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„Wir setzen auf Technologie“

Europa-Präsident Markhoff sieht Wachstumschancen für Sabic Innovative Plastics
„Wir setzen auf Technologie“

Das Petrochemie-Unternehmen Sabic hat 2007 den Kunststoffhersteller GE Plastics für 11,6 Mrd. US-Dollar übernommen. Wie sich Sabic Innovative Plastics technologisch und marktpolitisch weiter entwickelt, erläutern die Manager Heiner Markhoff und Volker Kessler.

Herr Markhoff, welche Rolle kommt dem Kunststoffhersteller Sabic Innovative Plastics zu, der nun Teil des saudischen Petrochemie-Konzerns Sabic ist?

Sabic hat sich vor Jahren das Ziel gesetzt, 2020 ein Geschäftsvolumen von 60 Milliarden Dollar zu erreichen mit einem Anteil von 15 bis 20 Prozent in den Bereichen Spezialitätenchemie und Kunststoffe. Mit der Akquisition von GE Plastics ist dies fast schon erreicht, gleichzeitig verläuft das Wachstum steiler als angedacht. Wir passen als Spezialitäten-Kunststoffanbieter sehr gut in diese saudische Strategie und bringen eine Technologie mit, die Sabic über Jahre hätte selbst entwickeln müssen.
Verändert sich die strategische Ausrichtung von Sabic Innovative Plastics, der früheren GE Plastics?
Nein, unsere strategische Richtung halten wir fest. Sie besteht darin, dass wir uns durch Innovation, Anwendungsentwicklung und neue Produkte im Markt positionieren und vom Wettbewerb absetzen. Wir werden also weiterhin sehr stark auf Technologie setzen. Neu ist die Einbindung in einen Konzern, der Chemie und Kunststoffe als Herzstücke sieht. Dies bietet die Möglichkeit, uns entlang der Supply Chain zu integrieren und Entwicklungen in neuen Märkten gemeinsam voran zu treiben.
Welches Ziel verfolgt Sabic bis 2020?
Die Ziele für 2020 werden sicher noch nach oben angepasst, wie ich schon ausgeführt habe. Lassen Sie es mich so sagen: Sabic ist jetzt das siebtgrößte Chemieunternehmen der Welt und hat das Ziel, eines der größten zu werden.
Welchem Zweck dient der Bau des neuen „Energiekompetenzzentrums“ in den Niederlanden?
Dieser Ausbau unseres Center of Excellence in Bergen-op-Zoom dient der Anwendungsentwicklung im Bereich der Solarenergie. Wir versuchen, Lösungen mit High-Performance-Kunststoffen zu entwickeln, um die schweren und zunehmend kostenintensiven Metalle in photovoltaischen und thermischen Anlagen substituieren zu können.
Welche Rolle spielt der Automobilbau für Sabic Innovative Plastics?
Das Automobilgeschäft macht rund 25 Prozent aus und ist damit ein strategisch wichtiges Standbein. Wir sind Pioniere für den Kunststoff-Einsatz im Auto und arbeiten weiter mit Kunden an Lösungen zur Gewichtsreduktion und Teileintegration.
Wie arbeiten Sie mit kleineren Unternehmen zusammen?
Für uns als Kunststoffhersteller ist die gesamte Wertschöpfungskette von Bedeutung. Wir müssen einerseits unsere Materialien beim OEM spezifizieren, sowohl im Elektro- als auch im Business-Equipment- und im Automobilbereich. Gleichzeitig ist die Zusammenarbeit mit Tier-1- und Tier-2-Suppliern wichtig. Dafür haben wir Teams, die regional als auch global mit OEM und Zulieferern zusammenarbeiten, um Produkte zur Anwendung zu bringen. Und für kleinere Kunden haben wir strategische Distributionspartner.
In der öffentlichen Darstellung scheint der Automobilbereich im Vordergrund zu stehen…
In den letzten zwei Jahren haben wir sicher automobile Anwendungen besonders öffentlichkeitswirksam vorgestellt. Dennoch decken wir sehr viele Märkte ab und liefern Kunststoffe in großer Breite, zum Beispiel auch für Elektrische Infrastruktur, Business Equipment, Telekommunikation, Health Care oder Consumer Products.
Gehen Sie auch auf Nischenmärkte ein?
Ja, um aussichtsreiche Nischenbereiche kümmern sich spezielle Marketing- und Entwickler-Teams. So gibt es auch Bereiche wie Sportgeräte oder Skibrillen, in denen unsere Materialien eingesetzt werden.
Herr Kessler, Sabic Innovative Plastics ist ja sehr stark beim Automobil-Glazing. Wann geht die erste Scheibe in Serie, die mit Funktionsteilen wie Scharnieren, Griffen oder Leuchten spritzgegossen wird?
Sie ist schon im Markt. Ich kann Ihnen zwei Beispiele für solche Polycarbonat-Verscheibungen nennen, die in jüngerer Vergangenheit in Serie gegangen sind. Zum Beispiel das hintere, feststehende Seitenfenster des neuen Seat Leon, das eine Vertiefung für den Türgriff hat. Dabei handelt es sich um ein 2K-Spritzgussteil mit einer äußeren und einer integrierten Komponente. Mit Polycarbonat können wir Dinge tun, die mit Glas nicht vorstellbar sind.
Welchen Zweck erfüllt diese besondere Polycarbonat-Scheibe?
Obwohl der Leon ein Fünftürer ist, bietet er ein Coupé-haftes Aussehen. Dazu musste der klassische Türgriff verschwinden. Er wanderte nach oben in eine Vertiefung der Scheibe, in die man greifen und so die Tür öffnen kann.
Und das zweite Beispiel?
Der zwei Jahre alte europäische Honda Civic hat unter der Heckscheibe ein Zusatz-Fenster, in das die Spoiler-Lippe und die dritte Bremsleuchte integriert sind. Auch dies ist ein 2K-Bauteil, das Funktionselemente wie diverse Befestigungen aufnimmt, und sich so in Glas nicht realisieren lassen würde. Honda hat auch den Sichtbereich für den Fahrer vergrößert, verglichen mit einer Lösung aus Glas.
Welche PC-Vorteile kommen hier zum Tragen?
Durch den Spritzgussprozess können wir Zusatzelemente integieren, die bei Glas montiert oder geklebt werden müssten. Außerdem lassen sich 30 bis 50 Prozent Gewicht einsparen. Insbesondere bei Dächern hat das einen hohen Stellenwert, weil oben Gewicht rausgenommen werden kann. Außerdem sind Geometrien möglich, über die heute noch keiner nachgedacht hat. Warum muss denn eine Scheibe immer flach sein? Für die PC-Verscheibung sehe ich daher einen wachsenden Markt.
Wo überall im Auto könnte Polycarbonat eingesetzt werden?
Denken Sie nur an die Scheinwerfer-Abdeckungen. So gut wie keine heutige Ausführung ist in Glas darzustellen. Die OEM nutzen dieses Bauteil, um eine Marktidentität zu schaffen – die Scheinwerfer sind heute auch Design-Elemente. Ähnliches prophezeie ich für die PC-Verscheibung. Durch den Spritzguss bietet sie Design- und zusätzliche Integrationsmöglichkeiten.
Wie aktiv sind Sie beim Glazing?
Wir beschäftigen uns damit schon 15 Jahre. Seit Juni 2007 haben wir ein Center of Excellence für Automotive-Verscheibungen in Europa, in das wir stark investierten.
Herr Markhoff, wie organisieren Sie den Vertrieb im deutschsprachigen Bereich?
Wir haben unser Team lokal vor Ort in Rüsselsheim, sowohl Vertriebsmitarbeiter als auch Anwendungs- und Prozessfachleute.
Wie sieht das Wettbewerbsumfeld für Sabic Innovative Plastics heute aus?
Im Markt ist ein großer Wandlungsprozess im Gange, auch aufgrund der extrem gestiegenen Rohstoffkosten. Mit Sabic im Hintergrund sind wir strategisch hervorragend aufgestellt, um langfristig ein wichtiger Player mit Führungsrolle zu sein. Hier kommt uns unsere Technologie und Anwendungsentwicklung zugute.

Seat Leon: PC-Scheibe ersetzt sieben Teile

Der 2005 in den Markt eingeführte Seat Leon hat das Aussehen eines Coupés, obwohl er ein Fünftürer ist. Möglich macht dies ein 2K-Spritzgießteil aus Polycarbonat (PC): das hintere Seitenfenster. Um Platz für den Türöffner zu schaffen, der in klassischer Bauweise das sportliche Design beeinträchtigen würde, hat die Scheibe eine Vertiefung bekommen, in welcher der Griff positioniert ist. Sie besteht aus einem harten, kristallklaren Polycarbonat Lexan LS2 und ist mit einem Silikon-Mantel beschichtet, der Wetter und Abrasion paroli bietet – hergestellt im 2K-Spritzgussprozess. Das PC-Teil senkt das Gewicht im Vergleich zu Glas um 40 % und ersetzt sieben Teile.
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