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Globale Produktionsnetzwerke: Vernetzter Austausch zeigt Wirkung

Globale Produktionsnetzwerke
Vernetzter Austausch zeigt Wirkung

Moderiert vom WZL der RWTH Aachen, profitieren Unternehmen vom Austausch in der „Global Production Community“. Wer weiß, wie sich globale Produktionsnetzwerke optimal gestalten lassen, sichert sich Vorteile im weltweiten Wettlauf.

Prof. Dr. Günther Schuh, Jan-Philipp Prote,
Bastian Fränken, Julian Ays
Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen

Die Gestaltung globaler Produktionsnetzwerke unterliegt heute vielen unvorhersehbaren Faktoren. Entscheider werden mit einer hohen Variabilität und Komplexität konfrontiert, die es zu bewältigen gilt, damit ein möglichst ideales Netzwerk entsteht.

Vor diesem Hintergrund wurde die „Global Production Community“ mit Fach- und Führungskräften aus neun Industrieunternehmen aus verschiedenen Branchen gestartet. Unter der Leitung des Lehrstuhls für Produktionssystematik des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH
Aachen erhalten Unternehmen die Möglichkeit, sich strukturiert in mehreren Arbeitstreffen zum Thema „Globale Produktion“ auszutauschen und praxisnahe Zukunftskonzepte zu entwickeln. Ausgangspunkt ist das 2015/16 durchgeführte Konsortial-Benchmarking „Gestaltung von globalen Produktionsnetzwerken“. Die Community setzt dieses fort und vertieft gleichzeitig den Austausch zwischen den Unternehmen.

Im Vordergrund der regelmäßig durchgeführten Arbeitstreffen steht auch das gemeinsame Erarbeiten und Individualisieren von Prinzipien, Methoden und Werkzeugen. Die Treffen folgen einer einheitlichen Agenda: Nach der Vorstellung des Themas legt ein Impulsvortrag des WZL die wissenschaftlichen Grundlagen. Anschließend präsentieren die einzelnen Unternehmen themenspezifische „Successful Practice Lösungen“ oder Herausforderungen und können diese so in großer Runde diskutieren und validieren. Dieser offene Austausch ermöglicht einen branchenübergreifenden Wissenstransfer.

Die drei entscheidenden Dimensionen der Netzwerkplanung sind Strategie, Netzwerkgestaltung und Netzwerkkoordination. Diese wurden gemeinsam mit den Teilnehmern als die Themenschwerpunkte der Arbeitstreffen 2017 festgelegt. Das erste Arbeitstreffen fand demnach unter dem Hauptthema „Strategie und Standortrollen“ statt. Um die Standortrollen zu bestimmen, sind die global verteilten Produktionsstandorte optimal auszurichten, wobei die individuellen Stärken und Schwächen der Standorte zu berücksichtigen sind. Vor allem Technologien, Produkte, Kunde/Markt, Kosten und Prozesse eines Standortes waren für die Unternehmen der Community die entscheidenden Dimensionen, um die Standortrollen zu bestimmen. Eine übergeordnete Bedeutung haben außerdem branchenspezifisch in einigen Ländern der Marktzugang sowie die lokalen Kompetenzen.

Reaktionsgeschwindigkeit gegenüber Kunden wichtiges Kriterium

Am weitesten verbreitet ist die Definition der Standorte anhand der dort produzierten Produkte und Produktgruppen sowie der dazu benötigten Technologien. Charakterisiert werden die Standorte auch an der benötigten Reaktionsgeschwindigkeit gegenüber dem Kunden. Hier wird beispielsweise zwischen Service-, Express- und Produktionsstandorten unterschieden. Letztere legen den Fokus auf Effizienz und Standardisierung mit dem Ziel, Kosten zu senken. Servicestandorte hingegen sollen durch die Nähe zum Kunden besonders reaktionsschnell und flexibel sein.

Standortrollenkonzept mit Beteiligung der Mitarbeiter

Als „Key Learning“ aus dem Austausch über Strategie und Standortrollen ist die Fokussierung auf Kernkompetenzen und Effizienz der einzelnen Werke zu nennen. Das Standortrollenkonzept sollte direkt auf das Geschäftsmodell abgestimmt und kontinuierlich überarbeitet werden. Werden Mitarbeiter bei der Entwicklung des Konzepts eingebunden, hilft dies, Bedenken abzubauen und die Akzeptanz zu erhöhen. Aus dem Standortrollenkonzept heraus ergeben sich zusätzlich direkte Vorgaben für Produktion und Mitarbeiter, wobei klare Verantwortlichkeiten und Zieldefinitionen die Umsetzung erleichtern können.

Netzwerkgestaltung auch toolunterstützt

Neben der Strategie beschreibt die Konfiguration oder Netzwerkgestaltung, wie einzelne Standorte im Produktionsnetzwerk physisch ausgestaltet vernetzt werden. Dies kann in Zeiten von Industrie 4.0 auch toolunterstützt erfolgen. Ziel der Netzwerkgestaltung ist eine optimale Integration neuer Standorte in das bestehende Produktionsnetzwerk sowie die Verknüpfung aller Standorte hinsichtlich Material- und Informationsfluss mit lokal gebündelten Kompetenzen und unter der Nutzung von Standortvorteilen.

Ausgehend von einer globalen Produktionsstrategie entwickeln die Community-Unternehmen Zielzustände für einzelne Regionen oder Standorte, die entweder den unterschiedlichen Anforderungen vor Ort angepasst sind oder einem global einheitlichen Standard folgen. Weit verbreitet ist der Ansatz, Kerntechnologien im Heimatland zu erhalten, während abhängig vom Absatzmarkt lokal unterschiedliche Produkttypen gefertigt werden. Dabei kann der Qualitätsstandard global einheitlich oder bei lokalen Produkten an den entsprechenden Absatzmarkt angepasst sein, wobei dann eine klare Kommunikationsstrategie vonnöten ist. Durchgesetzt hat sich bei vielen Unternehmen außerdem die Strategie der klaren Zuordnung der Werke zu Produkten und Kunden, sodass jeder Produktionsstandort meist lokal den eigenen Markt bedient. Hier fungiert die Netzwerkgestaltung als Bindeglied zwischen den Marktanforderungen und den lokal vorhandenen Produktionsressourcen.

Werkeraustauschprogramme intensivieren den Wissensaustausch

Als wesentliche Strategie aus dem zweiten Arbeitstreffen lässt sich ableiten, dass Produktionsnetzwerke im Verbund geplant werden sollten. Dabei sollten sich die einzelnen Standorte jedoch sehr wohl selbst steuern können, etwa über global festgelegte KPIs (Key Performance Indicator). So können weltweit Synergien ausgenutzt werden und es entsteht ein Know-How-Zusammenschluss, von dem die Unternehmen zusätzlich profitieren können. Durch „Werkeraustauschprogramme“ lässt sich der Wissensaustausch weiter intensivieren und kulturelle Hürden werden abgebaut. Bei einer hohen Produktvielfalt sollten zusätzlich Hauptproduktgruppen bestimmt werden, für die Standards definiert werden können. Unterschiedliche Qualitätsstrategien sind dabei dem Kunden klar zu kommunizieren, da bei hochpreisigen Produkten oft und gerade in asiatischen Ländern „Made in Germany“ gefordert wird.

Die dritte Dimension der globalen Netzwerkplanung – die Koordinationsebene – umfasst die Organisation und das Management der weltweit verteilten Standorte und deren Prozesse. Hier liegt der Fokus jedoch nicht auf einzelnen Standorten, sondern auf der Koordination des gesamten Produktionsnetzwerkes. Unter dem Begriff „Globales Prozessmanagement“ griffen die Teilnehmer beim dritten Arbeitstreffen daher insbesondere Fragen der Zentralisierung und Standardisierung, Ressourcenallokation sowie des Informations- und Wissensaustauschs auf. Ziele des globalen Prozessmanagements sind zumeist, die Effizienz, Qualität oder Flexibilität zu verbessern und Kosten einzusparen.

Heimatstandort in Deutschland hält oft noch die Produkthoheit

Die Hauptaspekte in den Produktionsnetzwerken der „Global Production Community“ sind die Verankerung des Prozessmanagements in der Unternehmensentwicklung und die Definition eindeutiger Prozessrollen. Diese Rollen sind je nach Verantwortungsbereich in Global Process Lead (Definition von Prozessen), Process Operator (operative Umsetzung) und Process Modeler
(Dokumentation und Freigabe) unterteilt. Viele der Unternehmen der Global Production Community haben bereits lokale Entwicklerteams aufgebaut, die oftmals Produkte für lokale Märkte entwickeln. Zumeist liegt die Produkthoheit jedoch noch am Heimatstandort in Deutschland, wobei viele Unternehmen dies hinterfragen und den lokalen Standorten gezielt mehr Verantwortung übertragen. Zur Koordination solcher standortübergreifenden Geschäftsprozesse hat es sich bewährt, ein Portfolio anzuwenden, das den Zentralisierungs- und Standardisierungsgrad der Geschäftsprozesse im Unternehmen bewertet. Viele Unternehmen nutzen dieses Portfolio, um die Ist-Situation im Netzwerk abzubilden und festzulegen, welche Verantwortlichkeiten in der Zentraleinheit und welche dezentral an den ausländischen Standorten liegen.

Aus dem Austausch zum Thema Koordination ging hervor, dass produktbezogene Prozesse notwendig sind und parallel zur funktionalen Organisation etabliert werden sollten. Die Einrichtung standortübergreifender Prozessteams erleichtert dabei die ganzheitliche Zusammenarbeit, schafft Synergien und fördert die gemeinsame Weiterentwicklung von Strukturen, Systemen und Prozessen. Dabei ist es zielführend, Prozesse eher genereller zu definieren und den einzelnen Standorten entsprechend dem Slogan „Think global, act local“ lokale Freiheiten einzuräumen. Neue Prozesse sollten über Verbesserungsprojekte nach dem Motto „Evolution statt Revolution“ stückweise implementiert werden. Dabei sind innerhalb des Prozessmanagements definierte Rollen notwendig, die entsprechend dem Standortrollenkonzept und der Zusammenarbeit formuliert werden können.

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