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Judith Cudaj ist Chefin in einer MINT-Branche

Von der Uni in die Chefetage
Wie ist es als Chefin in einer MINT-Branche, Frau Cudaj?

Wie ist es als Chefin in einer MINT-Branche, Frau Cudaj?
Mehr Frauen in Führungspositionen: Judith Cudaj und Michael Zahm, beide CEO bei PFIF, haben das Unternehmen in den vergangenen vier Jahren entsprechend umgestaltet. Bild: PFIF
Sie selbst empfindet sich nicht als role model für Frauen in technischen Berufen. Doch Judith Cudaj stellt immer wieder fest, dass sie als Person und auch ihr beruflicher Weg vor allem für jüngere Mitarbeiter eine wichtige Funktion haben. Wie sie sich beim „Förder-Versteher“ PFIF Schritt für Schritt durchsetzte, erzählt sie hier.

» Jens Gieseler, freier Journalist

Die promovierte Chemikerin arbeitete zunächst als technische Beraterin bei dem Unternehmen Partner für Innovation und Förderung (PFIF), ehe sie dort Geschäftsführerin wurde und inzwischen mit 40 Jahren zusammen mit dem Firmengründer Michael Zahm auch geschäftsführende Gesellschafterin ist. „Das erste Jahr war fürchterlich“, erinnert sie sich lachend. Einer der drei damaligen Chefs hatte sie 2002 am Karlsruher KIT abgeworben, bevor sie als Postdoc ins kalifornische Santa Barbara gehen konnte. Sie wollte raus aus der Universität, weil ihr als Macherin die Prozesse dort zu wenig dynamisch waren. Außerdem war es für sie keine Aussicht, den Rest ihres Lebens als Spezialistin für nur ein Fachgebiet zu verbringen.

Fachliches Wissen half im Alltag wenig

Doch im badischen Lahr musste sie zunächst feststellen, dass ihr fachliches Wissen im Alltag wenig half und sie viel neues Know-how erwerben musste. „Was mir geholfen hat, waren die Fähigkeiten, die man als Wissenschaftlerin besitzen muss: analytisches Denken, komplexe Sachverhalte erfassen und vor allem mit Rückschlägen umgehen – Experimente gelingen ja fast nie.“

Zudem: Die ersten Schritte mit ihrem damaligen Chef und Mentor waren nicht einfach. Deshalb war sie dankbar, als der dritte Partner Michael Stöhr nach einem Jahr nicht nur das Mentoring für sie übernahm, sondern ihr zugleich in Aussicht stellte, seine Geschäftsanteile zu übernehmen, wenn er Ende der 2010er Jahre in den Ruhestand gehen würde. Denn zielorientiert wie die gebürtige Sandhausenerin ist, hatte sie noch im Bewerbungsgespräch gesagt, dass sie Unternehmerin werden wolle, gerne bei PFIF. Woher die Idee stammt, kann sie bis heute nicht so richtig sagen: „Das ist wohl einfach ein Teil meiner Persönlichkeit“.

Niedriger Frauenanteil in MINT-Berufen

Der Frauenanteil in MINT-Berufen ist niedrig. Laut Statista lag der Anteil weiblicher Studentinnen im Wintersemester 2022/23 für Mathematik, Maschinenbau, Naturwissenschaften und IT bei 32 Prozent. Immerhin mehr als die 22 Prozent in den 90er Jahren. Vor allem Ingenieurswissenschaften studieren mit über 190.000 Frauen 86.000 mehr als zehn Jahre zuvor. Allerdings ging der Frauenanteil in den Naturwissenschaften und der Mathematik leicht zurück. Kaum ein Wunder, dass Judith Cudaj damals die einzige Frau unter den technischen PFIF-Beratern war. Heute liegt das Verhältnis im Unternehmen etwa bei Hälfte-Hälfte.

Projekte auf dem Punkt formulieren

Natürlich waren zunächst Kunden aus der Chemiebranche ihre Domäne, aber genauso Maschinenbau oder Energiewirtschaft. Neue Themen und Anforderungen, das war schließlich ihr Wunsch. Denn ihre Kunden sind Unternehmen, die oft mit dem Input wissenschaftlicher Institute, innovative Produkte entwickeln und dafür finanzielle Unterstützung von der öffentlichen Hand benötigen. „Zum einen ist es total interessant, welche Innovationen machbar sind und diese Projekte dann für das bewilligende Expertengremium auf den Punkt zu formulieren“, sagt Judith Cudaj. Zum anderen begeistert es sie bis heute, innovative Firmen zu unterstützen, damit sie ihr Potential entfalten können.

Das lernen hört nie auf

Schritt für Schritt hat sie bei dem Förder-Versteher, der seit mehr als 25 Jahren Unternehmen berät, Führungsaufgaben übernommen. Workshops und Coaching haben ihr geholfen genauso wie Bücher und Podcasts. „Am Ende des Tages gilt, was in einem steckt“, sagt sie und stutzt dann – typisch für sie -, wenn sie überlegt, was sie als Führungskraft mitbringt. „Ich bekomme das Feedback, nahbar zu sein, die Mitarbeiter vertrauen mir. Ich bin auch empathisch und bekomme mit, wie es anderen geht. Natürlich muss ich auch manchmal Grenzen ziehen.“ Andererseits ist sie mutig und kann schwierige, unangenehme Entscheidungen treffen. Letztlich sei es immer ein Risiko, das Führungskräfte eingehen müssten, denn die Folgen ihres Handelns zeigen sich immer erst später. Das sei für sie nicht einfach, weil sie als extrem anspruchsvoll gilt – vor allem sich selbst gegenüber. Und: Das Lernen als Unternehmerin und Mensch höre nie auf.

Weibliche Führungskräfte deutlich unterrepräsentiert

Unternehmerin zu sein, findet sie eher wegen als trotz des vollen Terminkalenders eine erfüllende Aufgabe, weil sie Spaß hat zu gestalten. Außerdem freut sie sich auf die Menschen in der Mannheimer oder Lahrer Niederlassung, die kreativ zusammenarbeiten und mit ihren Kunden Wachstum gestalten. „Das empfinde ich als unseren Beitrag gegenüber einer aktuell doch eher düsteren Stimmung in Deutschland“, räsoniert Cudaj. In Führungsebenen sind Frauen noch immer deutlich unterrepräsentiert: Laut Statista war 2023 nicht einmal jede vierte Führungsposition mit einer Frau besetzt. Nach Branchen hat das Sozial- und Gesundheitswesen mit 36,7 Prozent den höchsten Frauenanteil, während es beim Schlusslicht Maschinenbau lediglich 9,8 Prozent sind. Dazu kommt, dass weibliche Führungskräfte laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey ihren Job schneller wechseln. Dafür gibt es drei Gründe: Mangelnde Aufstiegschancen, weil ihnen Urteilsvermögen und Qualifikation abgesprochen werden. Fehlende Flexibilität, weil der Wunsch nach Teilzeit und hybriden Arbeitsmodellen größer ist. Und fehlendem Cultural Fit, weil ihr großes Engagement für Diversität, Chancengleichheit und Inklusion von den Arbeitgebern nicht anerkannt wird.

Wachstum durch Forschungszulage

Anders bei PFIF. „Frauen stellen auf Grund ihres hohen Bildungsniveaus ein enormes Potential für Fach- und Führungspositionen dar“, findet Judith Cudaj. Entsprechend haben sie und Michael Zahm, ebenfalls CEO bei PFIF, das Unternehmen in den vergangenen vier Jahren umgestaltet, nicht zuletzt, weil die Innovations-Förderer durch die Forschungszulage, eine seit 2020 neue Fördermöglichkeit, von etwas mehr als 20 auf 60 Mitarbeiter gewachsen sind. Um für deutsche Mittelständler auch international beraten zu können und um Prozesse besser zu verstehen, ist das Beratungsunternehmen ein Joint Venture mit der französischen Unternehmensgruppe ABGi eingegangen, was zusätzliche Möglichkeiten und Wachstum ermöglichte.

Den vollen Arbeitstag gleicht Cudaj durch Besuche bei der Familie, Sport und Yoga aus. Meditation entdeckt sie zunehmend, ist aber noch nicht ihr Ding. Joggen ist ihr Elixier, dabei kommen ihr neue Ideen und manchmal hilft es ihr, den Arbeitstag zu verarbeiten.

Kontakt:
PFIF Partner für Innovation & Förderung GmbH
Europastraße 21
77933 Lahr
www.pfif.net

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