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„Nachhilfeunterricht“ für Umweltminister Gabriel

Energierückgewinnung: Birgt riesige Einsparpotenziale
„Nachhilfeunterricht“ für Umweltminister Gabriel

Das Gladbecker Unternehmen Klingenburg berichtete dem Minister von den noch ungenutzten Möglichkeiten der Wärmerückgewinnung.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat sich die Energieeffizienz zur Reduzierung des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 als persönliches Ziel gesetzt. Vor einigen Tagen ließ er sich von Hans Klingenburg sen., dem Firmengründer der Gladbecker Klingenburg GmbH, noch tiefer in die Geheimnisse der Wärmerückgewinnung einweihen. Er stellte fest, dass „noch sehr viel Potenzial da sei“.

In der Großindustrie, namentlich bei den Automobilherstellern, hat die Wärmerückgewinnung längst einen festen Platz. Hier werden vornehmlich Rotations- und Plattenwärmetauscher eingesetzt, die bei einer Größe von 300 bis 6200 mm Volumenströme bis zu 220 000 m3/h bewältigen können. Zwei Luftströme unterschiedlichen Zustandes, wie warme Innenluft und kalte Außenluft, werden dabei über dünne, speziell strukturierte Platten oder wabenartige Rotormassen aneinander vorbeigeführt und erwärmen die einströmende Kaltluft. Dadurch wird nicht nur Energie eingespart, sondern auch der CO2-Ausstoß deutlich reduziert. Gabriel ist davon überzeugt, dass sich diese Technik in naher Zukunft auf andere Branchen ausweitet und etabliert: „Die Energiesparverordnung (EnEV 2007) kommt dieser Entwicklung entgegen!“
Seit knapp 30 Jahren werden in Gladbeck Komponenten zur Wärmerückgewinnung entwickelt und gefertigt, deren Großteil allerdings auf den ausländischen Markt wie beispielsweise nach Skandinavien gehe. „Unser Problem ist, dass viele einfach nicht glauben wollen, welches tatsächliche Einsparpotenzial hinter dieser Technik steckt“, glaubt Norbert Struensee, Dipl.-Ing. bei der Klingenburg GmbH.
Eine durchschnittliche Trocknungsanlage, wie sie in der Lebensmittel-, Chemie-, Papier- oder auch Textilindustrie eingesetzt wird, benötigt bei einer Verdampfungsleistung von 3000 kg/h und einer Ablufttemperatur von 2000 C rund 4,2 MW Energie für ein gefördertes Frischluftvolumen von 20 000 m3/h. Bei einer Betriebszeit von 8000 Stunden pro Jahr erzielt ein Wärmetauscher eine Wärmeeinsparung von 7200 MWh und eine Stromeinsparung von 51,2 MWh – was eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes von immerhin 2950 t bedeutet. Auf die rund 20 000 im Einsatz befindlichen Trocknungsanlagen hochgerechnet, gehe der Einspareffekt sogar in die Millionen. Laut einer Berechnung der Klingenburg GmbH können bei einem durchschnittlichen Volumenstrom knapp 80 000 GWh/a an bereits genutzter Prozesswärme zurückgewonnen werden. Bei einem Energiepreis von aktuell 30 Euro/MWh würde das eine Kosteneinsparung von 2,4 Mio. Euro/p.a. und eine CO2-Reduzierung von 23,7 Mio. Tonnen bedeuten. Der Unternehmer, der in ein Wärmerückgewinnungssystem investiert, kann somit gleich mit doppeltem Gewinn rechnen. Zum einen werden derartige energiesparende Maßnahmen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) subventioniert, zum anderen sind aufgrund der hohen Einsparquoten schnelle Amortisationszeiten die Regel. Eine Investition dieser Art kann sich bereits in weniger als zwölf Monaten rechnen, sie geht in der Regel nicht über zwei Jahre hinaus. Bei einem Investitionsvolumen für eine Wärmerückgewinnungs-Anlage inklusive Nebenleistungen von 150 000 Euro fallen pro Jahr 15 500 Euro Kosten für Verzinsung, Wartung und Instandhaltung an. Bei der im Beispiel errechneten 7200 MWh/a Energieeinsparung ergeben sich bei einem Kostenmittel von 25 Euro/MWh Einsparungen von 180 000 Euro sowie ein Zinsgewinn von 14 400 Euro, was eine Amortisierung unter einem Jahr bedeutet.
Markus Kopp, Lohnbeschichter aus dem schwäbischen Villingen-Schwenningen, profitiert bereits von der Umrüstung. Er hatte bei der Modernisierung seiner Lackierstraße nicht nur auf die Rückgewinnung der Wärme aus seinen Kabinen geachtet, sondern nutzt nun auch die Stauwärme unter dem Dach seiner Produktionshalle. „Dadurch kann eine separate Zuluftbeheizung an meiner Lackierkabine komplett entfallen“, verrät Markus Kopp, der eigenen Angaben nach, dank dieser Verfahrensweise, rund 1000 Euro/Monat an Energiekosten einspart.
In Gladbeck ist man zuversichtlich, dass die Wärmerückgewinnung sich „auf kurz oder lang“ auch in Deutschlands Industrie etablieren wird. „Die Unternehmer selbst suchen inzwischen nach jeder Möglichkeit, von den hohen Energiekosten herunterzukommen“, berichtet Kai Klingenburg, Prokurist und Mitgesellschafter des Gladbecker Familienunternehmens.
Josef Simon Fachjournalist, Werne
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