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Partnervermittler für Unternehmen

Innovationsstrategie
Partnervermittler für Unternehmen

Etablierte Unternehmen tun sich oft schwer mit Start-ups. Zwei Experten erklären, wie man den richtigen Partner findet und wie das gemeinsame Projekt gelingt.

Sanja Döttling

Heute muss man nicht mehr ins Silicon Valley gehen, um interessante Start-ups zu finden: Auch in Deutschland gibt es kreative Köpfe. Laut der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY wurden 2018 4,6 Mrd. Euro in junge Unternehmen investiert. Die Investitionssumme zeigt, dass Start-ups auch hierzulande wichtige Geschäftspartner sein können. Doch viele Unternehmen wissen nicht, wie sie sich Start-ups am besten annähern können. Eines der Hauptprobleme ist oft, wie im Privatleben, die Suche selbst. Wie finden Unternehmen genau das Start-up, das das richtige Angebot hat?

Einer, der helfen kann, ist Daniel Salgado-Moreno, Startup Ecosystem Manager bei Etventure. Das Beratungsunternehmen hat sich auf die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten spezialisiert. Sie können zum Beispiel den Kontakt zu einem Ökosystem herstellen, welches unter anderem aus Start-ups, Forschungsinstituten, Gründungszentren der Universitäten und EU-weiten Innovatoren besteht.

Kulturwandel ist Teil der digitalen Transformation

Um von Anfang an eine fruchtbare Zusammenarbeit zu gestalten, müssen Unternehmen ihre Strukturen neu denken, durch den Aufbau einer Innovationskultur, zum Beispiel mit Hilfe einer Digitalisierungsabteilung. Salgado-Moreno und seine Kollegen helfen Unternehmen dabei, digitale Geschäftsmodelle zu testen und schnell umzusetzen, und auch dabei, die Mitarbeiter zu befähigen, mit externen Partnern wie Start-ups im genannten Ökosystem erfolgreich zusammenzuarbeiten. Salgado-Moreno sagt: „Die digitale Transformation ist auch ein Kulturwandel in der Organisation.“

Sind interne Strukturen für den Transformationsprozess vorbereitet, können Projekte entweder intern umgesetzt werden oder es geht an die Einbindung von Unternehmen in das erwähnte Ökosystem. Diese externen Partner können dann dem Unternehmen im Digitalisierungsprozess zur Seite stehen. „Für uns heißt das konkret weg perfekten Produkten, hin zur agilen und kundenzentrierten Produktentwicklung“, erklärt Salgado-Moreno. Etventure will also seine Kunden befähigen, digitale Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln – mit Hilfe neuer Unternehmensstrukturen und einem Netzwerk neuer Partner.

Vom Start-up zum Lieferanten

Eine andere Herangehensweise hat Philipp Gneiting, Manager für Research Cooperations bei Daimler, entwickelt. Daimler arbeitet dabei nicht mit vermittelnden Firmen wie Etventure zusammen, sondern hat sein eigenes Programm entwickelt, um Projekte mit Start-ups umzusetzen: „Startup Autobahn“. Neben Gründungspartner Daimler nehmen auch Unternehmen wie BASF, Linde oder die Deutsche Post DHL Group teil.

„Wir sind ein Post-Accelerator“, erklärt Gneiting das Konzept. Ein Accelerator ist ein Programm, indem Produkte von Start-ups in kürzester Zeit zur Marktreife gebracht werden. Gneiting betont: „Wir setzen dort ein, wo das Programm von Acceleratoren aufhört und unterstützen Start-ups mit weit entwickelten Ideen dabei, zu etablierten Lieferanten zu werden.“

Um das zu erreichen, definieren Unternehmen wie Daimler einen Bedarf, zum Beispiel für ein Virtual-Reality-System, mit dem Kunden neue Produkte interaktiv erleben können. Daraufhin werden spezifisch Start-ups gesucht, die bei der Entwicklung eines solchen Projekts helfen können. Beim „Speed Dating“ werden dann 10 bis 15 Start-ups eingeladen, um ihre Ideen zu präsentieren. In einem anschließenden 100-Tage-Programm arbeiten Start-ups und Corporate-Partner gemeinsam am Projekt. „Diese Phase dient dazu, herauszufinden, ob das Produkt skalierbar ist und technologisch zum Unternehmen passt und ob die Kultur der Partner vereinbar ist“, sagt Gneiting.

Danach fällt die Entscheidung, ob Unternehmen und Start-up zusammenarbeiten wollen. „Dabei wird immer eine langfristige Kooperation angestrebt“, so Gneiting. Kritisch sei dabei auch die letzte Phase: „Wichtig ist, die Prozesse richtig zu bewerkstelligen, also die Anbindung des Start-ups als Lieferant in der Datenbank. Dabei brauchen viele Start-ups noch Unterstützung, die auch aus den Einkaufsabteilungen der etablierten Unternehmen kommt.“ Weltweit hat Daimler durch „Startup Autobahn“ bereits 150 Kooperationen aufbauen können.

Genau wissen, was man will

Doch was sind die Knackpunkte, wenn große Unternehmen mit Start-ups zusammenarbeiten? „Unternehmen müssen wissen, was sie technologisch suchen und brauchen, und sich nicht einfach „coole“ Start-ups aussuchen, die nicht zum eigenen Produktportfolio passen“, so Gneiting. Außerdem sollte definiert werden, was für Ressourcen und Kapazitäten man in die Zusammenarbeit investieren will – dabei geht es nicht nur um finanzielle Unterstützung, sondern auch um personelle Investitionen. Zusätzlich muss der Wille innerhalb des Unternehmens vorhanden sein, sich auf Startups einzulassen. Denn: die Partner funktionieren in ihren Strukturen und Prozessen grundsätzlich unterschiedlich.

Erwartungen und Ziele klaffen oft auseinander

Auch der Digitalisierungsberater Salgado-Moreno ist sich dieser Problematik bewusst, die auch in seinen Projekten immer wieder eine Rolle spielt. Er erklärt, dass die Erwartungen und Ziele bei Start-ups und etablierten Firmen oft auseinanderdriften und dies führe oft zu Stolpersteinen bei der Zusammenarbeit. Start-ups denken in einem anderen Zeitrahmen als etablierte Unternehmen. Sie sind stark von den Finanzierungsrunden abhängig und können deshalb nicht zu weit in die Zukunft planen. Auf Seite größerer Unternehmen hingegen werden Projekte langfristig gedacht: Entscheidungsfindung und Bezahlung können einige Zeit in Anspruch nehmen. Ein anderes Beispiel: Während Start-ups, vor allem im B2C-Bereich, gerne mit „minimalen“ Produkten an den Markt gehen, und diese im laufenden Vertrieb weiterentwickeln, müssen Produkte bei Zusammenarbeit mit großen Firmen von der ersten Sekunde an perfekt sein. Auch hier unterscheiden sich die Erwartungen gewaltig. „Als Berater dienen wir zu 80 % als Übersetzer für beide Seiten, sodass die Zusammenarbeit erfolgreich ablaufen kann“, erklärt Salgado-Moreno.

Eine weitere Frage, die sich Unternehmen stellt, ist die der Risikominimierung in der Zusammenarbeit. Die bekannte Daumenregel besagt, dass neun von zehn Start-ups die ersten Jahre nicht überstehen und aufgegeben werden. Hier hat Salgado-Moreno einen guten Rat: „Wichtig ist, dass Firmen ein Portfolio an Start-ups haben, und nicht nur mit ein oder zwei Start-ups zusammenarbeiten“, erklärt er. „Langfristig brauchen Unternehmen eine Strategie im Start-up-Bereich, sodass Ziele und Erwartungen genau kommuniziert werden. Unternehmen sollten realistisch bleiben und ein gegenseitiges Verständnis mit dem Partner entwickeln. Eine pauschale Checkliste für die Risikominimierung gibt es nicht.“

Letzten Endes ist der Rat beider Experten folgender: Wer mit Start-ups zusammenarbeiten will, der sollte sich genau überlegen, was er von der Zusammenarbeit erwartet und wo er mit der Kooperation hin will. Gleichzeitig muss man als Unternehmen offen genug sein, um auf spontane Stolpersteine entlang des Weges reagieren zu können – ganz wie in einer Beziehung.

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