Temperaturunterschiede, Zugluft und Luftfeuchtigkeit sind Gift für Werkzeugmaschinen. Derlei Umwelteinflüsse mindern die Präzision und am Ende auch die Qualität der Produkte. „Im Sommer haben wir mit teils hohen Wärmelasten zu kämpfen“, sagt Michael Marquardt und blickt auf seine 600 m² große Produktionshalle. Marquardt ist seit 2002 Geschäftsführer in vierter Generation der Wilhelm Siebelist GmbH & Co. KG im thüringischen Plaue. Er begleitete den Neubau damals federführend und investierte in neue Arbeitsplätze und Maschinen. „Bei so einem Projekt ist man immer auf dem Weg und nie am Ziel“, so seine Erfahrung.
Das Wohlergehen und die Gesundheit der Mitarbeiter sind dem Geschäftsführer besonders wichtig. Deshalb stattete er den Neubau mit großzügigen Aufenthaltsräumen und sogar einem Fitnessstudio für die Beschäftigten aus. „Nur zufriedene Mitarbeiter, die sich im Betrieb wohlfühlen, tragen zu einem guten Arbeitsklima und letztlich zum unternehmerischen Erfolg bei“, ist sich der Firmenchef sicher. Dass für ein gutes Arbeitsklima buchstäblich auch ein gutes Hallenklima nötig ist, war Marquardt schon immer klar.
„Luftqualität in Hallen war trotz Absaugeinrichtungen nicht zufriedenstellend“
Die Maschinen laufen bei Siebelist an sechs Tagen in der Woche rund um die Uhr. An heißen Sommertagen war die Wärmelast in der Halle oft zu hoch. Das wirkte sich auch auf die Prozesseffizienz aus und führte zu einer höheren Ausschussquote. „Und nicht zuletzt war die allgemeine Luftqualität in der Halle trotz Absaugeinrichtungen nicht zufriedenstellend“, beschreibt Marquardt die damalige Situation. Die Absaugungen sind direkt an die offenen und geschlossenen Bearbeitungsmaschinen angeschlossen und erfassen den Ölnebel, der bei Bohr- und Fräsprozessen entsteht. Eine hundertprozentige Erfassung gibt es allerdings nicht. Es kommt immer wieder vor, dass ein kleiner Teil des Ölnebels der Absaugung entwischt. Das passiert zum Beispiel beim Umrüsten oder wenn die Maschine kurz geöffnet wird.
Die Suche nach einer geeigneten Anlage, die die Luft reinigt, kühlt und zugleich Ablagerungen auf dem Boden und an den Maschinen verhindert, war aufwendig. Der Firmenchef wollte alles aus einer Hand und suchte on- und offline nach möglichen Lösungen. Vor gut einem Jahr stieß er bei der Lektüre des Industrieanzeiger auf das Modell Filtower Ecotemp von Esta. Es handelt sich dabei um ein Hallenlüftungssystem, das bestehende Absaugeinrichtungen unterstützt, um eine bessere Raumluftqualität im gesamten Arbeitsbereich zu schaffen. Mit der Lösung sind die Mitarbeiter im Produktionsbereich besser geschützt und die lästigen Staub- und Emulsionsablagerungen auf Maschinen und Böden lassen sich deutlich verringern. Das Besondere an der Technik ist jedoch, dass sie die Luft reinigt und gleichzeitig gekühlt oder beheizt in die Halle zurückführt, je nach Bedarf. Genau danach hatte Michael Marquardt gesucht. Noch am gleichen Tag rief er bei dem Absaugtechnik-Hersteller Esta Apparatebau im bayerischen Senden an.
Hallenlüftung saugt Abluft ab und kühlt gleichzeitig
André Döring, Vertriebsgebietsleiter bei Esta, stattete der Dreherei kurz danach einen Besuch ab. Er machte sich ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort und nahm die Auslegung des Hallenlüftungssystems vor. Bedingt durch die Hallengröße waren zwei Filtertürme notwendig, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Die Türme bewegen stündlich rund 21.500 m³ Luft und sorgen in einer Stunde für einen achtfachen Luftwechsel. Der Clou dabei ist, dass die beiden Türme an eine Kältemaschine gekoppelt sind, die im Außenbereich steht. Die Industriekühlanlage ist über eine Wasserrohrleitung mit beiden Filteranlagen verbunden. Es handelt sich dabei um einen geschlossenen Kreislauf ohne Festwasseranschluss. Das Rohrsystem ist an der Hallendecke installiert.
„Man muss sich vorstellen, dass mit dem Luft- und Kältekreislauf zwei Vorgänge gleichzeitig ablaufen“, fasst André Döring das Funktionsprinzip zusammen. Beim Luftkreislauf erfassen die Filtertürme die verunreinigte, warme Luft an der Oberseite der Anlagen. Der Luftstrom passiert zunächst den Vorabscheider, um gröbere Partikel im Vorfeld zu beseitigen. Danach gelangt die Luft zu den Dauerfilterpatronen, wo sie gereinigt wird. Die immer noch warme, aber saubere Luft wird über den integrierten Lamellenwärmetauscher geführt. Durch den im Sommer voreingestellten Kältekreislauf geben die Überträgerplatten die kühle Temperatur an die Luft ab. Die reine Luft, die nun angenehm temperiert ist, wird schließlich über die seitlichen Auslässe an den Türmen zugluftarm in die Arbeitsbereiche zurückgeführt.
Schichtenlüftung eignet sich für aufsteigende Dämpfe in Fabrik
Die Filtertürme arbeiten nach dem physikalischen Prinzip der Schichtenlüftung. Für aufsteigende Dämpfe wie in der Dreherei Siebelist ist das die geeignete lüftungstechnische Maßnahme. Bei diesem Verfahren wird der Arbeitsbereich mit sauberer Luft versorgt. Der bei den Bearbeitungsprozessen entstehende Thermikstrom trägt die Partikel nach oben zur Ansaugöffnung der Türme. So kommt der Luftkreislauf in Gang.
Der Kältekreislauf hingegen spielt sich parallel über das im Außenbereich aufgestellte Industrie-Kühlaggregat ab. Dieses ist regelbar und kühlt das Wasser, das sich im Rohrleitungskreislauf befindet, nach Bedarf herunter. Das kühle Wasser fließt über die Kupferrohre an der Hallendecke bis zu den Lamellenwärmetauschern beider Filtertürme. Dort gibt es die Temperatur an die Wärmeüberträgerplatten ab. Das nun erwärmte Wasser fließt wieder an die Kältemaschine zurück, wird gekühlt und der Kreislauf beginnt von vorn. Michael Marquardt ist von diesem Konzept überzeugt: „Das Hallenklima hat sich letzten Sommer deutlich verbessert und wir konnten unsere Prozesseffizienz auf hohem Niveau halten.“ Für einen Qualitätsanbieter ist das natürlich das A und O. Und die Mitarbeiter in der Halle konnten dank der spürbar reineren Luft wieder richtig durchatmen.
Das Filtersystem der Filtower-Reihe ist zweistufig. Die erste Stufe besteht aus einem Vorabscheider, der nahezu alle größeren Partikel aus der verunreinigten Luft abscheidet. Der verbleibende Emulsionsnebel wird im zweiten Schritt von je vier Patronen der Staubklasse M mit einem Abscheidegrad von 99,9 % ausgefiltert. Die im Umluftbetrieb laufenden Anlagen wirken sich auch im Winter positiv auf die Energiebilanz aus, denn es muss keine Frischluft von außen zugeführt und erwärmt werden. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Patronen öl- und wasserabweisend sind und somit eine lange Standzeit bieten. Die Filtermedien lassen sich im Ultraschall-Verfahren reinigen und somit mehrfach verwenden. Das schont die Umwelt und hält die Betriebskosten gering. Der gesammelte Schmutz kann über eine fahrbare Schublade mit Auffangwanne und Ablasshahn einfach entsorgt werden.
Hallenlüftung von Esta schluckt Ölnebel, Staub und Schweißrauch
Die Türme von Esta schlucken aber nicht nur Ölnebel. Der Hersteller hat weitere Varianten für Schweißrauch und Staub im Angebot. Die Steuerung der Anlage funktioniert über ein benutzerfreundliches Touch-Display. Der Anwender kann dabei ohne Spezialwissen und aufwendige Schulungsmaßnahmen die Absaugleistung der Ventilatoren regeln. Im Vergleich zu herkömmlichen differenzdruckgesteuerten Absauganlagen bringt das eine Stromeinsparung bis zu 50 %.
Die Montage des Hallenlüftungssystems übernahm Siebelist selbst. Michael Marquardt ließ das Wasserrohrsystem durch ortsansässige Heizungsmonteure installieren. Die beiden Filtertürme und der Industriekühler lieferte Esta vormontiert. „Das ging ruckzuck“, versichert Marquardt. „Wir stellten die Türme und das Aggregat auf, schlossen den Strom an, nahmen den Anschluss an den Wasserkreislauf vor und fertig war die Laube.“
André Döring machte gleich zu Projektbeginn Michael Marquardt auf die Möglichkeit aufmerksam, dass für die Investition eine staatliche Bezuschussung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA, beantragt werden kann (siehe auch Kasten „Energiesparer werden gefördert“). Denn der Staat fördert Unternehmen, die in eine gesteigerte Energieeffizienz investieren. Da die Filtertürme bei Siebelist mit förderfähigen Querschnittstechniken wie effizienten Ventilatoren und Frequenzumformern ausgestattet sind, war Marquardt einverstanden und Esta reichte über einen Sachverständigen das Energieeinsparkonzept ein. Das Unterfangen war erfolgreich und die Investition in die Filtertürme wurde mit 30 % bezuschusst. Für Michael Marquardt war das natürlich ein toller Nebeneffekt, mit dem er überhaupt nicht gerechnet hatte. (ub)
Energiesparer werden gefördert
Um Unternehmen die Investition in energieeffiziente Prozesse zu erleichtern, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Förderprogramme in diesem Bereich neu ausgerichtet. Am 1. Januar 2019 startete das Investitionsprogramm „Energieeffizienz und Prozesswärme aus Erneuerbaren Energien in der Wirtschaft – Zuschuss und Kredit“. Das neue Programm wird vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) umgesetzt.
Gefördert werden Querschnittstechnologien wie Pumpen, Motoren und Ventilatoren für schnelle Effizienzgewinne mit einer Förderquote bis zu 40 % der förderfähigen Investitionskosten. Bei erneuerbaren Energien zur Prozesswärmebereitstellung beträgt die Förderquote maximal 55 % . Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sowie Energiemanagement-Software zur Unterstützung der Digitalisierung werden mit maximal 40 % gefördert. Die maximale Förderung beträgt 10 Mio. Euro pro Antragsteller oder Projekt.
Die neue Förderung richtet sich an Unternehmen aller Branchen und Größen. Sie ist bewusst technologieoffen gestaltet, um den Betrieben die nötige Freiheit bei der Umsetzung einer passenden Lösung zu geben. Von hocheffizienten Standardkomponenten bis zu komplexen Systemlösungen sind alle Maßnahmen förderfähig, die die Strom- oder Wärmeeffizienz deutlich erhöhen und den Energieverbrauch senken. Weitere Informationen unter www.bafa.de/eew oder www.kfw.de/295.
Spezialist für reine Luft
Der Absaugtechnikspezialist Esta stellt auf Grundlage von Eigenentwicklungen seit über 45 Jahren ein breites Spektrum an Produkten und Lösungen für Industrie und Gewerbe her. Die Produktpalette umfasst neben mobilen und stationären Entstaubern auch Industriesauger, Schweißrauchfilter, Ölnebelabscheider, Absauggebläse, Absaugarme und zentrale Absauganlagen. Mit Sitz im bayerischen Senden vertreibt Esta ein umfangreiches Gerätesortiment mit eigenen Niederlassungen und Vertriebspartnern weltweit. Darüber hinaus bietet Esta umfassende Serviceleistungen. Das Unternehmen setzt bereits seit Jahren ein Qualitätsmanagementsystem ein und ist nach ISO 9001:2015 zertifiziert.
Acht Millionen Drehteile im Jahr
Die Lohndreherei Siebelist wurde 1928 gegründet. Das Unternehmen ging nach Kriegsende durch beschwerliche Zeiten und wurde 1956 teil- und 1972 schließlich vollverstaatlicht. Anfang der 90er-Jahre gelang die Reprivatisierung. Seit der Wende wurden rund 3 Mio. Euro in den Firmenstandort Plaue investiert. Michael Marquardt ist seit 2007 der alleinige Inhaber der Firma. Das Unternehmen ist kontinuierlich gewachsen und beschäftigt heute 25 Mitarbeiter. Im Sortiment der Traditionsdreherei finden sich klassische Schrauben, aber auch viele andere Bauteile mit Gewinde. Etwa 8 Mio. Stückteile pro Jahr werden ausgeliefert. Allein 6 Mio. Zubehörteile, wie beispielsweise Scheiben für Radbolzen, gehen an Kunden aus der Automobilindustrie.
Lassen Sie es nicht so weit kommen!
Vor knapp 20 Jahren machte ich einen Rundgang bei einem Automobilzulieferer mit. Eingesetzte Technik, Produktpalette – alles vergessen. Aber eines blieb für immer haften: Der Ölnebel, der überall in der Luft lag, der sich auf dem Fußboden niederschlug und die Gänge zwischen den Maschinen in eine Rutschbahn verwandelte. Lassen Sie es nicht so weit kommen! In dieser Geschichte lesen Sie, wie sich so ein Desaster vermeiden lässt.