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Peter-Dornier-Stiftungspreis 2023 geht an Darmstädter Forscherin

Peter-Dornier-Stiftungspreis für Grenzschicht-Berechnungen
Darmstädter Doktorandin erregt Aufsehen bis zur Nasa

Die Forscherin Lara De Broeck ist mit dem Peter-Dornier-Stiftungspreis 2023 ausgezeichnet worden. Die Doktorandin der TU Darmstadt erhält den Preis für ihre Arbeit zum Einfluss von Oberflächenstrukturen auf die Lärmemission von Luftfahrzeugen. Sie könnte dazu beitragen, Flugzeuglärm zu reduzieren und Raumkapseln den Eintritt in die Erdatmosphäre zu erleichtern.

Bewegt sich ein Objekt durch die Luft, entsteht nah an seiner Oberfläche ein physikalisches Phänomen, das als Grenzschichtströmung bezeichnet wird. Sie tritt an den Tragflächen von Flugzeugen ebenso auf wie an den Außenwänden von Raumkapseln beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre; auch an der Oberfläche von Windradflügeln, Autos und Zügen kommt sie vor. „Die Grenzschichtströmung ist zwar nur ein sehr dünner Bereich, aber er ist für ganz viele Strömungsphänomene entscheidend“, erklärt Lara De Broeck. Die junge Wissenschaftlerin am Lehrstuhl für Fluiddynamik der TU Darmstadt untersucht solche Strömungsphänomene in der Grenzschichtströmung. Dabei geht es auch um die Frage, wie sich die Oberflächeneigenschaften von Flugzeugen und Raumkapseln auf die Grenzschichtströmung auswirken.

Für ihre Arbeit über den Einfluss von Oberflächenstrukturen auf die Grenzschichtströmung und wie diese sich gezielt nutzen lassen, um Lärm und Reibung von Luft- und Raumfahrzeugen zu reduzieren, hat Doktorandin De Broeck Ende Oktober den Peter-Dornier-Stiftungspreis 2023 erhalten. Die Jury des mit 5.000 Euro dotierten Preises würdigte damit die Masterarbeit der 31-Jährigen mit dem Titel „Lärmunterdrückung in Grenzschichtströmungen durch optimierte akustische Wandimpedanz“. Bei ihrer Dankesrede im Technikum der Lindauer Dornier vor rund 100 geladenen Gästen sagte Preisträgerin De Broeck: „Ich fühle mich wirklich geehrt und freue mich sehr, dass die Jury des Peter-Dornier-Stiftungspreises eine analytische Grundlagenarbeit wie meine ausgezeichnet hat.“

Analytische Vorarbeit für Luft- und Raumfahrtunternehmen

In ihrer Masterarbeit habe De Broeck „erstmals“ eine analytische Gleichung für die genannte Problembeschreibung herleiten können, so ihr Doktorvater Prof. Martin Oberlack von der TU Darmstadt. Laut De Broeck könnten ihre analytischen Berechnungen grundlegende Erkenntnisse darüber liefern, wie Luft- und Raumfahrtunternehmen in Zukunft beispielsweise Innenwände von Flugzeugturbinen oder Außenwände von Raumfähren so konstruieren, dass akustische und thermische Störungen in der Grenzschichtströmung noch besser gedämpft werden. „Der Lärm und der Reibungswiderstand von Flugzeugen, Raumkapseln und anderen Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen könnten dadurch reduziert werden“, so De Broeck.

Lärmschutz war wichtig für Stifter Peter Dornier

Die Vorsitzende der Peter-Dornier-Stiftung, Maja Dornier, sagte in ihrer Laudatio, De Broeck behandle in ihrer Masterarbeit ein Thema, das dem Stiftungsgründer Peter Dornier (1917–2002) sehr am Herzen gelegen habe: „Angenehme Geräusche waren ihm zeitlebens wichtig – dazu gehörte die klassische Musik in seinem Arbeitszimmer ebenso wie Fragen des Lärmschutzes bei der Konstruktion neuer Flugzeuge und Webmaschinen.“ Für den studierten Maschinenbauer und Flugzeugkonstrukteur, der 1950 den Maschinen- und Anlagenbauer Lindauer Dornier gründete und über viele Jahrzehnte erfolgreich führte, waren Fragen zur akustischen Qualität bei der Konstruktion neuer Flugzeuge, Maschinen und Anlagen zentral.

Bereits in den 50er-Jahren, das Familienunternehmen Dornier war gerade erst in den Webmaschinenbau eingestiegen, entwarf Peter Dornier die „gekapselte“ Webmaschine. Weil es damals in einer Weberei durchaus so laut zugehen konnte wie auf dem Rollfeld eines Flughafens, wollte er mit der Idee einer gekapselten – also eingehausten – Webmaschine das Bedienpersonal vor dem Maschinenlärm schützen. Dornier, heute Deutschlands größter Webmaschinenhersteller, realisierte die gekapselte Webmaschine später zusammen mit einer weltweit führenden Weberei in Italien.

Die Arbeit könnte Hitzeschutz von Raumkapseln verbessern

Die Erkenntnisse aus De Broecks Masterarbeit könnten in Zukunft auch dazu beitragen, den Reibungswiderstand an der Oberfläche von Raumkapseln beim Wiedereintritt in die Atmosphäre zu verringern und damit die Oberflächenerhitzung zu reduzieren. In der Raumfahrt gilt der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre als äußerst kritische Phase. Hier erreichen die Kapseln Geschwindigkeiten von bis zu 30.000 Kilometern in der Stunde. Die Außentemperaturen steigen dabei auf über 2.500 Grad Celsius an. Zum Vergleich: Lava ist 700 bis 1.200 Grad Celsius heiß.

Um diesen Temperaturen standzuhalten, sind die Raumkapseln mit speziellen Hitzeschutzkacheln ausgestattet. Diese bestehen häufig aus Glasfaserverbundwerkstoffen, die auch auf Luft- und Greiferwebmaschinen von Dornier hergestellt werden. „Wenn es gelingt, die Oberflächenstrukturen von Raumkapseln so anzupassen, dass sie weniger Reibung und damit weniger Oberflächenerhitzung erzeugen, könnte man Material bei den Hitzeschutzkacheln einsparen“, erklärte De Broeck.

Wie das gelingen kann, habe sie zum Thema ihrer Masterarbeit motiviert, so De Broeck, denn durch eine solche Gewichtsersparnis ließe sich die Nutzlast von Raumkapseln erhöhen. Interessante Randnotiz: Die Fallschirme, an denen Raumkapseln sicher zur Erde gleiten, werden auch auf Webmaschinen von Dornier gewebt.

Nasa lädt De Broeck zu Forschungsaufenthalt ein

Für die Berechnungen in ihrer mit dem Peter-Dornier-Stiftungspreis ausgezeichneten Masterarbeit greift De Broeck auch auf Vereinfachungen der berühmten Navier-Stokes-Gleichungen zurück. Die nach den Mathematikern Claude Louis Navier und George Stokes benannten Gleichungen dienen der Beschreibung von Strömungen und gehören zu den wichtigsten Gleichungen in der Strömungslehre. Berechnungen zur Aerodynamik von Flugzeugen basieren ebenso auf ihnen wie Wetter- und Klimavorhersagen. Sie zählen außerdem zu den sogenannten „Millennium-Problemen“ – sieben ungelöste Rätsel der Mathematik, für deren Lösung das Clay Mathematics Institute im Jahr 2000 einen Preis von je einer Million Dollar ausgelobt hat.

De Broeck, die sich während ihres Studiums privat für Flüchtlinge und Schüler engagierte, stieß mit ihrer Arbeit auch an der renommierten Stanford University auf Interesse. Dorthin wurde die junge Wissenschaftlerin zu einem von der Nasa mitfinanzierten Forschungsaufenthalt eingeladen.

Vor Ort zeigten sich Teilnehmende laut De Broeck erfreut, ihre eigenen Forschungsarbeiten mit den analytischen Berechnungen De Broecks ergänzen zu können. „Es war toll, dort auf Koryphäen aus dem Bereich der Strömungsdynamik und Turbulenzforschung zu treffen, deren Bücher man sonst nur im Studium liest“, berichtete De Broeck in entspannter Atmosphäre im Anschluss an die Preisverleihung.

Zum Peter-Dornier-Stiftungspreis

Die Idee des Peter-Dornier-Stiftungspreises geht auf Peter Dornier (1917–2002), den Gründer der Lindauer Dornier GmbH, zurück. Der Preis wird seit 2021 jährlich für herausragende wissenschaftliche Arbeiten junger Menschen auf den Gebieten Textil-, Folien- und Faserverbundtechnik sowie der Luft- und Raumfahrt verliehen. Die Förderung der medizinischen Forschung gehört ebenso zum Stiftungszweck wie die Unterstützung von Hospizen für ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben bis zuletzt. (os)


Die Lindauer Dornier GmbH

Die Lindauer Dornier GmbH gehört mit ihren Produktlinien Webmaschinen, Sondermaschinen und Composite Systems weltweit zu den Technologieführern. Im Jahr 2022 erzielte das deutsche Familienunternehmen mit rund 1.000 Mitarbeitern (davon mehr als 60 Azubis) einen Umsatz in Höhe von über 370 Mio. Euro. Die Webmaschinen von Dornier erfüllen alle Anforderungen an moderne Gewebeherstellung: flexibler und schonender Materialeinsatz, extreme Material- und Musterungsvielfalt, Funktionssicherheit, fehlerfreie Ware und kurze Stillstandzeiten.

Die Dornier-Systemfamilie besteht aus Greifer- und Luftwebmaschinen. Im Anlagenbau sieht sich Dornier als Marktführer bei Engineering und Produktion von Folienreckanlagen zur Herstellung dünnster Kunststofffolien. Außer in Verpackungen kommen sie unter anderem auch in Solarzellen, Lithium-Ionen-Batterien, Halbleitern, Kondensatoren für Hybridfahrzeuge und als Foliendisplays in Smartphones, Flachbildschirmen und Tablets zum Einsatz. Alle Maschinen und Anlagen werden in den deutschen Produktionsstätten Lindau und Esseratsweiler hergestellt. Der Exportanteil beträgt über 90 % (Stand 2022).

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