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Unternehmer müssen künftig Klima und Umwelt verstärkt berücksichtigen

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Unternehmer müssen bei ihren Entscheidungen künftig Klima und Umwelt verstärkt berücksichtigen

Unternehmer müssen bei ihren Entscheidungen künftig Klima und Umwelt verstärkt berücksichtigen
Due Diligence 4.0 beleuchtet die Auswirkungen von ESG und Green Deal für die Prüfung der Wertschöpfungskette und für M&A-Projekte in der deutschen Industrie. Bild: ra2studio/stock.adobe.com
Due Diligence 4.0 darf nicht mehr länger nur im Eigeninteresse von Unternehmen und Unternehmern praktiziert werden, sondern auch im Interesse von Menschenrechten, Klimawandel und Umwelt.

» Eric Mayer, Rechtsanwalt und Partner der Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann, München

Der englische Begriff Due Diligence lässt sich bei dem Versuch einer Deutung in der deutschen Sprache mit gebührender, angemessener oder verkehrsüblicher Ausübung einer Sorgfaltspflicht übersetzen. Im klassischen Sinn ist darunter besonders ein Prüfprozess im Zusammenhang mit M&A-Transaktionen zu verstehen, also dem Erwerb von Unternehmensbeteiligungen oder Börsengängen. Der seit über einem Jahrzehnt andauernde internationale Trend zur fortschreitenden Normierung von Unternehmens-Pflichten durch Nachhaltigkeitsgesetzgebung oder die Vorgabe von ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) zum bewussten Lenken von Finanzströmen und Investitionsmitteln wandelt den Begriff Due Diligence und erweitert das damit verbundene Pflichtenspektrum bereits heute teils erheblich.

„Klassische“ Due Diligence im Unternehmensinteresse

Ein kurzer Ausflug in die deutsche Rechtsgeschichte zeigt, dass das aus dem Jahr 1861 stammende deutsche Aktiengesetz im heute geltenden § 93 I 1 AktG vorgibt, dass Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden haben. 1892 wurde das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung eingeführt, dessen aktueller § 43 I GmbHG diese Sorgfaltspflicht auch den Geschäftsführern einer GmbH vorschreibt. Über ein Jahrhundert später wurde 1998 im neuen § 92 II AktG geregelt, dass der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen hat und insbesondere ein Überwachungssystem einrichten muss, um damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkennen zu können.

Wiederum mehr als zwei Jahrzehnte später wurde 2021 als Reaktion auf den Wirecard-Skandal der neue § 91 III AktG hinzugefügt, der dem Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft darüber hinaus vorschreibt, ein im Hinblick auf den Umfang der Geschäftstätigkeit und die Risikolage des Unternehmens angemessenes und wirksames internes Kontrollsystem (IKS) und Risikomanagementsystem (RMS) einzurichten. Damit ist Gegenstand der geschuldeten Leitungssorgfalt und der entsprechenden Maßnahmen das Eigen- oder (Fort-) Bestandsinteresse der Gesellschaft. Das eigentliche Ziel einer Due Diligence ist die Sicherung des wirtschaftlichen Überlebens der juristischen Person und die Wahrung des Unternehmensinteresses. Und dazu bestand grundsätzlich ein weiter Ermessenspielraum der Vorstände oder Geschäftsführer bei der inhaltlichen Umsetzung dieser Pflichten.

„Moderne“ Due Diligence im Drittinteresse

Ein kurzer Blick auf aktuelle Gesetzgebungsentwicklungen zeigt deutlich den Wandel des Schutzzwecks und das erweiterte Pflichtenspektrum moderner Due Diligences. Artikel 6 der EU-Holzhandelsverordnung bestimmt so beispielsweise seit 2010 Sorgfaltspflichtenregelungen, die Risikobewertungsverfahren beinhalten müssen, mit deren Hilfe Marktteilnehmer das Risiko, dass Holz oder Holzerzeugnisse aus illegalem Holzeinschlag in Verkehr gebracht werden, analysieren und bewerten können. Artikel 7 der EU-Konfliktmineralienverordnung bestimmt seit 2017, dass Importeure von Mineralien innerhalb der EU die schädlichen Auswirkungen in ihrer Lieferkette ermitteln und bewerten müssen.

Das am 16. Juli 2021 verabschiedete deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz schreibt Unternehmen ab dem 1. Januar 2023 in § 4 LkSG vor, ein angemessenes und wirksames Risikomanagement zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt einzurichten. Dieses Risikomanagement muss in alle maßgeblichen Geschäftsabläufe durch angemessene Maßnahmen verankert werden. Und § 5 LkSG ergänzt, dass im Rahmen dieses Risikomanagements das Unternehmen eine angemessene Risikoanalyse durchzuführen hat, um die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken im eigenen Geschäftsbereich sowie bei seinen unmittelbaren Zulieferern – also entlang der ganzen Wertschöpfungskette eines Unternehmens – zu ermitteln. Eine derartige Risikoanalyse ist einmal im Jahr oder anlassbezogen durchzuführen. Folglich wird die ursprünglich eher transaktionale Due Diligence Interpretation zu einer aktiven Dauerschuldverpflichtung, die im Sinne von internationalen Compliance- und Risiko-Management-Best-Practices weit über das Erstellen von ESG- oder CSR-Berichten (Corporate Social Responsibility) hinausgeht.

Ausblick: Due Diligence geht über das Eigeninteresse hinaus

Die Sorgfaltspflicht und damit korrespondierende Verantwortlichkeit von Vorstands- und Geschäftsführungsmitgliedern wird mit Veröffentlichung des Vorschlags einer EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit am 23.02.2022 – in der englischen Originalfassung die Directive on Corporate Sustainability Due Diligence – noch einmal erweitert. Artikel 25 I dieses EU-Nachhaltigkeits-Ril-E gibt den Mitgliedsstaaten vor, dass die Mitglieder der Unternehmensleitung bei Ausübung ihrer Pflichten im besten Interesse des Unternehmens zu handeln haben und dabei die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen für Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen müssen, einschließlich der Folgen für Menschenrechte, Klimawandel und Umwelt. Mithin wird mit dieser ausdrücklichen Formulierung einer geplanten Haftungserweiterung klar, dass Due Diligence 4.0 nicht mehr länger nur im Eigeninteresse von Unternehmen und Unternehmern praktiziert werden muss, sondern auch im Interesse dieses Planeten – bei Lichte betrachtet eigentlich kein wirkliches „Dritt“-Interesse.

Kontakt:
GSK STOCKMANN
Mohrenstraße 42
10117 Berlin
Tel. +49 30 203907–0
www.gsk.de


Über GSK Stockmann

GSK Stockmann ist eine unabhängige europäische Wirtschaftskanzlei mit über 200 Rechtsanwälten und Steuerberatern an sechs Standorten in Deutschland und Luxemburg.

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