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Roboter von ABB verpacken und palettieren Schaltschränke

Robotik
Automatisiert zum Erfolg

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50 verschiedene Schaltschranktypen maschinell verpacken und palettieren – ohne Kratzer zu hinterlassen und mit vollautomatischem Produktwechsel. Diese schwierige Aufgabe löste der Sondermaschinenbauer Transnova Ruf bei ABB Striebel & John durch eine kundenindividuelle Verpackungs- und Palettieranlage. Insgesamt acht ABB-Roboter sorgen dabei für Geschwindigkeit, Präzision und Flexibilität.

Thorsten Tross, Vertriebsingenieur bei ABB Robotics

Der Begriff „Variantenvielfalt“ gehört zu den geläufigsten Buzzwords der Industrie 4.0. An Schaltschränke denken dabei die wenigsten Menschen. Dabei verfügen gerade diese Produkte über eine erstaunliche Varianz. So umfasst das Portfolio von ABB Striebel & John, einem der führenden Hersteller für Energie-Verteilersysteme mit Sitz in Sasbach, über 70 verschiedene Schaltschränke. Die kleinste Variante misst 50 x 30 cm, die größte 140 x 130 cm. Bis zu 80 kg bringt ein Schaltschrank auf die Waage. Manuelles Handling wird hier zur körperlichen Schwerstarbeit.

Nicht nur wegen ihrer sperrigen Form und der hohen Varianz sind die Schaltschränke schwer zu verpacken. Ihre Pulverbeschichtung ist anfällig für Kratzer und erfordert Fingerspitzengefühl beim Handling. Es gilt, die Schaltschränke mit möglichst wenigen Handgriffen in die Kartonage zu bekommen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Abmessungen der Schaltschränke oft von den Standardgrößen der Kartonagen abweichen. Zudem verzeiht die Automatisierung weniger Qualitätsschwankungen bei der Kartonage als der manuelle Verpackungsprozess.

Automatisierungsaufgabe erfordert Know-how

ABB Striebel & John entschied trotz dieser Komplexität, dass das Verpacken, Kennzeichnen und Palettieren des gesamten Schaltschrankportfolios durchgängig automatisiert werden sollte – und das auf begrenztem Raum. Gefragt war dabei ein vollautomatischer Wechsel zwischen den verschiedenen Varianten. Doch wie den richtigen Spezialisten finden? „Automatisierer verarbeiten ungern große Teile oder beschäftigen sich mit so stark variierenden Produktgrößen“, sagt Markus Weber, Abteilungsleiter Industrial Engineering bei ABB Striebel & John.

Transnova Ruf, ein Experte für kundenspezifische Verpackungs- und Palettieranlagen, nahm die Herausforderung an und machte sich ans Werk. Mit ABB, der Mutter von Striebel & John, verbindet das Unternehmen dabei eine lange gemeinsame Geschichte: ABB-Roboter bilden das Herzstück zahlreicher Anlagen, die Transnova Ruf für verschiedene Kunden realisiert.

„Ich will die Anlage um die Roboter bauen, nicht andersherum“, erklärt Unternehmensgründer Dr. Klaus-Peter Ruf das Konstruktionsprinzip von Transnova Ruf. „Dadurch haben wir weniger konventionelle Bauteile und eine hohe Zugänglichkeit der Anlage.“ Je nach Komplexität durchläuft eine Kundenanlage dabei mehrere Konzeptphasen, erst mit 2D-Skizzen, dann anhand einer 3D-Konstruktion. Durch die 3D-Simulation in der Software ABB Robot Studio bekommen die Kunden von Transnova Ruf in den Design Reviews einen plastischen Eindruck von der künftigen Anlage. Lange vor der Inbetriebnahme können sie auf diese Weise Anpassungen veranlassen und damit den Zeit- und Kostenaufwand für physische Tests und Inbetriebnahmen reduzieren. Auch Störungen lassen sich so vermeiden.

Bei ABB Striebel & John sorgen seit Anfang 2023 sechs ABB-Roboter des Typs IRB 6700 und zwei des Typs IRB 1200 dafür, dass die Schaltschränke vollautomatisch verpackt, palettiert und etikettiert werden. Highlight der Anlage ist die parameterbasierte Software. Früher erfolgte die Roboterprogrammierung Punkt-zu-Punkt, das bedeutet, für jeden einzelnen Artikel musste die Bahn des Roboters manuell programmiert werden. Wenn das Portfolio wuchs, mussten Software-Experten eigens anreisen, um neue Artikel in das Roboterprogramm aufzunehmen.

Transnova Ruf hat hierfür eine zeitsparende Alternative gefunden: Anhand von Formeln errechnet die Anlage schnell und ohne manuellen Zusatzaufwand die optimale Laufbahn für jeden Roboter. Wird ein Schaltschrank der Anlage zugeführt, übergibt die Gesamtanlagensteuerung auch eine Artikelnummer an die ABB-Roboter. Die darin enthaltenen Artikeldaten liefern den Robotern alle benötigten Informationen für die Parametrierung. Der Anlagenbediener muss lediglich die Maße des Packstücks – Länge, Breite, Höhe – sowie die Formationsstruktur eingeben und der Roboter berechnet auf dieser Basis eigenständig das Packschema. Dies spart nicht nur Zeit und Programmieraufwand, sondern eröffnet den Anwendern ein hohes Maß an Unabhängigkeit.

Vollautomatisch von der Kartonage bis zur Palette

Da die Anlage gedoppelt ist, lässt sich in der gleichen Zeit die doppelte Stückzahl realisieren – oder es können synchron zwei verschiedene Arten von Schaltschränken verarbeitet werden. An zwei Palettenplätzen werden die Paletten mit Kartonage-Stapeln eingeschleust. Einer der beiden IRB 6700 saugt den obersten Kartonzuschnitt an und legt diesen in einer Zentriereinheit ab. Der Zuschnitt gleitet auf zwei Anschlagkanten und zentriert sich rein durch die Schwerkraft, ohne Aktorik. Den zentrierten Zuschnitt nimmt der Roboter wieder auf und legt ihn nach dem Applizieren mit Heißleim positionsgenau in der Faltstation ab.

Gleichzeitig fahren die Schaltschränke über einen Gurtförderer zum Aufnahmepunkt und werden zentriert. Der zweite IRB 6700 holt den Schaltschrank vom Förderer ab und legt ihn auf den vorbereiteten Kartonzuschnitt. Dann wird der Karton um den Schaltschrank gefaltet und verpresst. Fertig ist der Boden der Verpackung. Der erste Roboter holt indes einen zweiten Kartonzuschnitt ab. Dieser wird zentriert, geleimt und – um 180 Grad gedreht – als Deckel der Verpackung um den Schaltschrank gefaltet.

Der so vorverpackte Schaltschrank wird zum Umreifen in die Umbänderungsanlage transportiert. Ein kleiner IRB 1200 versieht jeden Schaltschrank-Karton an der Etikettierstation mit jeweils zwei Etiketten. Aus den Abmessungen des Schaltschranks weiß der Roboter, wo genau er die Etiketten anbringen muss. Der Palettierroboter platziert den verpackten Schaltschrank danach auf die Palette. Wie beim Schaltschrank-Tetris sind hier je nach Abmessungen unterschiedliche Kombinationen möglich: Längs, quer, gegeneinandergestellt, mit Rückwand nach innen oder nach außen. Am Ende verlässt das transportfähige Gebilde die Etikettieranlage auf einem Querverteilwagen.

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