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Mehr Zeit in Prozesse stecken

Beckhoff-manager Gerd Hoppe: Offene Steuerungssysteme schützen Prozess-Know-How
Mehr Zeit in Prozesse stecken

Die technologische Marktführerschaft in der Automatisierung ist das Ziel. Gerd Hoppe, Mitglied der Geschäftsleitung von Beckhoff Automation, erläutert, wie der rasant gewachsene Mittelständler das schafft.

Ununterbrochenes Wachstum bei Beckhoff Automation, warum ist das so?

Zunächst haben wir seit über 20 Jahren ein breites Portfolio an fortschrittlicher Automatisierungstechnik auf offener PC-Basis aufgebaut. Dazu investieren wir ebenso konsequent in den Ausbau der Vertriebsnetze und agieren in vielen Regionen direkt über Niederlassungen und Distributoren. Unsere Kunden für Automatisierungssysteme stellen Maschinen her oder produzieren mit diesen, sie kombinieren Mechanik mit Software und Automatisierungstechnik, um auf diese Weise das Prozess-Know-how des Maschinenherstellers oder Anwenders zur Herstellung von Produkten zu verkörpern. Dazu bietet Beckhoff die innovativste Automatisierungsplattform an, die unsere Kunden optimal nutzen können.
Wie drückt sich das in Zahlen aus?
Wir haben 2007 mit weltweit 950 Mitarbeitern 233 Millionen Euro Umsatz erzielt, was in etwa einem Wachstum von 23 Prozent entspricht und durchaus im Durchschnitt der Wachstumsraten der letzten Jahre liegt. Wir verschreiben uns dabei nicht einer oder mehrerer bestimmter Branchen, sondern sind ein horizontal, allgemein orientiertes Automatisierungsunternehmen, was uns eher unabhängig von Marktzyklen individueller Branchen macht.
Warum wachsen sie stärker als der Markt?
Das liegt, wie erwähnt, unter anderem an unserer Technologie, mit der wir – basierend auf der Automatisierungsplattform TwinCAT – ein sehr offenes System anbieten und damit Innovation in der Automatisierung treiben. Eines der Alleinstellungsmerkmale unserer Technologie ist die Möglichkeit, Maschinenfunktionalitäten in Software mittels einer einheitlichen Programmierumgebung zu kapseln und auf einer skalierbaren Hardware-Plattform zu integrieren. Im Vergleich dazu setzen unsere großen Marktbegleiter weitgehend auf das Motto „Function in a Box“, wobei sie die Implementierung von branchenspezifischen Anwendungslösungen anbieten. Das lädt geradezu zum Transfer von Kern-Know-how vom Anwender zum Systemanbieter ein, mit dem Nachteil, dass die Weiterentwicklung von Prozess-Know-how von erstem nicht mehr eigenständig vollzogen werden kann und Gefahr besteht, dass Mitbewerber auf dieses Know-how Zugriff erlangen.
Was verstehen Sie unter Zugriff?
Niemand kauft heute beispielsweise eine Bohrmaschine wegen des Gerätes an sich, sondern er kauft mit dem Gerät eigentlich die Kunst, ein schönes Loch zu bohren: Prozess-Know-how in verkörperter Form. Analog zu diesem Beispiel bietet ein Maschinen- oder Anlagenbauer also nicht nur seine Maschine an, sondern in Form einer Maschine oder Anlage sein Prozess-Know-how oder eine Plattform für den Anwender, um dessen Know-how darauf anzupassen. Der von allen Anbietern gesuchte Differenzierungsfaktor ist ja gerade dieses spezielle Know-how, und das bedarf besonderen Schutzes gegen Nachahmung.
Was unterscheidet Sie noch von Ihrem Wettbewerb?
Wir sehen hier die Skalierbarkeit unserer Plattform in Leistung und Preis, kombiniert mit einer Engineering-Plattform: Skalierbar ist diese Plattform vom kleinen lokalen 16-Bit-Controller bis hin zur Multi-Core-CPU; deren Prozessorleistungen durch übliche Logik- und Motion-Aufgaben bei weitem nicht mehr ausgelastet werden, und die zur Verwendung neuer Methoden des Engineerings für Automatisierungsaufgaben einladen. Ganz neue Wege im Maschinenbau und in der Produktion kann man gehen, wenn man Bandbreite kombiniert mit höchster Geschwindigkeit und Synchronität zwischen CPU und Prozess zur Verfügung stellt: Hier erlaubt EtherCAT, mit den Mitteln eines modernen Feldbusses die Reaktionszeit der Steuerung unter 100 µs zu drücken und in der Nanosekunden-Ebene zu synchronisieren – dieses Konzept ist ein Alleinstellungsmerkmal für Beckhoff. Mit unserer Software TwinCAT hat der Maschinenbauer ein einheitliches Werkzeug, mit dem er seine Konfiguration und Programmierung für Steuerung und Motion Control, Diagnose und Wartung erledigen kann.
…und was hat der Maschinenbauer davon?
Mit dieser Technologie ist es nun möglich, in ganz neuer Weise auf den Prozess einzuwirken. Da unserer Steuerungsplattform hohe CPU-Leistung und schnellster hochsynchroner Durchgriff auf den Prozess inhärent ist, hat der Anwender nun alle Freiheiten, darauf sein Wissen in Algorithmen zu implementieren und eigene Bibliotheken seines Prozess-Know-hows zu entwickeln.
Worauf stützt sich Ihr deutlicher Optimismus hier?
Unsere PC-basierte Automatisierungstechnik ist in optimal aufeinander abgestimmten Komponenten aufgebaut. Wir ermöglichen unseren Kunden so schnellere Innovationsschübe als mit herkömmlicher Steuerungstechnik.
Können Sie uns ein Beispiel nennen?
Nehmen wir unseren schnellen Datenbus EtherCAT. In Verbindung mit der CPU-Leistung unserer Rechner bringen wir unsere Automationslösungen auf eine Standard-Zykluszeit von 100 µs und darüber hinaus auch in schnellen Anwendungen auf Reaktionszeiten von besser als 100 µs. Mit Hilfe dieser Plattform kann ein Anwender dort, wo es notwendig ist, Prozesse genauer, schneller und härter steuern und regeln. Das spart Produktionszeit, verbessert die Maschinenkapazität und gleichzeitig die Toleranzen von Produkten und erlaubt noch sparsamere Verwendung von Zeit, Energie und Material. Im Allgemeinen ist bisher die herkömmliche Steuerungstechnik, so wie wir sie strukturell seit den achtziger Jahren kennen, in langsamen Feldbussen und verteilten CPUs mit eingeschränkter Leistung ein begrenzender Faktor der Maschinentechnologie. Wenn man das weitgehend unterschätzte vorhandene Potential zur Verbesserung ausschöpft, kann ein Maschinenbauer damit in seiner Anwendung gänzlich neue Maschinenkonzepte umsetzen. Die Chance für Innovation liegt hier in der optimalen Symbiose von Software, Elektronik und Maschinenbau.
Sie prägten den Begriff „Global Control“. Was verstehen Sie darunter?
Exportierende Maschinenbauer haben sich in der Vergangenheit auf einen großen Automatisierer als Partner eingelassen und damit den Weltmarkt bedient. Da es jedoch in den drei Lagern Europa, Asien und USA unterschiedliche verbreitete Systeme gibt, kann keiner der etablierten großen Anbieter sein eigenes System global durchsetzen. Dies führt zu schmerzhaftem Mehraufwand bei der Herstellung und Anwendung von Maschinen und Anlagen. Erst die offene Steuerungstechnik, die auf den Standards der PC-Welt basiert und mit Abstraktion von Hardware und Software einhergeht, kann diese Barrieren überwinden. Damit sind die Marktanteile der drei großen Automatisierer nicht mehr so fest zementiert wie noch vor einigen Jahren.
Wo ist der Nutzen für die Anwender?
Eine einheitliche Automatisierungsplattform bringt dem Betreiber geringere Engineering-Kosten, geringere Investitionen in Maschinenausrüstung und Schulungen. Sie müssen nicht mehr für mehrere Plattformen getätigt werden und bleiben dauerhaft nutzbar. Global Control ist heute wirtschaftlich das Mittel der Wahl für global aufgestellte Unternehmen: Statt fortlaufend mehrere Plattformen zu pflegen, können zielstrebig auf einer einzigen Plattform neue Features implementiert werden.
Welche Rolle spielen hier Standards?
Das ist es ja, die Welt versteht den PC und Windows in einer Weise, die integrierend ist. Dies sollten die Automatisierungsanwender zu ihrem Vorteil nutzen. Wir sind seit 1986 mit DOS und seit 1997 mit Windows „unterwegs“, haben inzwischen über 120.000 TwinCAT-Lizenzen verkauft und sehen dies als Bestätigung des Marktes für unseren Ansatz.
Welche Wertschöpfungsveränderungen bringt das Softwaregeschäft mit?
Wenn Maschinen- oder Anlagenbauer ihr Prozess-Engineering parallel mittels einheitlicher Softwaretools bearbeiten und so beispielsweise Maschinen schneller in Betrieb nehmen kann, dann sind Kosteneinsparungen von 30 bis 50 Prozent nicht unrealistisch. Der Anwender muss den Umstieg auf unseren offenen Ansatz allerdings durchgängig vollziehen. Mischformen zu seiner bisherigen Steuerungstechnik sind für eine Übergangsphase akzeptabel. Sie sollten sich darauf konzentrieren, die Funktionalitäten zielstrebig vorwärts zu treiben, und dürfen sich nicht von aufwändigen Automatisierungsumgebungen ablenken lassen.
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