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Verändert 3D-Druck die Produktion?

Hype-Thema additive Fertigung beim Aachener Fabrikplanungskongress
Verändert 3D-Druck die Produktion?

Nur kostengünstige und flexible Produktionstechniken können die kleinen Losgrößen für Elektrofahrzeuge kompensieren. Schon heute ist es möglich, komplette Fahrzeugkomponenten additiv und damit vollständig werkzeugfrei herzustellen.

Prof. Dr.-Ing. Achim Kampker, Sebastian Kawollek, Johannes Triebs Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen

Flexibilität und Ressourceneffizienz sind die Voraussetzungen, um im Spannungsfeld zwischen globalisiertem Markt und verkürzten Produktlebenszyklen wirtschaftlich zu produzieren. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Integration der Elektromobilität in die bestehende Automobilindustrie und deren Auswirkungen auf die gesamte Lieferkette.
Die derzeit kleinen Stückzahlen erfordern in Kombination mit den technologischen Herausforderungen angepasste Materialien und Prozesse, um kostenoptimal zu produzieren. Kunststoffe sind vielseitig und lassen sich hervorragend an den Anwendungsfall anpassen. Insbesondere die Gewichtsreduktion des Fahrzeugs durch den Einsatz von Kunststoffen ist für den Elektromobilbau von großer Bedeutung, da diese die Reichweite des Fahrzeugs direkt beeinflussen. Um diese Vorteile nutzen zu können, gilt es jedoch, die kleinen Losgrößen für Elektrofahrzeuge durch kostengünstige und flexible Produktionstechniken zu kompensieren.
Für diese Anwendungsfälle haben in den letzten Jahren additive oder generative Fertigungsverfahren stark an Bedeutung gewonnen. Am PEM der RWTH Aachen werden diese Verfahren mit unterschiedlichen 3D-Druckern erprobt. Hierbei werden vor allem die zwei Verfahren Fused Deposition Modeling (FDM) und Polyjetting näher betrachtet. Bei beiden wird schichtweise Material aufgetragen und so das Bauteil geformt. Beim FDM-Verfahren wird ein thermoplastischen Filament aufgeschmolzen und abgelegt. Hingegen trägt das Polyjet-Verfahren flüssiges Photopolymer schichtweise auf, das unter UV-Licht ausgehärtet wird.
Im PEM-Forschungsbereich Additive Manufacturing werden unter anderem das Rapid Prototyping und Rapid Tooling untersucht. Im Bereich des Rapid Tooling werden vor allem das Thermoformen und das PUR RIM-Verfahren aufgrund ihrer Relevanz für die Elektromobilproduktion betrachtet. Diese beiden Verfahren werden den speziellen Anforderungen an kostengünstige und flexible Produktionstechnologien für Kunststoffkomponenten von Elektromobilen gerecht.
Schon heute lassen sich komplette Fahrzeugkomponenten additiv und damit vollständig werkzeugfrei herstellen. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurden die Außenhautkomponenten eines E-Mobils komplett auf 3D-Druckern am PEM gefertigt. Die Vorgehensweise ist denkbar einfach: Das CAD Model wird an den Drucker übertragen und von diesem ohne weitere Arbeitsschritte hergestellt. Um Überhänge abbilden zu können, fügt der Drucker an den entsprechenden Stellen ein Stützmaterial hinzu. Dieses wird nach dem Druck, im gezeigten Fall mit einem Wasserstrahl, entfernt. Abschließend folgt die Lackierung und die Montage.
Das Drucken ganzer Komponenten ist flexibel und schnell, aber auf heutigen Druckern verhältnismäßig teuer. Abhängig von der Stückzahl der zu fertigenden Komponenten kann eine Werkzeugherstellung mit additiven Verfahren wirtschaftlich sein. Die gesamte Bauteilentwicklung wurde an einer Pedelec-Kettenabdeckung untersucht. Zunächst wurden fünf Prototypen als erste Muster direkt auf dem 3D-Drucker gefertigt. Nach kurzer Erprobung und Anpassung der Konstruktion des Kettenschutzes wurde ein entsprechendes Werkzeug entworfen und additiv hergestellt. Verwendet wurde ein Photopolymer mit ABS ähnlichen Eigenschaften. Das 3D-Drucken ermöglicht eine nahezu beliebige Führung der Kühl- wie auch der Vakuumkanäle. Zudem wurde die Werkzeugform hinsichtlich des Materialeinsatzes optimiert, um Druckkosten und -zeit zu sparen. Mit dem Werkzeug wurden Bauteile für 70 Pedelecs hergestellt. Entscheidend für die Standzeit des Werkzeugs ist die Möglichkeit, die Hitze abzuführen. Neben der aktiven Kühlung ermöglichen modularisierte Werkzeuge die Einbringung eines Standardaluminiumkerns in eine gedruckte Form. Dieser hilft, die Formgenauigkeit länger aufrecht zu erhalten.
Insgesamt ermöglicht es die polymerbasierte additive Fertigung schon heute, Komponenten wie auch Werkzeuge herzustellen. Bei den Komponenten sind aktuell die Herstellkosten, bedingt durch Druckzeit und Materialaufwand, die größte Herausforderung. Auch sind die Materialeigenschaften aufgrund des neuen Herstellprozesses nur bedingt übertragbar und die Oberflächenqualität lässt sich nur teilweise mittels Post-processing an die von spritzgegossenen Bauteilen annähern.
Für die Werkzeugherstellung ist der 3D-Druck besonders vielversprechend. Durch Beschichten der Werkzeuge und Weiterentwickeln der 3D-Druckmaterialien wird zukünftig die Standzeit weiter erhöht. Jedenfalls kommt der Auswahl des Druckverfahrens entscheidende Bedeutung zu. Anwendungs- und bauteilspezifisch ist das entsprechende Verfahren aus der Vielzahl an verfügbaren 3D-Druckprozessen auszuwählen, um die Vorteile der additiven Fertigung voll nutzen zu können. Damit bietet das Drucken von Kunststoffen viele Einsatzmöglichkeiten, die es in Zukunft für die Anwendung in vielen unterschiedlichen Branchen qualifiziert. •
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