„Dieses Jahr werden wir ein sehr gutes Ergebnis erzielen“, prognostiziert Dominik Jauch, Geschäftsführer von Spinner Automation. Das Unternehmen aus dem nördlich von Stuttgart gelegenen Markgröningen arbeitet noch einen großen Auftragsvorlauf ab, unter anderem eine vollautomatische Maschine mit Losgröße eins. Auf Kurzarbeit für seine 60 Mitarbeiter musste der schwäbische Betrieb deshalb nicht zurückgreifen. Diese positive Aussage ist auf Grund der Corona-Pandemie untypisch für deutsche Unternehmer, vor allem für Maschinenbauer.
Zwar beurteilen 6 % dieser Betriebe ihre aktuelle wirtschaftliche Situation als sehr positiv, doch knapp zwei Fünftel sprechen von einer eher negativen Lage.
7 % stecken gar in einer massiven Krise, so das Ergebnis einer Befragung von 750 Entscheidern durch das Marktforschungsinstitut Rheingold zusammen mit dem Personaldienstleister Hays. Vor allem Industrieunternehmen sind betroffen: Für 54 % stellt sich ihre Lage negativ dar, während es in der Dienstleistungsbranche lediglich 42 % genauso sehen.
Zum einen ist es für produzierende Unternehmen wesentlich schwieriger, im Alltag die Abstandsregelungen einzuhalten. IT-Dienstleister dagegen konnten ihre Mitarbeiter oft problemlos ins Homeoffice schicken. Zum anderen steckte die Automobilbranche als Leitindustrie bereits vor Corona in einem starken Umbruch, der nun zu einer noch größeren Verunsicherung führt. Aufgrund der hohen Komplexität ihrer Lieferketten können sich die Maschinenbauer nicht so schnell an die Veränderungen anpassen. Stattdessen nutzen sie die gegenwärtig geringere Auslastung, um Prozesse und Qualität zu optimieren.
Qualitätsmanager ist jetzt an zentraler Stelle platziert
So auch bei der Glaub Automation & Engineering GmbH in Salzgitter. Ab März haben alle 66 Mitarbeiter innerhalb von zwei Monaten teamweise im Workshop „Gefährdungsbeurteilung“ zusammen mit einem externen Coach Aktionspläne entwickelt. Es ging vor allem darum, wie sie ihren Arbeitsalltag künftig stressfreier gestalten können. So befindet sich das Büro des Qualitätsmanagers jetzt an einem zentraleren Ort, so dass alle Beteiligten direkter miteinander kommunizieren können. „Uns war wichtig, dass wir die machbaren Vorschläge schnell umsetzen“, erzählt Geschäftsführerin Andrea Glaub, die zusammen mit ihrer Schwester Claudia und ihrem Mann Niko den Familienbetrieb führt.
Der niedersächsische Automatisierungs-Spezialist hat ähnlich wie 47 % der deutschen Unternehmen für seine Belegschaft Kurzarbeit beantragt. Einige Bereiche laufen noch gut, erzählt die 43-jährige Diplom-Betriebswirtin, etwa der Schaltschrankbau in der elektrischen Fertigung oder die IT-Entwicklung, auch wenn die Mitarbeiter noch nicht alle Betriebe besuchen dürfen. Doch in der Konstruktion und mechanischen Fertigung schlägt sich die allgemeine Krise nieder. „Es fehlen Aufträge und wenn wir Aufträge haben, fehlt hin und wieder Material“, stellt sie fest. So geht es einem Drittel des produzierenden Gewerbes macht die Hays-Studie klar: Lieferketten und Absatzmärkte sind zusammengebrochen.
Grundsätzlich sieht Andrea Glaub ihr Unternehmen allerdings durch die zunehmende Automation und Digitalisierung gut aufgestellt: „Bis Ende des Jahres wollen wir die schwarze Null schaffen.“Im Unternehmen wird vorausgedacht und auf die eigenen Kompetenzen gesetzt. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass Unternehmen in den kommenden Monaten Mitarbeiter entlassen“, vermutet sie. Das werde vor allem gering Qualifizierte treffen. Deshalb hat ein Team in den vergangenen Monaten ein Qualifizierungskonzept erstellt.
Weiterbildung macht Produktionshelfer fit für Robotereinsatz
Die Weiterbildung in drei Modulen mit jeweils 121 Stunden steht. Zum einen soll sie Produktionshelfern dienen, die mit Robotik und Automatisation bisher überhaupt nichts zu tun hatten. „Das werden wir mit ein oder zwei Bildungsträgern umsetzen“, freut sich die Geschäftsführerin. Zum anderen will sie künftig Fachkräften anderer Unternehmen Weiterbildungen in puncto Robotik anbieten und gezielt auf deren Bedürfnisse eingehen. „Wenn das funktioniert, entwickeln wir mit Weiterbildung gerade ein zusätzliches Geschäftsfeld“, visiert die Glaub-Chefin ein weiteres Standbein an.
Spinner-Automation-Chef Dominik Jauch teilt den verhaltenen Optimismus seiner norddeutschen Kollegin. Zwar sei die gegenwärtige Auftragslage schwierig, doch mache er sich um sein Unternehmen keine grundsätzlichen Sorgen. Denn sein kleiner und flexibel agierender Betrieb passe gut in die Zeit. Weil die betriebswirtschaftlichen Zyklen kürzer werden, denken die Kunden nicht mehr in großen und langlebigen Maschinen. Das Investitionsrisiko ist ihnen zu hoch. „Digitalisierte und automatisierte Lösungen, die genau zu den Kundenbedürfnissen passen, das können wir“, sagt der 41-jährige Ingenieur selbstbewusst.
Workshop vermittelt potenziellen Kunden weiterführende Ideen
Deshalb geht Spinner Automation im Vertrieb neue Wege, setzt sich mit potenziellen Kunden in einem Workshop zusammen: Einerseits verstehen sie das Problem der Kunden besser, andererseits kann der Automations-Spezialist auf Grund der Erfahrung von jährlich 50 Projekten Lösungswege vorschlagen, an die die Kunden nicht gedacht haben. Derartige Spezialisten wie Glaub oder Spinner werden laut Studie für die deutsche Industrie offensichtlich wieder interessanter. So fasst Hays-CEO Dirk Hahn zusammen: „Was die Krise viele Unternehmen gelehrt hat, sind die Erlangung von mehr Sicherheit und die Minimierung von Abhängigkeiten.“ So wollen fast zwei Drittel der befragten Führungskräfte die Fertigung von zentralen Produkten oder Dienstleistungen im eigenen Betrieb stärken. Weiter streben 62 % der Befragten wieder eine lokale Nähe zu wichtigen Lieferanten an, ob in Salzgitter, Markgröningen oder einer anderen Ecke Deutschlands.
Kontakt:
Hays AG
Willy-Brandt-Platz 1-3
68161 Mannheim
www.hays.de
Spinner Automation GmbH
Elly-Beinhorn-Str. 4
71706 Markgröningen
www.spinner-automation.com
Glaub Automation & Engineering GmbH
38229 Salzgitter
Peiner Str. 225
www.glaub.de