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Herr Dr. Brandstetter, Grundfos treibt die Digitalisierung stark voran. Erklärtes Ziel ist es, künftig ein Systemlösungsanbieter rund um die Ressource Wasser zu sein. Heißt das, Sie verabschieden sich davon, einfach nur noch Pumpen zu verkaufen?
Wir wollen das eine tun ohne das andere zu lassen. Das heißt, die Entwicklung von Pumpen einschließlich der Themen Energieeffizienz und Anwendungsoptimierung wird immer unser Kerngeschäft bleiben. Doch wir wollen künftig weit darüber hinaus gehen, indem wir unseren Kunden von Einzelkomponenten bis hin zu modularen Systemlösungen, die für ihre Anwendungen passen, alles aus einer Hand anbieten wollen. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung von Vorteil, da sich dadurch für die Unternehmen in der Industrie viele Hürden auftun, die wir ihnen aus dem Weg räumen können, indem wir einen hohen Integrationsgrad für unsere Lösungen anpeilen. Dies können und wollen wir nicht alleine aus eigener Kraft schaffen, sondern auch gemeinsam mit Partnern. Dazu gehören beispielsweise IoT-Plattform-Anbieter wie Siemens und Alibaba.
Was heißt es denn konkret für ein Anwenderunternehmen in der Industrie, wenn Grundfos sich um das Management der Ressource Wasser kümmert?
Pumpen in der Industrie haben einen hohen Energiebedarf. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass sie nicht für die jeweilige Anwendung optimiert sind. Genau hier setzen wir an, indem wir uns das gesamte Umfeld anschauen und dem Kunden damit die Möglichkeit geben, den Betrieb seiner Pumpen und damit auch die Verfügbarkeit sowie die Kosten zu optimieren.
Lohnt sich das auch für Unternehmen wie Metall- oder Kunststoffverarbeiter, die Wasser und Pumpen ja nicht für Primär-, sondern für Sekundärprozesse nutzen?
Das ist für absolut jedes Unternehmen interessant, das sich mit der hydraulischen Optimierung des Gesamtanlagensystems und Energieeinsparungen befasst. Das Bundesamt für Wirtschaft und Außenkontrolle, kurz BAFA, hat ja im Februar erst eine Novellierung des Investitionsprogramms Bundesförderung für Energieeffizienz in der Wirtschaft veröffentlicht, nach der energieeffiziente Pumpen für industrielle und gewerbliche Anwendungen gefördert werden.
Bei Pumpen ist häufig von intelligentem Wassermanagement die Rede. Was bedeutet das konkret im industriellen Umfeld?
Die Fachgesellschaft Dechema hat vor zwei Jahren ein Positionspapier zum Thema intelligentes Wassermanagement herausgegeben mit dem Titel „Industriewasser 4.0“. Kern des Papiers ist, dass die Optimierung der Wasserkreisläufe eine essentielle Rolle spielen wird in der Industrie. Elementar ist dafür eine Kombination aus Energie- und Ressourceneinsatz. Entscheidend ist, welche Ressourcen gebe ich in meinem Prozess hinein, also wie viel Wasser und wie viel Energie wende ich auf. Mehr noch: Wie viel von dem, was ich in meinen sekundären Prozessen aufwende, kann ich wiederverwenden – etwa durch Wasseraufbereitung? Dafür stellen wir viele Komponenten wie etwa Dosierpumpen zur Verfügung. Doch nun gehen wir noch einen Schritt weiter, indem wir unseren Kunden verstärkt vordefinierte, für ihre industrielle Anwendung optimierte modulare Gesamtlösungen einschließlich digitaler Komponenten wie Predictive Maintenance bieten wollen. Wir sind also ein Systemintegrator. Für das Thema Wasseraufbereitung haben wir uns außerdem im Juni verstärkt durch die Akquisition von Eurowater, wie Grundfos ein dänisches Unternehmen.
Sie sprachen digitale Lösungen an. Grundfos bietet zum Beispiel Predictive Maintenance für seine Pumpen an. Auch gibt es mit der Isolutions Cloud eine eigene Plattform für digitale Services. Wie kommen die Lösungen bei Kunden in der Industrie an?
Wir verzeichnen eine sehr gute Nachfrage nach unseren digitalen Lösungen. Doch wir begleiten unsere Kunden auch auf ihrer digitalen Reise, indem wir unsere Lösungen modular gestalten. Viele Kunden sind hinsichtlich der Konnektivität und der Kommunikationsprotokolle festgelegt. Beim Erstellen eine Anlage berücksichtigen wir dies, doch kann der Kunde später im Betrieb flexibel eine Wechsel des Kommunikationsprotokolls vornehmen, wenn dies gewünscht ist. Solche Retrofit-Lösungen sind uns ein ganz großes Anliegen, da unsere Pumpen mitunter 20 Jahre oder länger im Betrieb sind.
Sie sagten eingangs, dass Sie auch mit Anbietern von IoT-Plattformen wie Siemens und Alibaba zusammenarbeiten. Haben Sie nicht Sorge, dass morgen ein IT-Unternehmen wie Amazon oder Google in das digitale Geschäft mit Pumpendaten einsteigt?
Ich bin da sehr entspannt, dass uns dieses Geschäft niemand aus der Hand nehmen wird. Denn letztlich ist das Wissen über die physikalischen Prozesse und die Branchen sehr wichtig bei diesen Anwendungen – und da haben wir ganz klar die Nase vorn. Ich habe auch sehr viel Respekt dafür, was unsere industriellen Kunden an Know-how haben in ihren Applikationen. Das lässt sich nicht einfach ersetzen durch ein breites Wissen über Big Data oder Künstliche Intelligenz. Wesentlich ist es hier, nicht wahllos alle Daten zu sammeln und auszuwerten, sondern die relevanten Daten zu identifizieren. Und hier halten wir ganz klar den Finger drauf, das ist unser großes Pfund für die Zukunft.
Kontakt:
Grundfos GmbH
Schlüterstr. 33
40699 Erkrath
Tel.: + 49211929693830
www.grundfos.com
Digitaler Fokus
Dr. Markus Brandstetter ist ein Verfechter der Digitalisierung. Er promovierte an der Technischen Universität Hamburg im Bereich Software-Automatisierung für Mikrosysteme. Bevor er zu Grundfos kam, berichtetet er an den CEO des Bosch-Geschäftsbereichs Gebäude und Energie. Er leitete dort zuletzt die operative Strategieentwicklung mit besonderem Fokus auf IoT und serviceorientierte Geschäftsstrategie. Davor hatte er verschiedene Führungspositionen in internationalen Konzernen wie Siemens und Alcatel inne. Die Ernennung des Deutschen ist für Grundfos ein wesentlicher Pfeiler für die Umsetzung der Grundfos-Strategie 2025, bei der die digitale Transformation im Fokus steht.