Gemeinsam mit dem Open District Hub (ODH) macht der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) konkrete Vorschläge zur wirtschaftlichen und machbaren Umsetzung von Energy Sharing in Deutschland. Die beiden Verbände haben hierzu ein gemeinsames Positionspapier veröffentlicht. Darin betonen sie, dass die geplante Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) ein entscheidender Schritt in diese Richtung sei, aber noch nicht ausreiche.
Das Energiesystem der Zukunft wird durch Dezentralisierung bestimmt und muss auch von dort gedacht werden: Millionen von Erzeugungsanlagen und Prosumern (Produzenten und Verbraucher in einem) bilden zunehmend das Rückgrat. „Wenn erneuerbare Energie vor Ort erzeugt und genutzt wird, sollte sie auch geteilt werden können“, so die beiden Verbände. Energy Sharing würde deutlich
- die Kosten für die Endverbraucher senken,
- auf die Akzeptanz der Energiewende einzahlen und
- eine effiziente Nutzung der erneuerbaren Erzeugung steigern.
Zentrale Forderungen des Positionspapiers
Konkret fordern BVES und ODH in ihrem Positionspapier zum Energy Sharing folgendes:
- Unkomplizierter, lokaler Austausch von Energie: Mehrere Akteure – egal ob Haushalte, Unternehmen, ganze Quartiere oder darüber hinaus– sollten in der Lage sein, Energie flexibel zu erzeugen, zu speichern und zu teilen. Hierzu bedarf es standardisierter und einfacher Abrechnungs- und Marktkommunikationsprozesse.
- Offene Teilnahme: Am Energy Sharing können Erzeuger, Verbraucher, Überschuss-Einspeiser, Direktvermarkter und Energiespeicheranlagen teilnehmen. Die Anzahl der Teilnehmer soll grundsätzlich unbegrenzt sein, um wirtschaftliche Vorteile zu realisieren.
- Zentrale Koordinierungsstelle: Besonders am Anfang werden viele Fragen von den beteiligten Akteuren geklärt werden müssen. Eis benötigt eine Koordinierungsstelle, um sicherzustellen, dass die Abläufe in der Praxis reibungslos starten und funktionieren.
- Stärkung der Flexibilität: Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Netzinfrastruktur ist Flexibilität entscheidend, um schwankende Energieerzeugung und -nutzung auszugleichen – vor Ort sowie für das gesamte Energiesystem. Energiespeicher, bidirektionales Laden und Wärmepumpen spielen hierbei eine Schlüsselrolle.
„Die Energiewende muss endlich von dort gedacht werden, wo sie passiert.“ – Urban Windelen, BVES
„Die Energiewende muss endlich von dort gedacht werden, wo sie passiert. Dezentral vom Prosumer her“. sagt Urban Windelen, Geschäftsführer vom BVES. Die Integration von Speichern und flexiblen Anlagen in die Konzepte für Energiegemeinschaften und Energy Sharing sei entscheidend. „Sie optimieren nicht nur die Nutzung von Erzeugungskapazitäten dort, wo sie entstehen, sondern bieten auch Systemdienstleistungen, die eine zuverlässige Versorgung der Energiegemeinschaft und die Stabilität des Netzes gewährleisten. Diese Aspekte müssen nun endlich gesetzlich so verankert werden, dass Energy Sharing auch praktikabel ist und nicht nur eine Worthülse bleibt“, so Windelen.
Energy Sharing im EnWG – Verbände fordern bessere Rahmenbedingungen
Aktuell mangele es an den passenden Rahmenbedingungen für Energy Sharing in Deutschland. Bestehende Konzepte für Energiegenossenschaften, Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung seien nicht ausreichend, so die Verbände.
Jetzt soll Energy Sharing mit dem § 42c im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) rechtlich verankert werden. Die Aufnahme von Energy Sharing in das EnWG ist ein wichtiger Schritt. Einige Punkte des vorgeschlagenen Konzepts erleichtern die Umsetzung in der Praxis erheblich. Durch Peer-to-Peer-Verträge wird eine einfachere Abwicklung für kleinere Energy Sharing-Gemeinschaften ermöglicht. Zudem gelten vereinfachte Lieferantenpflichten, und es besteht keine Verpflichtung zur Vollversorgung. Nicht zuletzt haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Verpflichtungen bezüglich des Energy Sharing an einen Organisator zu übertragen.
Es bleiben jedoch deutlich offene Fragen:
- Die Teilnahme mit Energiespeicheranlagen soll nur möglich sein, wenn der Speicher ausschließlich mit erneuerbaren Energien beladen ist. Dies schränkt jedoch die Nutzung des vollen Potenzials der Speicher ein. Es würde somit das Ausschließlichkeitsprinzip festigen, das an anderer Stelle gerade abgeschafft werden soll.
- Ein bedeutendes Manko im Vorschlag ist die implizite Verpflichtung zur Führung eines Bilanzkreises, die auf die Teilnehmer bzw. den Organisator der Energy Sharing-Gemeinschaft entfällt. Diese Pflicht birgt wirtschaftliche Risiken und stellt ein Hemmnis für die Verbreitung des Energy Sharing-Konzepts dar.
- Zudem sind im Entwurf keine Änderungen der Abgaben-, Umlagen- und Steuerbelastung in Verbindung mit der Teilnahme am Energy Sharing vorgesehen.
Ohne Anpassungen dieser Rahmenbedingungen wird Energy Sharing im Wettbewerb mit bestehenden Vermarktungs- und Versorgungsmöglichkeiten kaum bestehen können.
„Energy Sharing ist eine wichtige Grundlage für die niedrigschwellige Umsetzung der Sektorenkopplung von Strom, Wärme und Mobilität in Quartieren.“ – Frank Brachvogel, ODH
Frank Brachvogel, Geschäftsführer vom ODH: „Lokal erzeugte, erneuerbare Energie muss möglichst auch lokal ausgetauscht und verbraucht werden. Energy Sharing ist eine wichtige Grundlage für die niedrigschwellige Umsetzung der Sektorenkopplung von Strom, Wärme und Mobilität in Quartieren. Mit Energy Sharing können viele neue Akteure wie zum Beispiel Immobilieneigentümer und Privatpersonen die Energiewende vor Ort vorantreiben und davon profitieren. Es ist Zeit für den Gesetzgeber, die bislang fehlenden Rahmenbedingungen für Energy Sharing in Deutschland zu schaffen.“
Die Verbände fordern daher verstärkten Einsatz der Politik, um den Entwurf weiter auszuarbeiten und bestehende offene Fragen zu klären, damit die Energiegemeinschaften in Deutschland zur Realität werden können. Die Verbände stellen ihre Expertise dafür bereit.
Über den BVES
Der BVES – Bundesverband Energiespeicher Systeme e.V. ist, nach eigenen Angaben, die führende Stimme für Unternehmen und Organisationen aus allen Bereichen der systemischen Energiespeicherung in den Sektoren Strom, Wärme und Mobilität. Als technologieoffener Industrie-Verband ist der BVES Dialogpartner für Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Öffentlichkeit. Er bündelt die Kräfte der wichtigsten Branchenvertreter, gestaltet die öffentliche und politische Diskussion und berät bei der Ausgestaltung der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, sowie Standards und Normen auf regionaler Ebene, Bundes- und EU-Ebene.
Über den Open District Hub
Der ODH Open District Hub e.V ist ein gemeinnütziger Verein, der sich, nach eigenen Angaben, für das Gelingen der Energiewende und die Entwicklung lebenswerter klimaneutraler Städte und Regionen engagiert. Der Verein vernetzt Akteure aus sieben Branchen, um skalierbare Systemlösungen für die nachhaltige Energiewirtschaft und die Quartiersbewirtschaftung hervorzubringen. Die Mitglieder sind über fünfzig Unternehmen, Mittelständler und Startups aus den Bereichen der Energie- und Immobilienwirtschaft, Softwareentwicklung, Quartiersentwicklung, Gebäudeautomatisierung, Bankwirtschaft und Finanzdienstleistung. Zudem zählt der Verein Vertreter aus Forschung, Beratung sowie Vereinen und Verbänden zum aktiven Mitgliederkreis. (eve)