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Die Ökodesign-Verordnung der EU macht nachhaltige Produkte zur Norm.

Produktrecht
Ökobilanz von Produkten im Fokus der EU-Gesetzgeber

Ökobilanz von Produkten im Fokus der EU-Gesetzgeber
Durch die umfassende Ökodesign-Verordnung der EU gelangen nur noch nachhaltige Produkte auf den europäischen Markt. Bild: surasak/stock.adobe.com
Bis 2050 soll Europa klimaneutral sein. Da dieses Ziel ohne konsequente Ressourcenschonung nicht erreichbar ist, arbeitet die EU an einer neuen Ökodesign-Verordnung für die Industrie. Ökologisch nachhaltige Produkte werden damit zur Norm.

Dr. Astrid Seehafer, Partnerin bei Arqis

Konsumgüter und Waren auf dem europäischen Markt sollen in Zukunft nicht nur sicher, sondern auch ökologisch nachhaltig sein. Die geplante EU-Ökodesign-Verordnung schafft für diese Zielsetzung einen rechtlich verbindlichen und harmonisierten Rahmen. Vor allem die Haltbarkeit der Produkte soll verbessert werden, ihre Wiederverwertbarkeit, Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit ebenfalls. Unternehmen müssen sich darauf gefasst machen, die Energie- und Ressourceneffizienz zu steigern, für optimale Recyclingmöglichkeiten zu sorgen und den Einsatz von Rezyklaten zu ermöglichen. Für die vielen einzelnen Produktgruppen wird die EU-Kommission noch spezifische, ergänzende Vorgaben formulieren.

Tritt die Verordnung in Kraft, gelten die Anforderungen für fast alle physischen Waren – ausgenommen sind allein Lebens- und Futtermittel, Medikamente und Fahrzeuge. Die rechtliche Neuerung wird somit eine erhebliche Tragweite für die Industrie haben, denn die bisherige Ökodesign-Richtlinie betraf nur bestimmte Produkte mit relevantem Energieverbrauch.

Digitalisierung des Produktrechtes

Einhergehend mit dem rechtlichen Vorstoß ist der vorgesehene digitale Produktpass. Er soll das Produktrecht vereinfachen – gefordert wird dies schon seit langem. Vor allem das Produktsicherheitsrecht muss benutzerfreundlicher gestaltet werden, man denke nur an die Bücher mit langen Gebrauchsanweisungen in 20 Sprachen. Der neue Pass wird alle relevanten Informationen bereitstellen, etwa über die ökologische Nachhaltigkeit eines Produkts. Diese sollen den Verbraucher bei der Kaufentscheidung unterstützen, Reparaturen und Recycling erleichtern sowie die Rückverfolgbarkeit verbessern. Auch Behörden profitieren von dem Datenträger, z.B. bei der Marktüberwachung.

Noch bestehen keine klaren Vorgaben was die Art des Datenspeichers angeht, den Umfang der Informationen, die Zugangsberechtigten. Auch für diese Parameter wird die EU-Kommission noch Richtlinien festlegen, je nach einzelner Produktgruppe. Klar ist aber schon heute, dass der digitale Produktpass analoge Informationen nicht ersetzen, sondern diese nur ergänzen soll – vorerst zumindest. Auch versäumt es der Gesetzgeber, andere produktrechtliche Vorgaben mit einzubeziehen, umfassend zu digitalisieren und zu vereinheitlichen. Etliche unklare Fragestellungen werden somit auf die Industrie zukommen, im Zuge des digitalen Produktpasses.

Verbot der Neuwarenvernichtung

Das Abfallaufkommen zu verringern ist ein weiteres wichtiges Ziel, mit dem sich die Ökodesign-Verordnung befasst. Wenn Neuwaren nicht unnötig vernichtet werden, schont man Ressourcen – gerade der Onlinehandel mit Retourenquoten von teilweise über 50 Prozent ist hier ein Problem. Eng damit verbunden ist die Textilbranche, die viertgrößte Verursacherin negativer Umweltauswirkungen: 5,8 Millionen Tonnen Textilien werden in der EU jährlich verbrannt.

Die Transparenzpflichten, die die EU-Kommission ursprünglich in die Verordnung aufnehmen wollte, werden auf Initiative des Wirtschaftsrats nun durch ein umfassendes Verbot abgelöst. Großen und mittleren Unternehmen wird es nicht mehr erlaubt sein, unverkaufte Bekleidung zu vernichten. Das Verbot wird 36 bzw. 48 Monate nach Erlass der Verordnung in Kraft treten.

Weiteres Prozedere

Noch ist die Ökobilanz-Verordnung aber nicht in trockenen Tüchern. Nachdem der Wettbewerbsrat seine „Allgemeine Ausrichtung“ veröffentlicht hat, geht der Entwurf der Verordnung in das sogenannte Trilogverfahren. Dort verhandeln die Mitgliedstaaten, die EU-Kommission und das Europäisches Parlament den finalen Entwurf. Anschließend muss er noch im EU-Parlament und im Ministerrat verabschiedet werden. Weil die neuen Vorgaben zum Ökodesign im Rahmen von Verordnungen niedergelegt werden, sind sie dann – anders als eine Richtlinie, die jeweils in nationales Recht umzusetzen ist – in allen Mitgliedsstaaten als unmittelbar geltendes EU-Recht anwendbar.

Da der europäische Gesetzgeber voraussichtlich sehr tiefgreifende Vorgaben für die konkrete Gestaltung von Produkten treffen wird, gerade was die einzelnen Produktgruppen angeht, sollten Industrieunternehmen den Gesetzgebungsprozess eng verfolgen und begleiten. Es gilt frühzeitig zu prüfen, wie sich die geplanten Anforderungen auf die eigenen Produktlinien auswirken werden. Lassen sich notwendige Anpassungen am Produktdesign mit genügend Vorlauf vorbereiten? Die Ökodesign-Verordnung einzuhalten wird nicht fakultativ oder gar schmückendes Beiwerk sein, sondern ist obligat. Waren, die den Nachhaltigkeitsvorgaben nicht rechtzeitig entsprechen, dürfen zukünftig nicht mehr in den Verkehr gelangen und verkauft werden.

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