Startseite » Technik »

Arburg will Spritzgießer ganzheitlich unterstützen

Arburg-Technologietage 2024 trotzen Konjunkturkrise
Arburg: Ich helf‘ dir spritzgießen

Wie Arburg auf die aktuelle(n) Krise(n) reagiert, ist eine Antwort auch auf Veränderungen in Weltpolitik und Gesellschaft: Der Spritzgießmaschinenbauer gibt sich einen Ruck hin zur Internationalisierung. Und setzt den Fokus verstärkt auf Lösungen statt Maschinen – eine neue Ära.

» Olaf Stauß, Redakteur Konradin Industrie

Ein Rückgang der Umsätze um 11 % und „kurzfristig keine Besserung in Sicht“. Das war die Quintessenz aus dem wirtschaftlichen Rückblick 2023, der zu den „Arburg Technologietagen“ in Loßburg unabdingbar dazugehört. Die Stimmung war dennoch keine schlechte: 5.100 Gäste aus aller Welt kamen im März 2024 zu dem Spritzgießmaschinenbauer in den Schwarzwald, trotz Konjunkturschwäche und GDL-Streik.

Die Absatzkrise betrifft die gesamte Branche. Prognostizierte Arburg im Oktober auf der Fakuma noch einen Abschluss mit 750 Mio. Euro, so wurden es am Ende immerhin noch 780 Mio. Euro Umsatz. Die Situation beim Auftragseingang bleibe aber „nach wie vor schwach“, sagte der geschäftsführende Gesellschafter Michael Hehl. „Seit Januar nutzen wir nun in Deutschland das Mittel der Kurzarbeit, nachdem die Mitarbeiter ihre Zeitkonten abgebaut haben.“

Hehl richtete den Blick über die aktuelle Konjunkturkrise hinaus. Denn die Märkte verändern sich. Die Welt entwickle sich „wieder zu Hegemonialräumen Asien, Amerika und Europa“ mit immer dynamischeren Anforderungen. Was verlangt das von einem Hersteller, der durch seine hier verwurzelte Unternehmerfamilie geprägt ist und der nicht zuletzt auch deswegen traditionell auf heimische Produktion setzt? 3100 der 3700 Arburg-Mitarbeiter sind in Deutschland beschäftigt.

Am Familienunternehmen wird nicht gerüttelt

„Arburg war, ist und bleibt ein unabhängiges Unternehmen in Familienhand“, bekräftigt Michael Hehl und zitiert damit ein offizielles Statement der Gesellschafter. Diese Zukunft soll ein neu installierter Beirat sichern, der sich aus Externen und Angehörigen der Familien zusammensetzt. Michael Hehls Kusine Renate Keinath zum Beispiel wechselte aus der Geschäftsleitung (Personal) in den Beirat.

Zum Thema Produktion kündigte Hehl an, man werde sich damit beschäftigen, „Wertschöpfungsstufen zu internationalisieren“, etwa durch Montagen in anderen Weltregionen. Ziel sei es, den Standort Loßburg zu sichern, in den weiterhin kräftig investiert wird. Mit diesem Ruck in der Firmenpolitik zeigt der Schwarzwälder, dass Heimatverbundenheit das Unternehmen nicht daran hindert, flexibel zu agieren und reagieren.

Ganzheitliche Unterstützung für Kunststoffverarbeiter

Für die hiesigen Kunststoffverarbeiter wichtiger sein dürfte, wie der Spritzgießmaschinenbauer auf ihre Herausforderungen eingeht. Das sind die hohen Energiekosten, Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit und gesteigerter Effizienz und über allem der Fachkräftemangel. „Die Komplexität der Aufgaben nimmt zu und das Know-how-Niveau eher ab“, brachte der Geschäftsführer Technik, Guido Frohnhaus, die Lage der Kunden auf den Punkt.

Arburg antwortet darauf mit einem neu zugespitzten Selbstverständnis. In einer eigens vorbereiteten Keynote sagten Frohnhaus und Geschäftsführer-Kollege Gerhard Böhm (Vertrieb) den Gästen: „Wir bieten Ihnen ganzheitliche Lösungen an, die alle Aspekte der Kunststoffverarbeitung berücksichtigen. Was Sie hier erleben, geht weit über die Maschine hinaus.“ Vereinfacht gesagt: Arburg will die Verarbeiter an die Hand nehmen und bis zum fertigen Spritzgießprodukt führen, zunehmend mit Hilfe digitaler Assistenz.

Tendenziell gibt es diese Entwicklung schon lange, auch wenn sie bisher nicht so explizit zum Unternehmensziel erklärt wurde. Dafür sprechen die über 40 kompletten „Turnkey“-Anlagen, die inzwischen auf den Technologieanlagen präsentiert werden und live produzieren. Zum Beispiel eine Kundenanlage, die dünne Blumentöpfe aus einem 100%-igen Post-Consumer-Rezyklat des gelben Sacks fertigt. Die Spritzgieß-Zykluszeit auf dem „elektrischen Allrounder 720 A“ liegt bei 4,8 s. Materialschwankungen des rezyklierten Polypropylen (PP) gleicht Arburgs Regelsystem „aXw Control RecyclatePilot“ aus.

Die Bedeutung von „Turnkey“-Anlagen steigt weiter

Ein anderes Beispiel ist eine Anlage, die einen Teigschaber aus zwei Komponenten spritzgießt: einem Thermoplast PCB für den harten Stiel und einem Flüssigsilikon (LSR) für den weichen Schaber. Das gelingt nur mit einer ausgeklügelten Temperierroutine für die sehr unterschiedlichen Materialien – Know-how, das der Maschinenhersteller mitliefert. Gerhard Böhm bezeichnet das als „eine unserer Stärken“. Auf Nachfrage schätzt Andreas Armbruster, Abteilungsleiter Automation & Turnkey, dass sich im Durchschnitt zehn solcher Anlagen in Loßburg im Aufbau befinden, mit zeitlichen Schwankungen.

Auf die hohen Energiekosten reagiert der Spritzgießmaschinenbauer mit einer neuen Variante seiner hydraulischen Standardmaschinen „Golden Edition“: In der Version „ASH“ sind die Einstiegsmaschinen nun auch mit Servohydraulik zu haben, was den Energieverbrauch um rund 30 % senke. Der Aufpreis halte sich in Grenzen, sagte F+E-Leiter Werner Faulhaber, „denn wir wollen dieses Thema puschen“. Die Golden Edition ASH war so etwas wie der kleine Star auf den Technologietagen. Hinzu kamen weitere, sehr verschiedene Neuerungen, etwa bei Assistenz-Apps, Prozessen oder Funktionen im Leitrechnersystem ALS. Welche ist die gravierendste?

Digitale Systeme erleichtern das Spritzgießen – auch mit KI

Die Geschäftsführer winkten ab bei dieser Frage. Ihnen ging es um etwas anderes. „Wir wollen die Kunden mit ganzheitlichen Lösungen unterstützen, gerade auch wenn sie wenig geschultes Bedienpersonal haben“, sagte Gerhard Böhm. „Die Zeit der Einzellösungen ist vorbei. Es geht nicht mehr um einzelne Maschinen. Wir sind deshalb dabei, die Lücken zu schließen. Zum Beispiel mit digitalen und smarten Funktionen.“

Die einzelne Maschine nicht mehr im Mittelpunkt, dafür die Gesamtlösung? Dies markiert eine neue Ära im Maschinenbau, auch außerhalb der Kunststoffverarbeitung. Die auf den Technologietagen gezeigten Features jedenfalls sprechen dafür: Die KI-gestützte App „askArburg“ soll künftig Spritzgieß-Fachfragen beantworten, der Maschinenhersteller füttert sie zurzeit mit Insider-Wissen. Die App „SelfService“ bietet Bild-für-Bild-Anleitungen in 18 Sprachen, wo Probleme auftreten. Und spezielle Regelungen wie der aXw Control RecyclatePilot stabilisieren den Prozess.

Im MES-System ALS nennt die Funktion „Best-Fit“ die am besten geeignete Maschine für eine Aufgabe im Bestand des Kunststoffverarbeiters. Und der Service-Baustein „Action Plan Energy“ umfasst Verbrauchsmessungen sowie Beratung, um Ressourcen zu sparen. Und so weiter.

Unsere Whitepaper-Empfehlung


Hier finden Sie mehr über:
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de