Nach Einschätzung des Beratungsunternehmens Roland Berger wird die Produktion von grünem Wasserstoff in den nächsten Jahren stark ansteigen. In dieser Hochlaufphase des Marktes soll bis 2030 eine Wertschöpfung von rund 500 Mrd. Euro auf globaler Ebene entstehen. Dies sind Erkenntnisse aus der aktuellen Studie „How to capture value in the emerging hydrogen market“.
Grüner Wasserstoff gilt für viele Unternehmen als Schlüsselelement, um klimaneutral zu wirtschaften. Der mit erneuerbaren Energiequellen hergestellte Rohstoff kann in allen Sektoren mit hohem CO2-Ausstoß verwendet werden.
Europa hat hohen Bedarf an sauberem Wasserstoff
„Der Markt entwickelt sich in zwei Phasen. Zunächst wird er – getrieben von regulatorischen Anreizen – stark wachsen. Nach 2030 trägt er sich voraussichtlich selbst”, prognostiziert Uwe Weichenhain, Partner bei Roland Berger. Europa habe mit seiner starken industriellen Basis einen hohen Bedarf an sauberem Wasserstoff. „Daher wird der Kontinent eines der wichtigsten Produktionszentren, aber auch ein großer Importeur von Wasserstoff sein.”
Die generierte Wertschöpfung verteile sich auf zwei Bereiche: Die Infrastruktur zur Herstellung des grünen Wasserstoffs soll bis 2030 ein Volumen von 120 Mrd. Euro erreichen. Um den erneuerbaren Strom zu erzeugen, entstünden weitere 371 Mrd. Euro. 40 % dieses Volumens entfielen auf Europa.
„Europa hat sich ehrgeizige Ziele für grünen Wasserstoff gesetzt. Daher entfaltet sich bis 2030 hier die größte Dynamik“, erklärt Weichenhain. „Es bilden sich Cluster ganz unterschiedlicher Größe über den Kontinent verteilt heraus. Die Anlagen entstehen in Regionen, die heute schon Zugang zu Sonnen- oder Windenergie haben.“
Wertschöpfungskette bisher nicht eindeutig strukturiert
Die Wertschöpfungskette für grüne Wasserstoffprojekte sei bisher nicht eindeutig strukturiert, und Marktteilnehmer müssten ihre Rollen noch klar definieren, heißt es weiter. Derzeit gebe es drei Ansätze: In Europa agierten Projektentwickler, Technologieanbieter und Anlagenbauer (EPCs) typischerweise unabhängig voneinander.
In einem zweiten Modell, welches von US-amerikanischen Unternehmen bevorzugt werde, würden die Technologie- und Anlagenbaurollen vereint. Beim häufig von asiatischen Unternehmen präferierten dritten Modell deckten diversifizierte Unternehmensgruppen alle Rollen entlang der Wertschöpfungskette ab.
Auch grüne Wasserstoffprojekte ließen sich in drei Gruppen einteilen: Die erste Gruppe seien exportorientierte Gigaprojekte zur kostengünstigen Erzeugung von grünem Wasserstoff. Bei der zweiten Gruppe handle es sich um mittelgroße Industrieprojekte, bei denen Wasserstoff in der Nähe von industriellen Großverbrauchern produziert wird. Zu guter Letzt gebe es kleine Projekte, die ihren Schwerpunkt auf Mobilität sowie dezentrale Wärme- und Stromversorgungssysteme setzen.
Neue Kompetenzen aufbauen, um erfolgreich zu sein
„Wir erwarten, dass sich die Geschäftsmodelle der Marktteilnehmer in Richtung ihrer traditionellen Rollen ausrichten“, sagt Weichenhain. Ihre Projektstrukturen und Präferenzen seien mit denen traditioneller Energieinfrastrukturprojekte vergleichbar. „Dennoch müssen die Marktteilnehmer neue Kompetenzen aufbauen, um in der Wasserstoffwirtschaft erfolgreich zu sein.“
Nachgewiesene technische Expertise mit Elektronen und Molekülen, wie Wasserstoff und dessen Derivaten, sei erfolgskritisch in der Projektakquisition und -abwicklung. Entsprechend herrsche in der Branche aktuell eine hohe Dynamik hinsichtlich Partnerschaften und M&A-Aktivitäten. (jk)