Startseite » Management »

„Wir brauchen radikale Innovationen“

Ein Gespräch mit den Autoren des Buches „TechnologieManagement – Radar für Erfolg“
„Wir brauchen radikale Innovationen“

Innovation muss viel radikaler betrieben werden, um ganz neue Ansätze zum Einsatz zu bringen, fordern die Fraunhofer-Wissenschaftler Prof. Dieter Spath, Prof. Joachim Warschat und Antonio Ardilio. In ihrem gemeinsamen Buch „TechnologieManagement – Radar für Erfolg“ sagen sie, warum es so wichtig, von evolutionären hin zu revolutionären Entwicklungen zu kommen.

Wir leben in einer Zeit technologischer Umbrüche, die in vielen Bereichen spürbar werden. Sehen Sie einen Wandel in der Denkweise, wie Innovation zu betreiben ist?

Prof. Spath: In der Tat. Das bisherige Grunddenken lautete: Wir müssen immer etwas besser sein als die anderen, weil wir teurer sind. Inkrementelle Innovationen reichten aus, um den Vorsprung zu halten. Das wird künftig nicht mehr genügen, weil sich durch die Entwicklung der Schwellenmärkte eine dramatische Verspannung auf der Ressourcenseite ergeben hat. Mit dem wachsenden Wohlstand in China, Indien, Brasilien sowie Teilen Osteuropas sind Milliarden neuer Konsumenten hinzugekommen. Dies hat zu einer nicht unerheblichen Steigerung der Rohstoffkosten geführt – nicht nur bei Energie und Erdöl, was uns an der Tankstelle sofort ins Auge sticht. Wir beobachten Vergleichbares vom Stahlpreis bis zu den Kunststoffen. Fazit: Wir müssen uns daran gewöhnen, Innovation viel radikaler zu betreiben, um ganz neue Ansätze zum Einsatz zu bringen. Denn die schrittweisen Verbesserungen beim Ressourceneinsatz bringen uns nicht mehr wirklich weiter. Wir müssen von evolutionären hin zu revolutionären Entwicklungen kommen. Davon ist übrigens auch in unserem gemeinsamen Buch die Rede.
Herr Professor Warschat, wo sehen Sie bei den Lesern Ihres Buches, die ja mehrheitlich aus der mittelständischen Industrie kommen, den dringendsten Handlungsbedarf?
Prof. Warschat: Technologiemanagement ist auch für die kleinen und mittelständischen Unternehmen zunehmend ein zentrales Thema. Denn es gibt eine Grundtendenz in vielen Branchen, Innovationen von den ‚Großen’ zu den ‚Kleinen’ zu schieben. Denken Sie an die Automobilhersteller: Die verlagern wesentliche Aufgaben zu den Tier 1-Zulieferern, diese zu den Tier 2 und so weiter. Am Ende muss sich dann auch noch der kleinste Lieferant der Aufgabe stellen, selbst innovativ zu sein und nicht nur einfach das zu tun, was ihm im Pflichtenheft vorgeschrieben wird. Die Unternehmen müssen aktiv suchen, in welchen Bereichen sie selbst innovativ sein können. Dazu benötigt man eben Technologien, die man nicht auf der Messe erfragen kann. Und die muss man sich erarbeiten.
Antonino Ardilio: Wir stellen fest, dass es hier vor allem in methodischer Hinsicht Handlungsbedarf gibt. Und hinsichtlich der Rolle, die einzelne Akteure im Innovationssystem spielen. Auch kleinere Betriebe müssen ihre eher passive Position aufgeben und selbst als Innovatoren aktiv werden. Dies kann in der Konsequenz bedeuten, dass sich in der Zulieferstruktur die Kräfteverhältnisse verschieben werden. Wer die Wirtschaftspresse aufmerksam verfolgt, wird gesehen haben, dass eine ‚Fensterheberfirma’ und ein Spezialist für Antriebstechnik ein Joint Venture zum Thema Antriebe eingegangen sind.
Prof. Warschat: Ein interessanter Punkt. Die Forderung nach Technologiemanagement erreicht gerade dort eine hohe Dynamik, wo es noch kein dominantes Paradigma gibt – in der Elektromobilität beispielsweise. Denn hier werden die Karten neu gemischt. In solchen hochdynamischen Feldern sind die Kleinen unter Umständen bedroht, weil sie auf Technologien setzen, die nicht mehr benötigt werden. Auf der anderen Seite haben sie aber auch die Chance, in ganz neue Bereiche vorzustoßen, indem sie sich beispielsweise mit anderen zusammentun.
Prof. Spath: Was wir erleben, ist eine grundlegende Veränderung der Spielregeln – und zwar in vielen Branchen. Die Dynamik nimmt praktisch überall zu. Das heißt für uns als Forscher, dass wir verstärkt an neuen Instrumenten des Technologie- und Innovationsmanagements arbeiten müssen. Auch hier ergeben sich durch die immer weiter fortschreitende Vernetzung von Technologie- und Kompetenzfeldern neue Herausforderungen.
Sie spielen auf die auch in der Öffentlichkeit geführte Diskussion an, unterschiedliche wissenschaftliche Fachdisziplinen zu Innovationsclustern zu verknüpfen. Wo sehen Sie signifikante Anwendungsfelder für solche interdisziplinären Ansätze?
Prof. Spath: Wenn wir einen großen Zusammenhang betrachten wollen, kommt mir das Thema Urbanisierung in den Sinn, das heute und in Zukunft nicht nur die Gemüter der Wissenschaft bewegen wird. Die Chancen, die sich heute im Bereich erneuerbarer Energien, Elektromobilität, urbaner Produktion oder mobiler Informations- und Kommunikationstechnologien ergeben, sind für die Städte der Zukunft als zentrale Lebensräume unserer Gesellschaft von immenser Bedeutung. Wir müssen alle stadtrelevanten Technologiefelder zusammenhängend und systemisch erforschen, um heutige und zukünftige Synergien und Wechselwirkungen zu identifizieren und nutzbar zu machen für die Vision einer nachhaltigen und positiven Urbanität.
Prof. Warschat: Was wir sowohl für die urbane als auch die industrielle Zukunft brauchen, sind eben die genannten radikalen Innovationen. Wir müssen unsere Suchraster ausweiten, Denkblockaden überwinden. Aber wir tun gut daran, diesen Weg nicht einzuschlagen, ohne die zuverlässige Navigation des Technologie- und Innovations-Managements im Reisegepäck zu haben.
Antonino Ardilio: Und an der Entwicklung dieser Instrumente arbeiten wir bereits mit Hochdruck.
Technologiemanagement – Radar für Erfolg , Dieter Spath, Joachim Warschat, Antonino Ardilio, LOG_X Verlag GmbH, Ludwigsburg, ISBN 978-3-932298-43-1, 144 Seiten, 39 Euro
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de