Startseite » Technik » Automatisierung »

Cobots von Universal Robots verbessern die Ergonomie im Opel-Werk Eisenach

Automatisierung
Cobots von Universal Robots verbessern Ergonomie in Opel-Werk

Firmen im Artikel
Die Mensch-Roboter-Kollaboration, kurz MRK, schafft neue Möglichkeiten in der Automatisierung. Der Autobauer Opel hat die Chance erkannt und setzt Cobots in der Montage ein. Die Werker profitieren davon, denn sie werden von ergonomisch ungünstigen Arbeiten befreit.

In seinem Werk in Eisenach hat der Autobauer Opel einen entscheidenden Schritt nach vorn getan. Kollaborierende Roboter, kurz Cobots, verrichten dort Arbeiten, die bislang manuell durchgeführt wurden. In einer Pilotanwendung schraubt ein Modell des Herstellers Universal Robots (UR) Klimakompressoren an die Motorblöcke. Alle zwei Minuten zieht der stählerne Kollege dafür drei Schrauben auf exakt 22 Nm fest. Ohne trennende Schutzzäune erledigt die Robotervariante UR10 diese ergonomisch ungünstige Aufgabe und entlastet damit die Mitarbeiter in der Montage. Für Opel in Thüringen ist dies der Einstieg in die Automatisierung mit Cobots. Die Automobilisten wollen damit Erfahrungen sammeln für künftige Applikationen am Standort Eisenach.

Die Entwicklung begann im letzten Jahr mit der Gründung eines werkweiten Automatisierungsteams. Vom Karosseriebau bis zur Montage identifizierte die Expertengruppe Potenziale für den Einsatz neuer Techniken und führte sie nach und nach am Standort ein. „Wir stellten schnell fest, dass uns kollaborierende Roboter bei der Entwicklung moderner Montagekonzepte eine enorme Innovationskraft bieten können“, erzählt Steve Geinitz, der den Bereich der Fertig- und Endmontage bei Opel im Werk Eisenach leitet. „Die Maschinen können in unmittelbarer Nähe zum Menschen arbeiten und schaffen dadurch ganz neue Szenarien für die Automatisierung.“

Gemeinsam mit seinem Team suchte Geinitz einen ersten Anwendungsfall für den Einstieg in die kollaborative Robotik und einen passenden Anbieter. Beim Einsatzbereich entschied sich der Autobauer für eine Applikation an der Montagelinie von Motoren. Hier fügen die Werker an mehreren Stationen Komponenten zusammen, die zum Motorblock gehören.

Die kollaborierenden Roboter von Universal Robots kannten die Eisenacher bereits von Einsätzen im Mutterkonzern Groupe PSA. „Wir haben uns auch Modelle anderer Hersteller angeschaut, doch die UR-Roboter überzeugten uns durch ihre einfache Programmierung“, so Geinitz. „Bei vielen anderen Modellen muss man sich mit Code in Hochsprache auskennen und tiefer in die Materie einsteigen.“ Die Bedienoberfläche des dänischen Herstellers hingegen sei grafisch und intuitiv aufgebaut.

Seit Januar 2019 unterstützt nun ein UR10 die menschlichen Kollegen bei der Verschraubung von Klimakompressoren an den Motoren. Für seine Aufgabe steht der Cobot zusammen mit den Mitarbeitern an einem Stop-and-Go-Takt. Dem UR10 wird der Motorblock zugeführt, an dem ein Werker zuvor einen Klimakompressor angeheftet hat. Zur finalen Befestigung der Komponenten zieht der Roboter drei Schrauben auf exakt 22 Nm an. Um diese Kraft exakt zu erreichen, findet ein Signalaustausch zwischen dem Cobot und der Schrauber-Steuerung statt. Auf diese Weise schafft der UR10 im Zweischicht-Betrieb 30 Motoren in der Stunde, die von maximal sieben verschiedenen Motortypen stammen können. Je nach Motortyp zieht der Cobot die Schrauben an unterschiedlichen Stellen am Kompressor an. Die nötigen Daten liefert die Fließband-Steuerung. So weiß der Roboter stets, welcher Motortyp gerade ansteht und er kann das entsprechende Programm abspielen.

„Der Cobot befreit unsere Mitarbeiter an der Motorlinie von einer ergonomisch belastenden Tätigkeit“, erklärt Geinitz. „Früher mussten die Werker beim manuellen Verschrauben stets eine große Gegenkraft abfangen.“ Auch die Hand- und Schulterbewegungen waren auf Dauer ermüdend. Um der Belegschaft mögliche Berührungsängste mit dem „neuen Mitarbeiter“ zu nehmen, hat der Fertigungsingenieur den Cobot auf den Namen „Günni“ getauft. „Wenn man eine Technik einführt, die eine ähnliche Arbeit verrichtet wie der Mensch, dann ist eine anfängliche Skepsis meist gegeben,“ erzählt er. „Die Namensgebung hat das Verhältnis jedoch von Beginn an aufgelockert.“ Inzwischen schätzen die Mitarbeiter die Entlastung durch Günni sehr.

Opel profitiert auch von einem Kompetenzaufbau rund um die kollaborative Robotik. Im Rahmen des Projekts absolvierten einige Mitarbeiter eine Grundschulung zur Bedienung und Programmierung der Cobots bei Willich Elektrotechnik in Bebra unweit von Eisenach. Als zertifizierter Trainingspartner von UR vermittelt das Unternehmen in seinem Schulungszentrum praxisorientiert Kenntnisse für ihre Automatisierungsvorhaben. „Als wir uns für Universal Robots entschiedenen haben war das ein wichtiger Punkt, so eine Weiterbildungsmöglichkeit in der Nachbarschaft zu haben“, berichtet Geinitz. Das Angebot ist für den Autobauer eine Ergänzung zur UR Academy, dem virtuellen Klassenzimmer von Universal Robots. Mit dem Grundwissen in der Tasche setzte das Projektteam von Opel die Applikation schließlich in Eigenregie um – vom Endeffektor bis hin zur Implementierung am Band. Die Technik von UR mit ihren vielfältigen Schnittstellen und der einfachen Bedienoberfläche lieferte dafür die Basis. Das Team um Geinitz entwickelte zudem einen Schrauber mit einer speziellen Federnuss.

Als Vorbereitung für den Einsatz in der reellen Arbeitsumgebung baute Opel den Cobot zunächst in einer Entwicklungswerkstatt auf. Hier wurden die Signale für den Prozess an der Linie simuliert. „So haben wir dem Cobot beigebracht, was er tun muss, wenn zum Beispiel der Motor am Band angekommen oder wenn er mit der ersten Schraube fertig ist“, erklärt Geinitz. Die Robotersteuerung bringt dabei alle Anschlüsse mit, um den Cobot erfolgreich in die bestehenden Fertigungsabläufe einbinden zu können. Innerhalb weniger Monate schaffte es der UR10 schließlich aus der Werkstatt an das Band, wo sein erster, echter Job auf ihn wartete.

Hier arbeitet der Roboter im laufenden Betrieb ohne Schutzumhausung in unmittelbarer Nähe zu den Mitarbeitern. Vor dem ersten Einsatz führte Opel eine Risikobeurteilung durch. Dabei setzte der Autobauer die Sicherheitsfeatures des UR-Modells gezielt ein. So wurden etwa die Kräfte gemessen und Stopp-Werte bei unerwarteten Hindernissen programmiert. Außerdem wurde der sichere Handlungsraum des Cobots über virtuelle Ebenen festgelegt. Auf Kopfhöhe der Werker darf sich Günni beispielsweise nicht bewegen. „Im Vergleich zu herkömmlichen Industrierobotern müssen wir keine externen Käfige oder Lichtschranken installieren“, freut sich Geinitz. „Deswegen braucht der UR10 gerade mal einen Quadratmeter Platz am Fließband.“

An die Erfolge der Pilotanwendung will Opel anknüpfen. In der Entwicklungswerkstatt steht bereits ein zweiter UR10 bereit. An ihm erprobt der Autobauer neue Applikationen und schult die Belegschaft im Umgang mit der Zukunftstechnik, die in den Werkshallen in Thüringen immer mehr zur Realität wird. Geinitz ist davon überzeugt, dass der zweite Roboterarm schon bald seinen Platz finden wird. „Seit jeher steht das Eisenacher Werk für Teamgeist und Fertigungsqualität“, ist sich Geinitz sicher. „Mit den Cobots können wir neue Einsatzszenarien umsetzen und zugleich unserer Mitarbeiter ergonomisch unterstützen.“ Gemeinsam mit dem dänischen Roboterpionier will Opel in Thüringen künftig ein Impulsgeber für die moderne Automobilproduktion sein. (ub)


Die leichten Roboterarme von Universal Robots sind für die Zusammenarbeit mit dem Menschen konzipiert. Anfassen und ausprobieren ist ausdrücklich erwünscht. Bild: Michael Wallmüllerusatz

Robotik aus Dänemark

Bei der Gründung von Universal Robots im Jahr 2005 war es das erklärte Ziel, leichte, flexible und benutzerfreundliche Industrieroboter zu entwickeln, die ohne Schutzzaun mit dem Menschen zusammenarbeiten können. 2008 kam das erste Modell auf den Markt. Seither ist der Roboterbauer kontinuierlich gewachsen und verkauft seine Roboterarme mittlerweile weltweit. Universal Robots, das zum Unternehmen Teradyne gehört, hat seinen Unternehmenssitz im dänischen Odense und verfügt über regionale Niederlassungen in 15 Ländern, unter anderem in den Europa, China, Indien, Japan, Südkorea, Taiwan, Mexico und den USA. Universal Robots erzielte 2018 einen Umsatz von 234 Mio. US-Dollar. Weitere Informationen unter:

www.universal-robots.com.


Hinsichtlich Fertigungstechnik und Produktionssysteme zählt das Werk Eisenach weltweit zu den modernsten und ist zudem ein fester Bestandteil von Stadt und Region. Bild: Opel

Opel und das Werk Eisenach

Opel zählt zu den großen Autobauern in Europa. Seit August 2017 gehört das Unternehmen zur Groupe PSA. Weltweit sind Opel und die Schwestermarke Vauxhall in mehr als 60 Ländern vertreten und verkauften 2018 rund eine Million Fahrzeuge. Gegenwärtig setzten die Rüsselsheimer eine Strategie zur Elektrifizierung des Portfolios um. Damit soll sichergestellt werden, dass auch zukünftige Anforderungen der Kunden erfüllt werden. Bis 2024 soll es bei allen europäischen Pkw-Baureihen auch eine elektrifizierte Variante geben. Opel ist ein Vorreiter für die Demokratisierung der Mobilität. Durch seine effiziente Produktion wurden innovative Autos für weite Kreise der Gesellschaft erschwinglich. Bis heute sind mehr als 70 Mio. Fahrzeuge mit dem Blitz gebaut worden. Eine Schlüsselrolle in der schlanken Fertigung spielt das Werk Eisenach. Der thüringische Standort wurde 1992 eröffnet und setzt mit seinen rund 1400 Mitarbeitern immer wieder Impulse für die Automobilherstellung in Deutschland.


Gut besucht war bereits das Forum Robotic 1, das am 26. Juni stattfand und den „Arbeitsplatz der Zukunft“ bleuchtete. Bild: Markus Stehlitz

Forum Robotic 2

Robotik wird immer komplexer. Deswegen bietet die Redaktion Industrieanzeiger in Zusammenarbeit mit der Technology Academy mehrere Kongresse im Jahr an, auf denen sich die Teilnehmer gezielt mit der Technik vertraut machen können. Auf dem Forum Robotic 2, das am 10. Oktober 2019 in der Technology Academy auf dem Hannover Messegelände stattfindet, geht es speziell um das Teachen und Trainieren von Robotern. Hintergrund sind die kleiner werdenden Losgrößen in der Produktion. Die Produkte werden individueller und die Anforderungen an die Flexibilität der Fertigung nehmen zu. Auf den ersten Blick keine Domäne für Roboter, doch das täuscht. Auch die eisernen Gesellen finden zunehmend außerhalb der Serienproduktion ihren Platz. Möglich machen das Programmiersysteme, die auch Mitarbeiter ohne Spezialwissen bedienen können. Neben Verfahren wie dem Teachen kommen neue Methoden der Mensch-Roboter-Interaktion zum Einsatz. Sie erleichtern die Konfiguration und Programmierung von robotergestützten Fertigungsschritten, sind zuverlässig und benutzerfreundlich. Deswegen sind sie für Mitarbeiter akzeptabel und machen Sinn auch in kleineren Unternehmen. Mehr Infos unter http://hier.pro/jOC5h

Folgende Themen sind geplant:

  • Welche Lösungen zur automatischen Programmerzeugung gibt es?
  • Was leisten handgeführte Lösungen?
  • Welche Rolle spielt die KI bei der Roboterprogrammierung?
  • Was leisten Motion-Capture-Systeme?
  • Prinzip Baukasten: Wie aus Programmbausteine komplexen Lösungen werden
  • Offline programmieren – ein Ansatz mit Zukunft?
  • CAD-basierter Simulationssoftware
  • Welche Rolle spielt die Bildverarbeitung bei der Roboterprogrammierung?
  • Moderne Schulungsmethoden zur Roboterprogrammierung

Mit 220 Teilnehmern war die Technology Academy beim letzten Robotics Kongress voll bis unter das Dach. Wer dabei sein will, sollte sich rechtzeitig anmelden. Bild: Michael Wallmüller

Robotics Kongress 2020

Das Highlight der Robotik-Events im kommenden Jahr ist der 9. Robotics Kongress, der am 12. Februar 2020 über die Bühne geht. Veranstaltungsort ist die Technology Academy auf dem Hannover Messegelände gegenüber dem Expo-Dach. Der Arbeitstitel der kommenden Veranstaltung lautet: Mit Robotern in die smarte Zukunft. Die Welt der Robotik durchläuft gerade einen Wandel. Nachdem Industrieroboter jahrzehntelang getrennt vom Menschen schwere Arbeiten verrichteten, rücken der eiserne Werker und jene aus Fleisch und Blut zusammen, um Arbeiten gemeinsam zu verrichten. Dieser Trend, die Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK), zieht sich durch alle Branchen. Zwei Themenblöcke werden den kommenden Robotics Kongress prägen:

MRK & Safety

Es gibt sie natürlich noch, die schweren Industrieroboter hinter den Schutzzäunen, die vor allem Schweißaufgaben in der Automobilindustrie verrichten. Die neue Roboter-Generation hat den Käfig allerdings verlassen und ist speziell für die Zusammenarbeit mit dem Menschen entwickelt. Bei MRK spielt die Sicherheit eine zentrale Rolle. Safety-Ansätze gibt es viele – von der Trittmatten über Laserschranken und Software-Kokons bis hin zur schützenden Roboterhaut. Mit dem Thema Sicherheit steht und fällt die MRK, vor allem vor dem Hintergrund, dass aktuell immer stärkere Roboter mit dem Menschen zusammenarbeiten sollen.

Maschinelles Lernen und KI

Hinter diesen beiden Begriffen stecken Software-Algorithmen, die aus Daten lernen können. Die Technik erlebt derzeit in der Automatisierung einen Hype und ist speziell für die Robotik richtungsweisend. Roboter können heute selbstständig dazu lernen und neue Fähigkeiten entwickeln. Deep Learning und Reinforcement Learning sind hier die zentralen Begriffe. Deep Learning stützt sich auf die Architektur der neuronalen Netze, die sich vor allem bei der Bilderkennung bewährt haben. Beim Reinforcement Learning sind die Aktionen des Roboters mit einer Belohnungsfunktion verknüpft. Die Maschine merkt sich, wenn sie etwas richtig gemacht hat und löst so die gestellte Aufgabe immer besser, ohne dass dafür auch nur eine Zeile Programmcode geschrieben werden muss. Neben hochkarätigen Fachvorträgen präsentieren zudem die drei Gewinner des Robotics Award 2019 ihre Lösung. Lassen Sie sich den Treff für Robotik-Profis nicht entgehen und melden Sie sich rechtzeitig an, bevor die letzten Plätze weg sind. Mehr Infos unter http://hier.pro/mOLuy (ub)


Keine Angst vorm Kollegen Roboter!

Die Aufforderung ist leichter geschrieben als umgesetzt. Es ist verständlich, dass sich die Werker fragen, was aus ihnen werden soll, wenn plötzlich eine Maschine ihre Arbeit übernimmt. Doch die Skepsis ist unbegründet. In allen Mensch-Roboter-Kollaborationen (MRK), die ich bisher gesehen habe, wurde der Werker nicht entlassen, sondern entlastet. Alles andere würde auch das Ziel verfehlen und den Begriff MRK ad absurdum führen.

Unsere Webinar-Empfehlung
Firmen im Artikel
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 11
Ausgabe
11.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de