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Finanzierung: Vorteile von Pay-per-Use im Maschinenbau

Finanzierung
Vorteile von Pay-per-Use im Maschinenbau

Vorteile von Pay-per-Use im Maschinenbau
Umsatzabhängige Finanzierungen bewähren sich vor allem in volatilen Märkten. Bild: max_776/Fotolia
Bei Pay-per-Use basiert die Tilgungsrate auf vorher vereinbarten Parametern: Das können Betriebsstunden, die Auslastung oder die Anzahl der Werkstücke sein. Für Hersteller und Käufer ergeben sich wechselseitige Vorteile.

Michael Grupp
freier Journalist in Stuttgart

Zunehmende Pay-per-Use Angebote haben einen technologischen Hintergrund: Erst im Industrie-4.0-Umfeld stehen genügend Daten für diese neuen Geschäftsmodelle zur Verfügung. Zwischen 20 bis 60 Sensoren besitzt beispielsweise eine vernetzte Druckgussmaschine. Diese Sensoren liefern unterschiedliche Daten: von der Kammertemperatur über den Arbeitstakt, die Umdrehungszahlen, den Zustand des Granulats bis hin zur Beschaffenheit des Druckgussteils. Mit diesen Daten kann nicht nur analysiert werden, ob die Maschine mit den optimalen Parametern gefahren wird. Sie können ebenso gut für die Berechnung der nächsten Tilgungsrate herangezogen werden. Bereits 2015 prognostizierte Prof. Thomas Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer IPA: „Industrie 4.0 wirkt sich nicht nur auf das Produkt und seine Fertigung aus, sondern insbesondere auch auf die Geschäftsmodelle. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Banken und Hersteller ihre meist personalisierten Produkte auf neue Art und Weise anbieten“. Der Mann sollte Recht behalten – insbesondere was Predictive Maintenance, Plattform-Modelle und nicht zuletzt auch Pay-per-Use anbetrifft. Mittlerweile setzt sich dieses Finanzierungs- und Kooperationsmodell zunehmend durch. Prinzipiell basiert es auf vier Partnern und damit auf entsprechenden Angeboten von Herstellern, Finanzierern, System-Integratoren sowie natürlich auch die Endkunden – wobei manche Anbieter mehrere Funktionen quasi in Personal-Union anbieten.

Commerzbank und Emag mit erstem digitalem Leasingangebot

Als erste Großbank präsentierte die Commerzbank zusammen mit dem Maschinenbauer Emag Ende 2018 mit „CR Pay per Use“ ein komplett digitales Leasingprodukt. In diesem konkreten Fall wird die Nutzungs-intensität des Objekts über ein Machine-to-Machine- (M2M-) Gateway erfasst und über das Telekom-Mobilfunknetz an die Commerz Real übertragen. „Wir unterscheiden in geringe, mäßige oder maximale Auslastung und koppeln daran die Höhe der Leasingrate“, erläutert Christoph Halstrick, Leiter Mobilienleasing bei Commerz Real. Das Angebot gilt unabhängig vom Anlagenhersteller sowie von der Art und Weise des Leasingobjektes. Die einzige Voraussetzung: Der Wertverlauf und damit der aktuelle Zeitwert einer Maschine muss eine deutliche Korrelation zu den anfallenden Betriebsstunden aufweisen.

Klassische Kredite für die Anschaffung von Maschinen werden typischerweise innerhalb von fünf Jahren getilgt. Das macht pro Jahr 20 % für den Unternehmer – zuzüglich Zinsen, die bei guter Bonität rund 2 % betragen. Für Unternehmen in volatilen Märkten kann die Abzahlung schnell zu einer großen Belastung führen. Mit dem „atmenden Kredit“ der Commerzbank kann die Tilgung bei Bedarf auf die Hälfte der normalen Rate reduziert werden. Diesen Vorteil lässt sich die Bank allerdings bezahlen. Da sie eine langsamere Tilgung einkalkulieren muss, zahlt der Schuldner circa 0,5 bis 0,7 % mehr im Vergleich zu einem Darlehen mit fester Rückzahlung.

Pay-per-Use als Anker in volatilen Märkten

Der Kunde hat durch Pay-per-Use (PpU) gleich mehrere Vorteile: Vergleichbar wie beim Leasing kann er immer mit der aktuellen Gerätegeneration arbeiten und vermeidet eine langfristige Kapitalbindung. Darüber hinaus ist für dieses Finanzierungsmodell keine Bilanzierung notwendig.

Das wirtschaftliche Risiko wird mit dem Lieferanten geteilt. Die Bezahlung erfolgt transparent, meist im Rahmen einer monatlichen Abrechnung. Und zukünftige Kalkulationen und Angebote können auf Basis der tatsächlichen Minutenkosten erfolgen, welche direkt in die Stückkostenrechnung einfließen. Nach Vertragsablauf (oder bei ausbleibenden Aufträgen) kann die Maschine zurückgegeben beziehungsweise in ein neues Modell getauscht werden. Auch die Anbieter profitieren: Sie können zeitnah Hochtechnologie verkaufen, berechenbare Einkünfte erzielen und sich teilweise von den Konjunkturzyklen abkoppeln. Gerade für den Anlagen- und Maschinenbauer kann ein Pay-per-Use-Angebot darüber hinaus weitere Vorteile bieten: Er kann sein gesamtes Fertigungs-Know-how in den laufenden Betrieb der Anlage einfließen lassen und auf Basis der Betriebsdaten neue Geschäftsmodelle entwickeln.

Digitalisierung als Datengrundlage

Deshalb bieten inzwischen auch viele Hersteller Pay-per-Use direkt an: im Maschinenbaubereich zum Beispiel Heller und Weisser. Technologisch sieht der Ablauf bei Heller folgendermaßen aus: Die Nutzlaufzeit wird direkt in der Maschinensteuerung erfasst und anschließend über Sinumerik Edge zu der Siemens-eigenen IoT-Plattform Mindsphere übertragen, wo die Daten ausgewertet und Heller-intern über SAP abgerechnet werden. Die Zahlung erfolgt dann digital via SEPA-Lastschrifteinzug. Sollte der Kunde die Maschine nicht wirtschaftlich auslasten können, nimmt Heller sie wieder zurück – ein überschaubares Risiko, da Heller-Maschinen dank ihrer Qualität und Langlebigkeit auf dem Gebrauchtmarkt gefragt sind.

Pay-per-Use wird zunehmend beliebter

Die zunehmende Beliebtheit von PpU wird von dem Trend zu Full-Service-Verträgen gestützt. Immer mehr Unternehmenskunden setzen auf ein Komplettpaket, das sowohl das Investitionsgut enthält, als auch komplementäre Dienstleistungen von der Finanzierung, über Wartung und Kundendienst bis hin zur endgültigen Entsorgung. Und so setzt sich das Modell, das seine Anfänge zuerst im Automobil-Bereich hatte, inzwischen in anderen Bereichen durch. Pay-per-Use wird heute auch für Hotelmatratzen, Kunst im Chefzimmer, für Achterbahnen oder für den unternehmens-eigenen E-Bike-Park angeboten. Selbst eine kleine Windenergieanlage, die ab 40.000 Euro zu haben ist, kostet für gewerbliche Nutzer monatlich rund 500 Euro. In sturmreichen Monaten mehr, bei Flaute weniger.

Zahlen bitte

Finanzierung, Leasing oder Pay-per-Use? Die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Die buchhalterischen Vorteile sind auf den ersten Blick gleich: Die Kreditlinie wird geschont, die Liquidität erhöht und die Bilanz entlastet. Der große Vorteil bei Pay-per-Use: Der Restwert muss nicht verbindlich bei Vertragsabschluss festgelegt werden. Diesen treffend zu kalkulieren, ist eine Herausforderung für klassische Leasingmodelle. Hier eröffnen Pay-per-Use-Modelle dem Markt mehr Flexibilität und damit maßgeschneiderte Lösungen.

Pay-per-Use eignet sich per se vor allem für saison-abhängige Branchen oder Unternehmen in volatilen Märkten. Allerdings bindet sich der Kunden mit diesem Modell auch eng an seinen Finanzpartner. Sowohl die Eigentumsfrage als auch der Zugang und Umgang mit den erhobenen Nutzungsdaten müssen deshalb im Vorfeld abgeklärt werden. Darüber hinaus muss natürlich auch die Sicherheit der eingesetzten IT-Architektur zu gewährleistet sein.

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