Die Corona-Pandemie bescherte Messeveranstaltern massive Umsatzeinbußen und nahm Industrieunternehmen eines ihrer wichtigsten Instrumente für die Kundengewinnung. Auf der Suche nach Alternativen setzte man auf digitale und hybride Events, um mit Kunden in Kontakt zu bleiben und neue Produkte vorzustellen. Und das meist erfolgreich: Auch wenn die persönliche Interaktion fehlte, so konnten viele Unternehmen ihre Auftragsbücher füllen. Online-Events etablierten sich als fester Bestandteil der Messewelt. Doch wie nachhaltig ist dieser Wandel? Sind digitale Events wirklich die Zukunft oder nur ein vorübergehender Hype? Welche Rolle spielt künftig noch die reale Messe? Diese Fragen diskutierte der Bundesverband Industrie Kommunikation e. V. mit Vertretern aus Industrieunternehmen, Agenturen, Messegesellschaften und Verbänden. Die Ergebnisse bringt er in Form von sechs Thesen auf den Punkt:
These 1 – Messen müssen sich neu erfinden
Die Stärke der Präsenzmesse liegt darin, dass sie einen direkten, persönlichen Austausch von Besuchern und Ausstellern ermöglicht. Auch wenn Videokonferenzen mittlerweile zum Alltag gehören, ist dieser Kontakt von Angesicht zu Angesicht für die Kundengewinnung im B2B sehr wichtig. Daher gehen die Experten davon aus, dass Präsenzmessen auch künftig Bestand haben. Doch sie werden sich angesichts der Online-Konkurrenz verändern und klare Mehrwerte bieten müssen, die digital nicht zu erreichen sind. Entscheidend sind hier besondere Erlebnisse, die im Kontrast zum digitalisierten Alltag stehen. Der Trend zur „Festivalisierung“ mit After-Show-Partys, spektakulären Vortragsprogrammen und Live-Acts wird sich deutlich verstärken.
These 2 – Die Zukunft ist hybrid
Präsenzmessen müssen sich zudem veränderten Bedürfnissen und Erwartungen der Menschen anpassen. Die Besucher haben gelernt, dass sie auch über digitale Formate die benötigten Informationen erhalten, Kontakt aufnehmen und dabei noch Zeit und Geld sparen können. Aussteller wiederum profitieren von zusätzlicher Reichweite und mehr Möglichkeiten, ihr Publikum bedarfsgerecht zu adressieren. Auf diese Vorteile werden beide Seiten nicht mehr verzichten wollen. Reale Messen müssen daher eine digitale Verlängerung bieten. Das heißt: Die Zukunft ist weder rein analog noch rein digital. Vielmehr werden hybride Events die Vorteile beider Welten vereinen.
These 3 – Messen werden kleiner und lokaler
Wenn Inhalte genauso gut digital erlebbar sind wie analog, wenn man auch über Chat und Videokonferenzen Kontakt zu Ausstellern aufnehmen kann, werden viele Unternehmen genauer abwägen, ob sich die Reise zu einer Messe lohnt oder ob es nicht ausreicht, digital teilzunehmen. Das gilt auch für die Aussteller, die Art und Umfang einer realen Messebeteiligung kritischer hinterfragen werden. Experten erwarten daher vor allem bei internationalen Messen einen Rückgang der Aussteller- und Besucherzahlen. Nationale und regionale Veranstaltungen könnten dagegen sogar gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen.
These 4 – Nachhaltigkeit rückt stärker in den Fokus
Auch wenn viele Aussteller bereits auf nachhaltige Standkonzepte setzen: Der ökologische Fußabdruck von Messen ist enorm. LKW-Transporte über weite Strecken, der Energieverbrauch von Messehallen, Flächenversiegelung, die Anreise der Besucher aus aller Welt und vor allem die Produktion der Messestände verursachen hohe CO2-Emissionen. Das Bewusstsein für diese Problematik wächst, und für manchen Besucher wird das ein weiterer Grund sein, die digitale Teilnahme der analogen vorzuziehen. Wer sich für die Präsenzmesse entscheidet, erwartet dort kein Greenwashing, sondern glaubwürdige Messeauftritte in nachhaltigen Messezentren. Zertifizierungen werden an Bedeutung gewinnen.
These 5 – Die Planung von Messen wird komplexer
Digitale Messestände, Live-Streams von Vorträgen, Virtual Reality am Messetand, Matchmaking-Funktionen – bei hybriden Events müssen vielfältige Formate konzipiert, umgesetzt und zielgruppengerecht mit Inhalten befüllt werden. Dazu braucht es neben technischem Wissen vor allem ein durchdachtes Konzept: Es gilt, den Besuchern sowohl analog wie digital jeweils ein vollwertiges Messeerlebnis zu ermöglichen und dabei unterschiedliche Customer Journeys zu berücksichtigen. Dabei ist zu bedenken, dass die Messe nur einen Teil der 360°-Kommunikation ausmacht.
These 6 – Mehr Investitionen in Technik und Personal nötig
Mit der steigenden Komplexität fordert die Messe der Zukunft Veranstalter, Aussteller und Dienstleister gleichermaßen heraus. Sie müssen deutlich mehr Aufwand betreiben, um Messen zu planen, umzusetzen und zu vermarkten. Das erfordert nicht nur mehr Ressourcen, sondern auch andere Skills. Vertriebsmitarbeiter müssen fit gemacht werden für Produktpräsentationen vor der Kamera, digitale Tools und die technische Ausstattung müssen bedient, Content produziert und Daten ausgewertet werden.
Trendpapier
Mehr Infos zu den Trends der Messekommunikation liefert das Trendpapier „Nach dem Einbruch der Aufbruch: Chancen einer neuen Messewelt“, das unter www.bvik.de heruntergeladen werden kann.