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Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Rechtlichen Stolperfallen bei Kündigungen aus dem Weg gehen
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Jobwechsel | Veränderte Kündigungsfristen und individuelle Vereinbarungen sind in Arbeitsverträgen gängig. Auf das Einhalten welcher Klauseln man nicht unbedingt bestehen sollte und welche Vorteile es bringt, sich gütlich zu einigen und sauber zu trennen.

Daniela Reichart Journalistin in Salach

Für Stephan Schneider hätte leicht alles schiefgehen können. Doch seine Arbeitgeber haben von seinem Verhalten beim Jobwechsel profitiert. Wie für den Ingenieur, ist für viele Fachkräfte ein Karrieresprung oder eine räumliche Veränderung Grund genug, sich auch von zufriedenstellenden Aufgabenfeldern und Arbeitgebern relativ kurzfristig trennen zu wollen.
So hat der heute 57-jährige Ingenieur vor Jahren „meinen Lebenslauf in einer Wirtschaftszeitung gelesen“, wie er sagt. Ein Verpackungsunternehmen suchte per Stellenanzeige einen Geschäftsführer, der internationale Vertriebserfahrungen gesammelt hat, Englisch und Französisch spricht und Branchenkenntnisse vorweisen kann. Schneider arbeitete damals bei Hoechst im Saarland und warf seinen Hut in den Ring.
Bei den Vorstellungsgesprächen passte alles und am Vormittag eines 30. Juni rief ihn ein hanseatischer Beitrat der Etikettierfirma an. Der gesamte Beirat hatte sich für den gebürtigen Münsteraner entschieden und konnte sich vorstellen, neun Monate auf ihn zu warten. Denn Schneiders Kündigunsfrist betrug damals ein Dreivierteljahr. Allerdings: Zwölf Monate warten wollte der Beirat nicht. So war er gezwungen, noch am selben Tag seinen Job als Gebietsverkaufsleiter Südeuropa zu kündigen, um die Chance auf den Geschäftsführerposten zu wahren. Und das, ohne einen schriftlichen Vertrag vorliegen zu haben.
Denn auf den Firmenanschluss wollte sich Schneider ein Fax nicht schicken lassen. „Das Gerät speichert die Daten, und die sind auslesbar“, erzählt er von seiner Situation. Allerdings versprach der Hanseate, ihm den Vertrag noch am selben Tag mit der Post zuzusenden. Der damals 40-Jährige Verkaufsleiter sagte sich damals: „Wenn ich meinem künftigen Aufsichtsorgan schon jetzt nicht traue, kann ich unmöglich dort als Geschäftsführer arbeiten.“ Eine Stunde später reichte er seine Kündigung ein.
So ist in der Regel auf Zusagen Verlass, da Unternehmer ihr gutes Image wahren wollen. Zumal vielversprechende Kandidaten andere Talente kennen. Die zu vergraulen, sorgt nur für den Ruf, unzuverlässig zu sein. Doch umso mehr müssen Firmen nach der Zusage auf ihre internen Abläufe achten. Seien es Formalien, wie das Vergessen der Informationspflicht des Betriebsrats. Geht die Einstellung schief, trägt allerdings nicht das Unternehmen die Verantwortung, sondern der Bewerber.
Kündigungsfrist nur in Ausnahmefällen reduzieren
Dass Unternehmen ihrem kündigenden Mitarbeiter entgegenkommen, ist ungewöhnlich. Will ein Beschäftigter sechs Monate Kündigungsfrist auf die Hälfte herunterschrauben und verspricht dafür höchste Motivation und Leistungen, mag er das zunächst ernst meinen. Doch oft tritt der neue Arbeitgeber an die Mitarbeiter frühzeitig mit gemeinsamen Abendessen oder Workshops heran. Dabei schwindet das Gefühl der Verpflichtung gegenüber dem alten Chef.
Trotz Kündigung den vollen Arbeitsumfang bis Ende der Frist zu fordern, ist sehr oft der Fall. Denn Ersatz für High Potentials wie Verkaufsleiter findet sich selten schnell. Außer, die Nachfolgeplanung steht bereits. Häufig macht ein Entgegenkommen allerdings Sinn: Weil Mitarbeiter innerlich bereits gekündigt haben und ansonsten nur Krankmeldungen kommen.
Kompromiss, auskosten oder nachtragen
Auch bei Stephan Schneiders Kündigung hatte es Platz für Kompromisse: Denn er wollte sauber aus seinem bestehenden Vertrag aussteigen. Und suchte das Gespräch mit seinen beiden Vorgesetzten. Der eine, ein Engländer, reagierte gelassen. Schneider solle sich nach seinem Urlaub bei ihm melden, um die Übergabe zu besprechen. Der andere, ein Deutscher, war weniger entspannt. Seine Forderung: Er solle die vollen neun Monate des Arbeitsvertrags erfüllen. Doch Schneider konnte argumentieren, da er nicht innerhalb der Branche die Position wechseln wollte. Er betont: Hätte er damals pokern wollen und nicht alle Fakten genannt, wäre das Ausscheiden bei Hoechst zum Fiasko geworden. Doch da er alle Karten auf den Tisch legte, konnte der Ingenieur mit seinen Hoechst-Chefs einen Kompromiss am Ende aushandeln: Eine dreimonatige Übergabephase, wodurch er zum 1. Oktober desselben Jahres seinen neuen Job als Geschäftsführer der Etikettierfirma antreten konnte.
Schneider ist seit 2005 selbst Inhaber eines Unternehmens mit 150 Mitarbeitern. Und kennt auch die andere Seite. „Kündigt eine Führungskraft, bin ich nicht nachtragend“, sagt der Unternehmer. Meist zeichne sich das ohnehin im Vorfeld ab. Einen Grund dafür vermutet der Mittelständler in den Persönlichkeiten. „Es gibt Menschen, die für den Aufbau eines Unternehmens topp sind.“ Andere seien hingegen besser, wenn es um die Verbesserung von Bestehendem gehe. Da seien Jobwechsel normal, sagt der Stratege.
Feste Prozesse sparen Kosten
Zudem empfehlen Geschäftsführer wie Schneider, standardisierte Prozesse beim Beenden von Arbeitsverhältnissen einzuführen. Damit spart die Firma viele unnötige Kosten ein und sichert Geschäftsgeheimnisse. „Weiß der Personaler zu lange nichts von der Kündigung, sind eventuell Intranet- und E-Mail-Konten, Laptop, Rechner und VPN-Verbindungen ins Homeoffice im falschen Moment zugänglich. So bleibt wichtiges Know-how oft kein Alleinstellungsmerkmal“, verdeutlicht der Radebeuler. Oder E-Mails werden nicht rechtzeitig an die Vertretung weitergeleitet. Wodurch eventuell Projekte in Verzug kommen. •

Kündigungsgründe
Betriebsbedingt
  • Stilllegung des Betriebs oder eines Betriebsteils (Urteil des BAG 1996)
  • Fremdvergabe von Arbeiten (Urteil des LAG Düsseldorf 2001)
Personenbedingt
  • lang dauernde Krankheiten, die den Mitarbeiter für länger als eineinhalb Jahre arbeitsunfähig machen (Urteil des BAG 1992)
  • häufige Kurzerkrankungen, die insgesamt einen Zeitraum von sechs Wochen pro Jahr überschreiten (Urteil des BAG 1993)
  • Leistungsmängel eines sehr leistungsschwachen Mitarbeiters, für deren Beseitigung keine anderen Mittel zur Verfügung stehen (Urteil des BAG 2003)
Verhaltensbedingt
  • ausländerfeindliche, rechtsradikale oder rassistische Meinungsäußerung, die eine ausländerfeindliche Stimmung im Betrieb erzeugen oder verstärken können (Urteil des BAG 1999)
  • Beleidigung des Arbeitgebers in seiner Anwesenheit (Urteil des BAG 2004)
  • häufige Unpünktlichkeit, die die betrieblichen Abläufe stört (Urteil des BAG 1988)
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