Altersgerecht arbeiten | Bei reduzierter Arbeitszeit bis zur Rente im Betrieb arbeiten? Möglich macht dies ein altersgerechtes Modell, das Zeitwertkonten und Arbeitnehmer-Mitfinanzierung kombiniert.
Jens Kujawa Leiter Demografiemanagement, TPC GmbH, Hamburg
Der Umgang mit alternden Belegschaften stellt eine zentrale Herausforderung für deutschen Unternehmen in den nächsten Jahren dar. Es muss ein Umdenken stattfinden, so dass Innovation und Veränderungsprozesse nicht nur mit jungen Mitarbeitern, sondern vor allem mit älter werdenden Beschäftigen umgesetzt werden. Forschungsergebnisse zeigen, dass Leistungskraft und Innovationsfähigkeit weniger mit dem biologischen Alter zu tun haben, als vielmehr damit, ob der Lebensweg von fördernden oder hemmenden Bedingungen beeinflusst wurde. Damit wird die organisatorisch richtige lebenslange Potenzialnutzung jedes einzelnen Arbeitnehmers einen immer höheren Stellenwert in der Personalstrategie einnehmen müssen.
Eine heute schon wichtige Teilmenge dieser Potenzialnutzung ist es, Arbeitnehmer so lange wie möglich vor dem Renteneintritt leistungsfähig zu halten. Es wird einen heute noch unbestimmten Prozentsatz der Belegschaft geben, der aus verschiedensten Gründen nicht in Vollzeit bis zum gesetzlichen Renteneintritt arbeiten kann, will oder aus Arbeitgebersicht soll. Diese Mitarbeitergruppe wird ohne Gegenmaßnahmen ansteigende Zusatzaufwände verursachen, die in der aktuellen Praxis allein vom Arbeitgeber finanziert werden.
Aufgabe der Personalverantwortlichen ist es, bedarfsgerechte Maßnahmen – idealerweise mitfinanziert von den Arbeitnehmern – zu entwickeln, die die Produktivität und damit auch die Personalkosten langfristig wettbewerbsfähig halten.
In der Praxis werden die Handlungsfelder für einen gleitenden Ausscheideprozess der Mitarbeiter vor der Altersrente im ersten Schritt analysiert und im Anschluss eine für das Unternehmen und den Mitarbeiter bedarfsgerechte Lösung entwickelt. Dafür stehen folgende Instrumente zur Verfügung: Altersteilzeit, Zeitwertkonten, Betriebliche Altersversorgung, Gesetzliche Teilrente, Abfindung und Teilzeit.
Die erfahrungsgemäß herausforderndste Aufgabe ist es jetzt, die geeigneten Instrumente vor dem Hintergrund einer optimalen betriebswirtschaftlichen Effizienz der eingesetzten Ressourcen und einer höchstmöglichen Produktivität der Arbeitszeit zu einem nachhaltigen Modell zusammen zu fügen.
In der Praxis hat die Deutsche Post Innovationspreise mit einem Modell gewonnen, das eine Kombination von Altersteilzeit und primär vom Arbeitnehmer finanzierten Zeitwertkonten beinhaltet. Der Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber nur dann einen Zuschuss für eine rentennahe Arbeitszeitreduzierung im Rahmen einer kontinuierlichen Altersteilzeit, wenn er ein Mindestguthaben von einem halben Jahresgehalt angespart hat. Die Grundlogik dieses Modells lässt sich erfolgreich auf ein gleitendes Ausstiegsmodell für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) anwenden, in dem Arbeitnehmer auf eine altersgerechte Arbeitszeit hinarbeiten.
Dieses KMU-Modell beinhaltet individuelle Zeitwertkonten, die aus Geld- und Zeiteinheiten flexibel bespart werden. Die nahezu unbegrenzten Bruttoeinbringungen der Arbeitnehmer werden vom Arbeitgeber in motivierender Höhe bezuschusst, mit einem unwiderruflichen Zufluss beim Mitarbeiter erst nach jeweils fünf Jahren. Die Kapitalanlage erfolgt für den Arbeitgeber risikolos bei einer Versicherung im Rahmen einer sehr attraktiven Zeitwertkontenrückdeckung. Der Fokus einer Guthabenverwendung liegt auf der rentennahen Entnahme für die Erhöhung eines Teilzeitgehaltes, aber die Guthabennutzung für etwa Pflegezeiten, Verlängerung der Elternzeit oder Sabbaticals werden – gerade für junge Mitarbeiter motivationserhöhend – mit individueller Zustimmung des Arbeitgebers zugelassen. Aus Sicht der Beteiligten – Arbeitgeber wie Arbeitnehmer – ergibt sich so eine Win-Win-Situation (siehe Kasten).
Der Erhalt der Produktivität einer alternden Belegschaft wird zu einem wichtigen Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen jeder Größe. Wer keine nachhaltigen Konzepte im Umgang mit alternden Belegschaften entwickelt, gerät in Gefahr, an Innovationskraft und Leistungsfähigkeit, aber auch Erfahrung zu verlieren. •
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