Die auf den nicht recycelten Verpackungsabfällen aus Kunststoff basierenden EU-Eigenmittel, die sogenannten Kunststoff-Eigenmittel, haben seit ihrer Einführung 2021 mit Problemen zu kämpfen, wie ein jetzt vom Europäischen Rechnungshof veröffentlichter Bericht schlussfolgert. Demnach sei die Umsetzung weder rechtzeitig überwacht noch unterstützt worden, und die meisten EU-Länder seien auf diese Aufgabe nicht vorbereitet gewesen.
Da es anhaltende Probleme mit der Vergleichbarkeit und Zuverlässigkeit der Daten gebe und nicht ausreichend kontrolliert werde, ob Verpackungsabfälle aus Kunststoff auch tatsächlich recycelt werden, werde die Einnahmequelle wahrscheinlich falsch berechnet.
Anreiz, den Verbrauch von Einwegkunststoffen zu verringern
Die Kunststoff-Eigenmittel sollen einerseits zur Rückzahlung der für das Corona-Hilfspaket der EU aufgenommenen Kredite beitragen. Andererseits sollen sie einen Anreiz schaffen, den Verbrauch von Einwegkunststoffen zu verringern, die Recyclingraten zu steigern und die Kreislaufwirtschaft anzukurbeln.
Sie bestehen aus einem nationalen Beitrag, der mit 80 Cent pro Kilogramm nicht recycelter Verpackungsabfälle aus Plastik berechnet wird. Da die entsprechenden Daten jeweils immer erst nach zwei Jahren vorliegen, basieren die Beiträge auf Prognosen, die im Nachhinein angepasst werden. 2023 beliefen sich die Einnahmen aus den Kunststoff-Eigenmitteln auf 7,2 Mrd. Euro – rund 4 % der Gesamteinnahmen der EU.
„Die Berechnung der Abfälle hat noch zu viele Schwachstellen“, berichtet Lefteris Christoforou, für die Prüfung zuständiges Mitglied des Rechnungshofs. „Wir fordern die Europäische Kommission daher auf, unverzüglich Abhilfe zu schaffen und die Erfahrungen bei der Erschließung künftiger Einnahmequellen für die EU zu berücksichtigen.“
Uneinheitliche Definitionen und ungeeignete Methoden
Nachdem die Umsetzung in nationales Recht abgeschlossen war, hatte ein externer Auftragnehmer Konformitätskontrollen durchgeführt. In den meisten Fällen, so stellten die Prüfer fest, sei mindestens eine zentrale Bestimmung – etwa die Definitionen von Kunststoff und Verpackung oder die Berechnung der angefallenen und recycelten Kunststoffabfälle – nicht ordentlich umgesetzt worden.
Diese Probleme aufzuarbeiten, könne Jahre in Anspruch nehmen. Bis dahin dürften die EU-Länder nach Auffassung der Prüfer wahrscheinlich weiterhin uneinheitliche Definitionen und ungeeignete Methoden für die Datenzusammenstellung verwenden, was sich auf die Berechnung ihrer Beiträge auswirke.
Verpackungsabfälle viel höher als erwartet
Im ersten Jahr der Umsetzung der Kunststoff-Eigenmittel (2021) hätten 22 EU-Länder einen Betrag prognostiziert, der niedriger gewesen sei als der später anhand der endgültigen Daten berechnete, heißt es weiter. Die für 2021 insgesamt prognostizierte Gesamtmenge an nicht recycelten Verpackungsabfällen habe um 1,4 Mio. t unter der 2023 gemeldeten tatsächlichen Menge gelegen.
Die Folge: Die Kunststoff-Eigenmittel für 2021 seien um 1,1 Mrd. Euro – und somit um fast ein Fünftel der in jenem Jahr erhobenen 5,9 Mrd. Euro – zu niedrig angesetzt worden und hätten aus einer anderen Einnahmequelle ersetzt werden müssen, um den Haushalt auszugleichen.
Schätzungen der EU-Länder zum Recycling wenig zuverlässig
Die Prüfer stellten fest, dass nur sechs EU-Länder Recyclingdaten meldeten, die ganz am Anfang des Verfahrens erhoben wurden, wie in den Rechtsvorschriften vorgeschrieben. Die übrigen hätten hauptsächlich Daten verwendet, die am Ausgang der Sortieranlage erfasst wurden, und mit durchschnittlichen Verlustquoten kalkuliert.
Dies mache die Schätzungen der EU-Länder zum Recycling schwer vergleichbar und wenig zuverlässig und behindere die Berichterstattung darüber, wie die in der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle festgelegten Recyclingziele erreicht werden.
Großer Teil der Verpackungsabfälle wird gar nicht recycelt
Da ausreichende Kontrollen fehlten, bestünde schließlich ein hohes Risiko, dass ein Teil der Verpackungsabfälle in Wirklichkeit nicht recycelt würde. Würden als recycelt deklarierte Abfälle verbrannt, entsorgt oder auf Deponien verbracht, so stelle dies nicht nur eine Umweltstraftat dar, sondern führe auch zu einer ungerechtfertigten Verringerung der Eigenmittel-Beträge.
Den Prüfern zufolge besteht dasselbe Risiko auch für aus der EU ausgeführte Kunststoffabfälle, da die EU-Länder derzeit nicht überprüfen könnten, ob die Recyclingbedingungen in Nicht-EU-Ländern den EU-Anforderungen entsprechen. Sie empfehlen daher Maßnahmen, um dieses Risiko einzudämmen.
Der Sonderbericht 16/2024 „EU-Einnahmen auf der Grundlage nicht recycelter Verpackungsabfälle aus Kunststoff: Ein herausfordernder Start, der durch nicht ausreichend vergleichbare oder zuverlässige Daten noch erschwert wird“ ist online abrufbar. (jpk)