Täglich verlassen viele Lkw-Ladungen das Hauptlager der Depesche Vertrieb GmbH & Co. KG in Geesthacht südlich von Hamburg. An Bord sind Paletten und Einzelsendungen von Geschenk- und Trendartikeln wie Grußkarten, Schlüsselanhänger oder Kaffeetassen. Zu den Zielen der Touren gehören Schreibwarengeschäfte, Supermärkte und Buchhändler in Deutschland und im europäischen Ausland. Im Lager stellen rund 50 Mitarbeiter die Warensendungen zusammen. Geführt über Put-to-Light-Systeme sammeln sie die Artikel ein, stapeln sie auf Transportwagen und fahren damit zur Vorbereitung des Versands in die Packhalle. Anfahren, Schieben und Steuern der Wagen sind dabei die Kerntätigkeiten. Keine leichte Arbeit, wenn sie täglich acht Stunden verrichtet wird.
Bei Depesche erreichen die Wagen je nach Auftrag ein Gewicht zwischen 150 und 300 kg. „Während früher vor allem Plüschtiere und Kleinspielzeug geladen wurden, entwickelte sich in den letzten Jahren unser Sortiment auch stark im Bereich Buch“, erklärt Michael Loß, Logistikleiter bei Depesche. „Malbücher, Kreativbücher und Blocks machen die Ladungen immer schwergewichtiger.“ Die größte Herausforderung ist dabei, den schwer beladenen Wagen anzuschieben. Dieser so genannte „Losbrechmoment“ entwickelte sich für die ausschließlich weiblichen Mitarbeiter im Lager immer mehr zu einem körperlichen Kraftakt. Auch das Manövrieren der Wagen wurde zunehmend schwerer. Schmerzende Schultern, Arme und Handgelenke waren die Folge. Um die Situation zu verbessern, dachte man bei Depesche schon länger über neue Wagenformen nach, die flacher und damit leichter zu beladen sind. Um die Veränderung perfekt zu machen, kamen die Rollen und damit die Steuerung der Wagen gleich mit auf den Prüfstand. „Wir wollten das Problem von Grund auf lösen“, versichert Loß.
Grundsätzlich nehmen die Investitionen im Logistikbereich in vielen Unternehmen seit Jahren zu. Das Ziel ist, die Arbeitsbedingungen für die Angestellten zu verbessern und die Abläufe effizienter machen. Insgesamt nimmt das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) einen hohen Stellenwert in deutschen Unternehmen ein. Eine 2016 publizierte Studie von Willis Towers Watson zeigt, dass ein effektives BGM-Programm den Umsatz pro Mitarbeiter bis zu 50 Prozent steigern und dadurch den Marktwert eines Unternehmens um mehr als ein Drittel erhöhen kann. Studien der Krankenkassen bestätigen, dass insbesondere Lagermitarbeiter zu den Berufsgruppen mit den meisten Krankheitstagen im Jahr gehören. Für Firmen sind Fehlzeiten teuer. Ergonomische Verbesserungen sind deswegen auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll.
Um das Anfahren und Manövrieren der schweren Wagen zu erleichtern, richteten die Verantwortlichen bei Depesche ihr Augenmerk auf eine elektrische Anfahrunterstützung. Die Technik sollte sich dabei auf die bestehenden Wagen aufrüsten lassen und im Einsatz flexibel sein. Nach eingehender Prüfung verschiedener Lösungen, die alle von deutschen Anbietern stammten, entschied man sich bei Depesche schließlich für die Nachrüstung aller Wagen mit der Anfahrunterstützung e-drive 1 des Herstellers Tente. „Im Vorfeld konnten wir die Rolle über zehn Monate ausgiebig testen“, erzählt Logistikleiter Loß. „In dieser Zeit konnten die Mitarbeiter jede Menge Erfahrung mit den Testwagen sammeln, die mit der zusätzlichen Technik ausgestattet waren.“ Außerdem wurde nach dem Testbetrieb entschieden, dass auch die Wagen ausgetauscht werden sollen. Das richtige Modell konnte Depesche auf dem Markt jedoch nicht finden. Deshalb wurde zusammen mit einem Partnerunternehmen vor Ort ein zugeschnittener Kommissionierwagen entwickelt. Tente passte die Parameter der Rollen schließlich individuell an dieses Modell an.
Bei den neuen Wagen drücken die Mitarbeiter jetzt beim Anfahren auf einen Knopf und schalten damit die Anfahrunterstützung ein. Durch die Technik von Tente wird nicht nur das Anfahren erleichtert, sondern auch die Spurtreue des Wagens erhöht. Mit der zuschaltbaren fünften Rolle lässt sich der Wagen in den Gängen und an den Packstationen leichter rangieren. Die Geschwindigkeit kann der Bediener beim Vorwärts- und Rückwärtsfahren stufenlos regulieren. Da die Rollen mit Elastik-Gummi ausgestattet sind, konnte zudem die Geräuschentwicklung beim Fahren minimiert werden. In Ruhestellung wird die Anfahrunterstützung hoch gefahren, sodass der Wagen flexibel bewegt werden kann. Die zusätzliche Technik von Tente wird über eine ergonomische Ein-Knopf-Bedienung aktiviert. Integrierte LED-Anzeigen informieren den Mitarbeiter über den Systemstatus und Akkuzustand.
Depesche hat alle seine 37 Kommissionierwagen nachgerüstet. Bereits in der Testphase war die Erleichterung der Arbeit für die Belegschaft zu spüren. Die positiven Rückmeldungen der Mitarbeiter hat die Verantwortlichen schließlich überzeugt. Tente hat die Lösung für Gewichte bis maximal 400 kg ausgelegt. Somit hat der Anwender bei der Zuladung künftig noch Luft nach oben. Unterm Strich hat sich das Projekt für den Geschenkartikel-Spezialisten gelohnt.
Guido Platte ist Produktmanager bei Tente und hat schon viele Installationen der Anfahrunterstützung in unterschiedlichen Branchen begleitet. „Die richtige Rolle erleichtert die tägliche Arbeit in den Betrieben enorm“, weiß Platte. „Das gilt für das Anfahren, Stoppen und Manövrieren des Wagens gleichermaßen.“ Die Rollen seien solide konstruiert und besitzen ein Gehäuse aus verzinktem Stahlblech. Somit sei die Lösung für viele Industrieanwendungen geeignet. Am Ende rechne sich die Technik für jedes Unternehmen, denn die körperliche Belastung der Belegschaft wird deutlich reduziert. Die Mitarbeiter sind weniger krank und zufriedener bei der Arbeit. „Die Belegschaft wird immer älter“, sagt Platte. „Mit Techniken, die die Arbeit erleichtern, kann man Mitarbeiter länger im Unternehmen halten.“ (ub)