe Teil 1, Industrieanzeiger, Ausgabe 3/2013) gilt: Auch regionale Messen und kleine Spezialsalons haben ihren diskreten Charme – gerade beim Einstieg in den Markt. Von den Kosten her liegen sie meist merklich unter den in Paris angesiedelten Flaggschiffen der Branche. Beispielhaft erwähnenswert sind die internationale Mikrotechnik- und Präzisionsmesse Micronora in Besançon mit ihren rund 600 Ausstellern und die Siane in Toulouse. Letztere zeigt, dass bisweilen auch eine winzige Fachmesse – nämlich die Fachmesse der Industriepartner des Großraums Süd – spannend sein kann, wenn sie in einer industriellen Boom-Region wie Midi-Pyrénées liegt. Ihren Fokus lenkt die Siane auf Neuheiten wie beispielsweise der industriellen Zulieferung, des Werkzeugmaschinenbaus und der Präzisionswerkzeuge (siehe Info-Kasten).

Hingegen wird man veritable Äquivalente zur Werkzeugmaschinenmesse AMB in Stuttgart oder der imposanten EMO in Hannover und Mailand vergeblich suchen. Allerdings bieten die Franzosen mit der Pollutec, der internationalen Leitmesse für Umwelttechnik, ein Prunkstück. In diesem Jahr werden rund 2400 Aussteller erwartet. Die von der Deutschen Messe AG 2012 aus der Taufe gehobene Hannoveraner IndustrialGreenTec muss sich ihr Emblem „Internationale Leitmesse für Umwelttechnologien“ bei gezählten 116 Ausstellern angesichts dieses Mitbewerbers wohl noch redlich verdienen.
Dennoch hält die Ausstattung französischer Messen, auch der großen, nicht immer Schritt mit dem international obersten Niveau. Gerade die Organisation lässt mitunter ein wenig zu wünschen übrig. Und selbst auf bekannten Messen ist es ohne weiteres noch möglich, dass Sie einen ganzen Tag herummarschieren, ohne auch nur eine einzige neutrale Sitzgelegenheit zu finden, die sie nicht zu Gesprächen oder (teurer) Gastronomie nötigt. Melden Sie sich in jedem Falle bei französischen Messen frühestmöglich an, schaffen Sie einen persönlichen Kontakt und bestehen Sie ebenso höflich wie nachdrücklich auf eine geeignete Platzierung in der Nähe Ihrer Hauptmitbewerber.
Im Zweifelsfalle hat es sich oft bewährt, eine Messe zunächst einmal zu besuchen, bevor man einen Stand bucht. Auf Anhieb passend erscheinende Messen sind es am Ende manchmal doch nicht. Auch ist es nicht verkehrt zu überlegen, ob man sich auf eine Messe begibt, auf der sich alle Mitbewerber versammeln oder lieber auf eine, auf der die Zielgruppe ausstellt, aber kein Mitbewerber.
Übrigens: Die deutschen Bundesländer boten früher oftmals preisgünstige Beteiligungen an Ländergemeinschaftsständen sowie Messe-Besuchsreisen nach Frankreich an, die Programme meist angesiedelt bei regionalen Handelskammern oder Wirtschaftsfördereinrichtungen. Bedauerlicherweise ist Frankreich in solchen deutschen Messeprojekten kaum mehr zu finden.
Auch etliche Unternehmen stellen ein Frankreich-Engagement zugunsten von Aktivitäten in ferneren Märkten zurück. Aus Sicht des Exportfachmanns ist das in vielen mittelständischen Fällen geradezu abenteuerlich, wenn deren Exportverantwortliche in Vietnam, Brasilien und dem früheren Ostblock „herumturnen”, sich aber geschäftlich nicht nach Metz, Marseille oder Paris wagen. So mancher ist schon reumütig zurückgekehrt aus fernen Gefilden – es werden noch mehr werden. Ein Indiz dafür ist, dass die Produktionsverlagerungen ins Ausland derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 17 Jahren sind. Dass Export stets vor der Haustür beginnt, weiß jeder gute Exportmanager. Und Deutschland hat gleich neun anrainende Auslandsmärkte – mehr als jeder andere Staat der Erde.
In den Unternehmen werden häufig Meinungen und Vorurteile gepflegt, die nicht zutreffen. Beispielsweise ist immer wieder von mittelständischen Unternehmen zu hören, sie sprächen nicht Französisch, weswegen sie sich ein Engagement im Nachbarland nicht zutrauten. Aber: Von einem Manager, der mit China Geschäfte macht, erwartet niemand ernsthaft, dass er chinesisch spricht. Dass der deutsche Firmenchef daher selbst französisch sprechen sollte, um im Ausland Geschäfte zu machen, ist kaum nachvollziehbar. Dass es hingegen vorteilhaft für ihn wäre, französisch zu sprechen, oder in einen Intensivsprachkurs zu investieren, ist unbestritten. Wer in Frankreich – selbst und vor Ort – erfolgreich arbeiten will, für den ist passables Französisch unabdingbar. Fremdsprachen sind dort weit weniger verbreitet als in Deutschland. Es entspricht nicht der französischen Weltsicht, fremde Sprachen zu lernen. Es ist jedoch keineswegs ein „Must“. Der deutsche Unternehmer benötigt schlicht ein fähiges deutsch-französisches Relais, etwa einen zweisprachigen Mitarbeiter im Hause oder einen zweisprachigen Vertreter vor Ort.
Vorteilhaft könnte es sein, „Made in Germany“ auf seinem Messestand prangen zu lassen. Franzosen schätzen an Deutschen besonders Verlässlichkeit, Gewissenhaftigkeit, Genauigkeit, Pünktlichkeit, Pragmatismus, Effizienz und Professionalität. Der Autobauer Opel etwa wirbt in Frankreich erfolgreich mit „deutscher Qualität“. Es gibt europäische Völker, die wegen ihrer Kreativität, ihres unkonventionellen Verhaltens, ihrer Spontaneität und ihrer Improvisationskunst zu Recht geschätzt werden. Doch angenommen, Sie möchten eine hocheffiziente Werkzeugmaschine kaufen: wären Ihnen für diese die genannten deutschen Attribute oder unkonventionelles Verhalten und Spontaneität lieber? Deutsche Unternehmen sollten auch in Frankreich ebenso sachlich wie selbstbewusst ihre deutschen, weltweit respektierten Gütecharakteristika herausstellen. Und nun: bon salon!
Norbert J. Breuer Deutsch-französischer Berater für Exportmarketing und interkulturelles Management in Wallerfangen, Kreis Saarlouis
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