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Veränderungsprozess: Weg zum agilen Führungskonzept

Veränderungsprozess
Weg zum agilen Führungskonzept

Lange Entscheidungswege, häufige Rückfragen zur Absicherung und enge Prozessvorgaben ersticken oft die Produktivität und Kreativität im Keim. Maschinenbauer Dango & Dienenthal will deshalb agiler werden und bindet seine Mitarbeiter stärker ein.

Annette Neumann
Freie Journalistin in Kleinmachnow/Berlin

Am Anfang stand der dringliche Wunsch, sich von innen heraus zu verändern: Beim Siegener Sondermaschinenbauer Dango & Dienenthal sorgten Prozessverzögerungen und Schnittstellenprobleme allzu oft für Unzufriedenheit in der Belegschaft. Gleichzeitig galt es, schneller, kostengünstiger und innovativer zu werden und sich als Marktführer gegenüber neuen Wettbewerbern und bei steigenden Kundenanforderungen zu behaupten.

Im April 2016 kam die oberste Führungsebene unter der Federführung der Organisationsberatung Drittner zu einer zweitägigen Zukunftskonferenz zusammen und beschloss den Veränderungsprozess. Der Geschäftsführung und der Personalleiterin Iris Fritz war bewusst: Damit dieser Prozess zielführend ist, muss sich die ganze Organisation an der neuen Philosophie ausrichten. Auch braucht es eine klarere Führung mit mehr Transparenz und Umgang auf Augenhöhe.

Um die neue Strategie und die daraus abgeleiteten Führungsleitlinien top-down ins Unternehmen zu tragen, wurden für die Führungskräfte der zweiten und dritten Ebene Workshops aufgesetzt. Was bedeutet die Veränderung für uns, und welche Rahmenbedingungen für eine flexiblere Arbeitsweise brauchen wir, damit die Mitarbeiter mitgehen? „Die Führungskräfte erkannten, dass ihre Mitarbeiter nur dann Initiative und Motivation für Veränderung entwickeln, wenn man sie zu Beteiligten macht“, sagt Ralf Drittner. Für eine gemeinsame Marschrichtung war es wichtig, die Mitarbeiter mehr in die Gestaltung der Arbeitsprozesse einzubeziehen und sie gleichzeitig in ihrer Kompetenz stärker wahrzunehmen. Co-Beraterin Barbara Grau machte deutlich: „Eine agile Kultur kann nur dann entstehen, wenn Ziele nicht nur top-down, sondern auch bottom-up von den Mitarbeitern selbst erarbeitet und umgesetzt werden.“

Vorbereitung auf die Arbeitswelt 4.0

Mit dem gefassten Entschluss, die strategische Neuausrichtung aktiv mit allen Beteiligten umzusetzen, begann sich das Rad der Kulturveränderung zu drehen. Beschlossen wurde der Vorschlag der Berater, selbstorganisierte und interdisziplinäre Arbeitskreise, auch Innovationszirkel genannt, einzuführen, um Prozesse zu verbessern und mehr Entscheidungsfindung in die Teams abzugeben. Auch wenn dies für viele Führungskräfte kein einfacher Schritt war. „Führungskräfte mussten ihren alten Mantel ablegen. Ihre Rolle war nicht mehr die des besten technischen Fachmanns, sondern des Gestalters ihres Bereichs“, sagt Personalleiterin Fritz.

Im Verlauf des Veränderungsprozesses wurde in flankierenden Führungskräftetrainings neben der Reflexion der eigenen Rolle auch das Führen in verschiedenen Situationen und mit unterschiedlichen Charakteren von Mitarbeitern eingeübt. Insbesondere die Reflexion der eigenen Führungsrolle führte zu einer wichtigen Erkenntnis: „Wir werden als Führungskräfte immer noch gebraucht, aber stärker als Gestalter und Feedbackgeber denn als alleiniger Lösungsfinder.“

Mein Mitarbeiter ist die beste Fachkraft

Im Laufe des zweiten Halbjahres 2016 entstanden insgesamt fünf Arbeitskreise (AK) mit jeweils sechs bis acht Mitarbeitern, die auf freiwilliger Basis selbstorganisiert und bereichsübergreifend zusammenarbeiten: Beispielsweise optimierten die Mitarbeiter des AK Versand bereits die Abwicklung im Ersatzteilgeschäft und der AK Orga setzt Vorschläge zur besseren bereichsübergreifenden Zusammenarbeit um. Im sogenannten „Kernteam“ stimmen sich die Leiter der Arbeitskreise auch mit neu hinzu kommenden Themen untereinander und mit der Geschäftsleitung ab. „Durch dieses Format kam mehr Innovationskraft und Beweglichkeit in die Prozesse, die stetig weiter optimiert werden. Auch das neue Führungsverständnis verankert sich langsam bei den meisten Führungskräften“, weiß Personalchefin Fritz.

Viel positive Rückmeldung gibt es daher für ein weiteres Format, das seit Dezember an den Start gegangen ist: Die kollegiale Beratung unterstützt durch regelmäßigen, strukturierten Austausch Führungskräfte dabei, gemeinsam Lösungen für Herausforderungen im Führungsalltag zu entwickeln. Zunächst durch die Beraterlotsen angeleitet, kommen die Führungskräfte selbstständig zusammen, um sich gegenseitig zu stärken. Begleitende Einzelcoachings unterstützen zusätzlich die Reflexion der Führungshaltung.

Heute, zwei Jahre nach Beginn des Veränderungsprozesses, der weitere parallel laufende Lean-Maßnahmen zur Verbesserung der Ablauforganisation und dem damit angestrebten Effizienzgewinn beinhaltet, zieht die Personalleiterin Iris Fritz Bilanz: „Unser 150-jähriges Unternehmen ist in Bewegung gekommen. Mehr Agilität, mehr Zeit für Führung und mehr Rollenklarheit haben uns gut getan und wir merken, dass sich die Motivation der Mitarbeiter verbessert. Es liegt noch viel vor uns, aber wir sind auf einem guten Weg.“


Sechs Prinzipien für agile Organisationen

Welche Prinzipien müssen auf dem Weg zu einem agilen Unternehmen beachtet werden? Sechs Handlungsanleitungen:

  • Die eigene Lerngeschwindigkeit akzeptieren. Neue Organisationsprinzipien wie etwa die Einführung von Arbeitskreisen brauchen Zeit, um ihre Wirkung voll zu entfalten. Am Anfang des Prozesses gilt es, zunächst Geschwindigkeit herauszunehmen, bevor dieser an Fahrt aufnimmt.
  • Ideen und Innovationen entstehen im Kollektiv. Wenn Mitarbeiter bereichsübergreifend in Arbeitskreisen an Themen arbeiten, wird ihr Expertenwissen genutzt und der Blick über den Tellerrand gefördert. Es entsteht ein trainiertes Team, das Innovationen hervorbringt und eigenverantwortlich Lösungen fin- det, die die Organisation schneller machen.
  • Partizipative Führung erfordert neue Haltung. Der Abbau von Hierarchien und Kontrolle erfordert Vertrauen in die Mitarbeiter und den gemeinsamen Lern- und Gestaltungsprozess. Es gilt, Mitarbeiter zu ermutigen, Entscheidungen zu treffen und ihnen dabei Halt und Orientierung zu geben.
  • Diversity statt Einförmigkeit. In seiner Andersartigkeit wahrgenommen und anerkannt zu werden, sorgt für eine höhere Identifikation des Mitarbeiters mit seiner Arbeit und bestärkt sein Streben nach Erfolg. Heterogene Teams, die eine Vielfalt an Kompetenzen und Erfahrungen vereinen, kommen zu besseren Ergebnissen.
  • Selbstorganisation ist kein Selbstläufer. Wenn Führungskräfte mehr Begleiter als Handelnde sind, kann dies dazu führen, dass sie sich überflüssig oder gar nutzlos fühlen. Rollenverständnisse sollten daher geklärt und eingeübt werden. Es gilt, den Wert anzuerkennen, den es hat, andere bei ihren Entscheidungen zu begleiten.
  • Der Prozess ist niemals abgeschlossen. Das Vorgehen ist iterativ und verläuft in Schleifen mit Rückkoppelung. Veränderungen, die sich nicht als erfolgreich erwiesen haben, werden zurückgenommen, andere ausprobiert. Das macht eine lernende Organisation aus.

Quelle: Drittner-Training & Development, systemische Organisationsentwicklung

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