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Neue Quanten-Messe in Stuttgart

Linda Fürderer und Guido von Vacano von der Messe Stuttgart über die Quantum Effects
„Was Wissenschaftler von Science Fiction lernen können“

Am 10. und 11. Oktober 2023 findet in Stuttgart erstmals die Quantum Effects statt, eine Fachmesse und Konferenz für Quantentechnologien. Linda Fürderer, Managerin Neuproduktentwicklung und Guido von Vacano, Executive Vice President, von der Messe Stuttgart sprechen im Interview über die Idee dahinter und die Möglichkeiten und Chancen der Quantentechnologien.

» Hagen Wagner, Redakteur Industrieanzeiger

Was fasziniert Sie persönlich an Quantentechnologien?

Linda Fürderer: Als Laie kennt man sich ja auf diesem Gebiet kaum aus. Naturgesetze sind zwar bekannt, aber wenn man sich mit Quanten beschäftigt, erkennt man, dass es da noch viel mehr zu entdecken gibt. Das ist eigentlich das Faszinierendste: Dass auf dieser Welt Gesetze herrschen, die unsere Vorstellungskraft herausfordern. Wie die Quantenverschränkung, die man technisch nutzen kann und aus der sich Potenziale für die Zukunft ergeben, die die Welt so grundlegend verändern können und Chancen bieten. Es gibt so viele Dinge, die noch nicht erforscht sind, sogar unser Gehirn soll quantenverschränkt sein.

Guido von Vacano: Vor vielen Jahren hatte ich die Gelegenheit, an einer Konferenz teilzunehmen, bei der es darum ging, was Wissenschaftler von Science Fiction lernen können. Wenn man sich Filme wie Star Trek oder so anschaut, sieht man: Da haben sich Leute etwas ausgedacht – beispielsweise Bildtelefonie – und jetzt ist es Realität. Es ist toll, dass es Menschen gibt, die sagen: „Kommt, lasst uns weiterforschen. Da gibt es noch Sachen, die später zu einer Lösung führen können, wo wir vielleicht noch gar nicht die Probleme dafür kennen“ und das finde ich faszinierend.

Bei Quantentechnologie wird es, wie sie schon erwähnt haben, für den Laien schwierig – wie erläutern Sie Nicht-Physikern, was Quantentechnik ist?

G.v.V.: Genau darum wird es bei Quantum Effects gehen. Wir haben sehr viele Vorträge, die dem Mittelstand, den Lehrern, den jungen Studenten, auch den Physikstudenten in einfachen Worten erklären, welche Möglichkeiten die Quantentechnologien bieten.

Können Sie ein Beispiel geben?

G.v.V.: Kürzlich habe ich mit Prof. Dr. Sabina Jeschke vom KI Park in Berlin telefoniert. Sie war übrigens mal Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn und hat mir erklärt, dass man mit Quantencomputern endlich den Fahrplan genau vorhersagen könnte (Anm.d.Red.: Das wäre wahrlich ein Quantensprung für die Bahn). Wenn heute irgendwo eine Schranke nicht mehr funktioniert, hat das so große Auswirkungen auf den ganzen Fahrplan, dass normale Computer eineinhalb Jahre bräuchten, um das zu berechnen – im Gegensatz zu Quantencomputern.

L.F.: Auch die Quantensensorik bietet großes Potenzial. Gerade in der Medizin: Mit Hilfe von Quantensensoren wird es in Zukunft möglich sein, mit neuen Messgeräten Jahre im Voraus zu erkennen, ob Krebs entsteht oder nicht. Und laut Dr. Katrin Kobe, CEO von unserem Hostingpartner Bosch Quantum Sensing, wird das nächste große Thema die Gedankensteuerung sein.

Gedankensteuerung?

L.F.: Genau. Perspektivisch werden wir Computer nicht mehr mit der Maus, sondern mit unseren Gedanken ansteuern.

G.v.V.: Ergänzend dazu ist es unsere Aufgabe, eine anwenderorientierte Veranstaltung zu organisieren. Gemeinsam mit Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zeigen wir konkrete, marktreife oder in der Marktentwicklung weit fortgeschrittene Anwendungen jenseits von Theorie und Science Fiction.

L.F.: Wir haben auch Panels auf der Bühne zu verschiedenen Branchenthemen geplant, zu denen dann gezielt Experten aus verschiedenen Branchen eingeladen werden, die in ihren Unternehmen bereits erste Use Cases mit Kooperationspartnern entwickelt haben und diese Praxisbeispiele dann auch vorstellen.

Die Besucherinnen und Besucher erwarten also Neuigkeiten aus der Forschung und wie diese ihren Weg in die Anwendung finden?

G.v.V.: Es gibt mehrere Zielgruppen. Zum einen die Experten. Auf der Veranstaltung werden die neuesten Entwicklungen präsentiert, es wird ein reger Austausch ermöglicht und verschiedene Anwendungen demonstriert. Zudem verleihen wir den anwenderorientierten Award, bei dem konkrete Anwendungsergebnisse ausgezeichnet werden. Das ist die eine Seite: Die Branche wird vernetzt. Ein wesentliches Ziel ist es aber auch, Menschen für das Thema zu gewinnen und zu begeistern: Industrie und Unternehmen, die sich noch nicht damit beschäftigt haben. Lehrer, die sich bisher nicht damit auseinandergesetzt haben. Oder auch Physik- oder BWL-Studenten. Wenn das gelingt, kann hier was entstehen, was eine große Strahlkraft hat.

Kurz festgehalten: Die Quantum Effects soll ein Vehikel für Wirtschaft, Wissenschaft und Politik werden, um die Quantentechnologie gemeinsam voranzubringen. Wie kam es zu dieser Vision?

L.F.: Es gibt eine Ideengeberin für das Thema im Haus, Cornelia Schlingelhoff. Sie hat den Markt im Blick und bekommt auch etwas von den Zukunftsthemen mit. So kam das Thema Quantentechnologien der zweiten Generation auf und das ist dann bei mir auf dem Tisch gelandet. Ich bin im Business Development tätig und habe u. a. die Aufgabe, das Marktpotenzial zu analysieren. Und da hat sich herausgestellt, dass Stuttgart ein sehr, sehr guter Standort für dieses Thema ist und dass auch eine Messe in diesem Bereich gewünscht wird.

Welche Bereiche der Quantentechnologie deckt die Messe ab?

L.F.: Wir decken alle vier Säulen aus diesem Bereich ab: Computing & Enabling Technologies, Software, Sensorik und Kommunikation. 

Auf welche Programmhighlights können sich Quantenbegeisterte besonders freuen?

G.v.V.: Wir sind Konferenz, Messe und Event und wollen einen Treffpunkt schaffen, der Spaß macht. Das ist uns oft in die Bücher geschrieben worden, weil die, die sich damit beschäftigen, nicht irgendwelche Nerds sind, sondern oft junge Leute, die Spaß daran haben, sich international zu vernetzen. Wir bieten am Vortag eine Tour, wo wir zum Beispiel im Quantum & AI Experience Center in Ehningen sind und dann abends auch gemeinsam Spaß haben und bei einem schönen Abendessen die Kulinarik aus Baden-Württemberg zeigen.

L.F.: Wir haben zusätzlich drei Bühnen. Es wird einen Science Slam geben, bei dem junge Wissenschaftler und Aussteller, dem Laienpublikum auf witzige Art und Weise zu erklären, was sich hinter der faszinierenden Welt der Quanten verbirgt. Wir haben auch eine Minigolfsimulation der Universität Stuttgart und einen E-Learning-Truck, in dem viele digitale und interaktive Angebote wahrgenommen werden können. Unser Ziel ist es, das Thema auch erlebbar und anschaulich zu präsentieren.

Für Startups gibt es ein eigenes Forum. Was erwartet einen dort?

L.F.: Das Forum soll Startups und Investoren zusammenbringen, um Kooperationen aufzubauen. Unser Hosting Partner Bosch Quantum Sensing wird ein spannendes und interaktives Programm für die Start-up Szene, die Industriepartner der Start-up Autobahn und die Besucher der Quantum Effects anbieten. Auf der Messe vertretene Startups haben hier die Möglichkeit sich zu präsentieren und Kontakte zu Investoren und potenziellen Kunden zu knüpfen.

Welche Chancen ergeben sich durch Quantentechnologie für den Maschinen- und Anlagenbau, für die fertigende Industrie?

G.v.V.: Quantentechnologie bezeichnen wir auch als Eisbergtechnologie. Wir sehen jetzt eine ganz kleine Spitze und an dieser Spitze kann man schon erkennen, dass wir hier in Baden-Württemberg durch tolle Cluster aus Forschung, Wissenschaft, Industrie, Politik führend sind. Und darunter kann sehr, sehr viel entstehen. Wir haben die Notwendigkeit, dass neue Industrien und Technologien hier nicht nur erfunden, sondern auch umgesetzt werden. Diese Technologien müssen auch hier Fuß fassen, weil es eben die der Zukunft sind. Deshalb arbeiten viele Kräfte daran, dass diese neuen Themen auch bei uns bleiben. Die Quantum Effects ist also der perfekte Ort, wo diejenigen, die sich schon damit beschäftigen, zu dieser Veranstaltung kommen und sich inspirieren lassen können, wie sie in Zukunft ihr Geld verdienen können.

Wie einsatzbereit ist Quantentechnik? Lässt sie sich heute bereits nutzen oder erst in 10 Jahren?

G.v.V.: Als Messeverantwortlicher ist es wichtig, die Branche zu verstehen, aber die Experten, die diese Frage beantworten können, sind dann auf der Quantum Effects. Ich glaube, wir brauchen einen langen Atem. Das ist keine Technologie, die in zwei Jahren die Welt umkrempelt, sondern das ist etwas, wo wir uns wirklich Schritt für Schritt gemeinsam weiterentwickeln müssen und wo die schnellen Erfolge vielleicht ein bisschen auf sich warten lassen. Die Quantentechnologien sind noch in einer Entwicklungsphase, die auch Zeit braucht.

L.F.: Wir haben auf jeden Fall gute Vorraussetzungen: Experten sagen, wir haben hier in Deutschland die besten Wissenschaftler zum Thema und gerade in Baden-Württemberg die Big Player und …

G.v.V.: … Weltmarktführer, schwäbische Tüftler und einen Ministerpräsidenten, der gesagt hat, wir sind „Quantenländ“.

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