Der Begriff ‚betriebliches Mobilitätsmanagement‘ ist relativ neu. „Bis vor etwa zehn Jahren beschränkte sich das Angebot der Unternehmen im Bereich der Mobilität hauptsächlich auf Firmenwagen. Erst in den letzten Jahren hat hier ein Wandel stattgefunden – statt ausschließlich auf Firmenwagen setzen viele Unternehmen zunehmend auf ein multimodales Mobilitätsangebot. Im Prinzip ist die betriebliche Mobilität ein Spiegelbild der öffentlichen Mobilität in Städten und Kommunen, mit Auto- und Fahrradverkehr, ÖPNV oder auch Sharing-Angeboten“, erklärt Dr. Isabella Geis, Senior Manager und Mobilitätsexpertin bei der Unternehmensberatung Q_Perior.
Ausschlaggebend seien hier vor allem die Kosten gewesen, so Geis. Izwischen spielten Fragen der Nachhaltigkeit, des Klimaschutzes und der Arbeitgeberattraktivität eine immer größere Rolle. Und mit jedem Argument für die betriebliche Mobilität habe sich auch das Angebot dessen, was bereitgestellt wird, ein bisschen verändert. Ging es früher einfach nur darum, den Bau zusätzlicher Parkplätze und die damit verbundenen Kosten vermeiden zu können, stehen heute eher die Mitarbeiterbindung und -gewinnung sowie die CO2-Reduzierung im Vordergrund. Im Maßnahmenkatalog der Unternehmen finden sich daher zunehmend Angebote wie zum Beispiel Jobtickets oder Dienstfahrräder.
Bei der Einführung gibt es jedoch einiges zu beachten. „Betriebliche Mobilität ist immer mit einem Transformationsprozess verbunden“, sagt Geis. „Für den Erfolg und die Akzeptanz der geplanten Maßnahmen ist es deshalb sehr wichtig, sauber und transparent zu kommunizieren und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Entscheidungen einzubeziehen. Denn mit betrieblicher Mobilität verändert man interne Prozesse. Das kann bedeuten, dass Mitarbeiter ihren Anspruch auf einen Parkplatz verlieren, was für viele eine Frage des Status und deshalb immens wichtig ist. Es kann auch heißen, dass Firmenwagenberechtigungen anders vergeben werden. Auch das wird nicht immer gern gesehen, insofern kann die Einführung durchaus kritische Aspekte haben. Umso wichtiger ist deshalb eine frühzeitige und umfassende Einbeziehung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Betriebliches Mobilitätsmanagement ist kein Selbstgänger. Der gesamte Prozess braucht viel Aufmerksamkeit und jemanden, der quasi das Gesicht der Kampagne ist und bei dem alle Fäden zusammenlaufen“, so Geis.
Waren es bisher vor allem große Unternehmen, die sich mit der Frage der betrieblichen Mobilität beschäftigten, sind inzwischen auch der Mittelstand und kleinere Unternehmen sehr aktiv. „Oft sind das Betriebe, die keinen Firmensitz in zentraler Lage haben“, erklärt Geis. „Wenn das Auto die einzige Möglichkeit ist, diese Unternehmen zu erreichen, dann schränkt das die Chancen für die Gewinnung neuer Mitarbeiter enorm ein. Handelt es sich zudem um einen Betrieb, der Auszubildende sucht, die vielleicht noch nicht einmal einen Führerschein, geschweige denn ein Auto haben, dann steigt der Handlungsdruck noch stärker an.
Elektrifizierung des Fuhrparks
Betriebliche Mobilität hänge nicht von der Betriebsgröße ab, jedes Unternehmen habe die Möglichkeit, etwas zu tun. „Kleine Unternehmen können sich auch in einem Verbund mit den Nachbarn zusammenschließen und beispielsweise gemeinsam ein Jobticket aushandeln, einen Werksbus aufsetzen oder ein Mobilitätsbudget einführen. Alles, was sie brauchen, sind eine kritische Masse und geteilte Ressourcen. Bei einem Handwerksbetrieb mit zehn Mitarbeitern ist die Verhandlungsmasse vermutlich eher dürftig, aber fünf solcher Betriebe im Verbund sind schon eine andere Größenordnung und können dementsprechend mehr umsetzen.“
Bei der DG Nexolution eG mit Sitz in Wiesbaden hat man bereits 2014 mit der Elektrifizierung des Fuhrparks begonnen und vor zwei Jahren ein Projekt zur Weiterentwicklung der betrieblichen Mobilität aufgesetzt. „Begonnen haben wir mit einer umfangreichen Analyse der Pendlerströme und der Wohnstandorte sowie einer Mitarbeiterbefragung“, erläutert Dr. Bertram Harendt, Gruppenleiter Immobilienmanagement & Mobilität, IT & Organisation.
„Auslöser für eine Erweiterung des betrieblichen Mobilitätsmanagements waren vor allem Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte. Wir haben 2020 den CO2-Footprint unseres Unternehmens ermittelt, und waren tatsächlich erstaunt festzustellen, in welchem Ausmaß die betriebliche Mobilität zu den CO2-Emissionen beträgt. Für uns sind die Pendlerströme der größte Beiträger mit einem Anteil von knapp 40 Prozent. Erst danach kommen Strom, Wärme und die sonstige betriebliche Mobilität wie beispielsweise Dienstreisen. Diese Emissionen wollten wir reduzieren und wo das nicht möglich war, entsprechend kompensieren. Beim Tanken und bei Flugreisen wird für diese Kompensation nun jeweils ein Zuschlag gezahlt, mit dem zertifizierte Klimaprojekte unterstützt werden. Generell gilt für Dienstreisen, dass öffentliche Verkehrsmittel Vorrang haben, private PKW werden nur in Ausnahmen genutzt und Strecken unter 600 km nur noch mit dem Zug zurückgelegt.“
Der Fuhrpark des Unternehmens mit rund 35 Fahrzeugen werde weitgehend auf elektrisch umgestellt, nur in Ausnahmefällen wie zum Beispiel bei Außendienstmitarbeitern, sei noch der Diesel als effizienter Antrieb zulässig. „Gleichzeitig haben wir in die Ladeinfrastruktur investiert, die sowohl für die Firmenfahrzeuge als auch von Mitarbeitern genutzt werden kann, die privat mit dem Elektrofahrzeug kommen. Dieses „Laden beim Arbeitgeber“ wird vom Land Hessen mit 40 Prozent der Investitionskosten gefördert“, so Harendt. „Um unsere Mitarbeiter zu ermuntern, mit dem Rad zur Arbeit zu kommen, gibt es inzwischen eine Reihe von Duschen und Umkleiden, außerdem die Möglichkeit, die Räder sicher in der Tiefgarage abzustellen. Darüber hinaus haben wir Reparaturstellen und Lademöglichkeiten für E-Bikes. Wir sind damit vom ADFC als fahrradfreundlicher Arbeitgeber zertifiziert, etwas, das wir auch bei der Mitarbeiterakquise erfolgreich einsetzen. Im nächsten Schritt planen wir die Anschaffung von Dienstfahrrädern.“
Ein etwas zäheres Thema sei der ÖPNV. Um die schlechte Anbindung an den Hauptbahnhof zu verbessern und damit auch Mitarbeitern, die im Umland wohnen, den Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel zu erleichtern, ist man derzeit in Verhandlungen mit dem zuständigen Nahverkehrsunternehmen, um eine direkte Busanbindung zu erreichen. Ebenfalls geprüft wird die Einführung eines Jobtickets.