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Die Gerichs – eine echt mutige Familie

Sägewerk mit drei Mitarbeitern hat sich einen Kuka-Roboter zugelegt
Die Gerichs – eine echt mutige Familie

Robotik | Das Familienunternehmen Gerich mit Sitz im oberbayerischen Nassenfels investierte in einen Roboter. Jetzt können Vater, Tochter und Sohn viel besser auf die Anforderungen der Kunden reagieren.

Viele Firmen stehen der Automatisierung skeptisch gegenüber. Zu komplex und viel zu teuer – das sind die Bedenken, die oft gegen den Einsatz eines Roboters sprechen. Aber es gibt auch bemerkenswerte Ausnahmen: Die Familie Gerich aus Nassenfels hat keine Angst vor der Automatisierung, im Gegenteil. Das kleine Sägewerk mit seinen drei Mitarbeitern hat zwar noch keinen eigenen Internet-Auftritt, dafür aber die Konsolvariante eines Kuka-Roboters im Einsatz.

Neben einem Gatter-Sägewerk betreiben die Gerichs eine auftragsbezogene Palettenherstellung. Die Familie hat nicht vor, in die große Serienfertigung einzusteigen, sondern möchte sich auf die individuelle Kleinserienfertigung konzentrieren.
Das Ziel ist, schnell und flexibel auf wechselnde Kundenaufträge reagieren und in kurzer Zeit einen individuellen Palettentyp produzieren können. Die dafür eingesetzte Paletten-Nagelmaschine, die aus einzelnen Holzbrettern eine fertig vernagelte Palette herstellt, sollte am Maschinenausgang mit einer automatischen Aufstapelung ausgestattet werden. „Wir wollten, dass die Anlage nur durch eine Person bedient werden kann“, erklärt Seniorchef Xaver Gerich. „Die sollte nicht nur das Ausgangsmaterial an der Maschine bereitstellen, sondern gleichzeitig auch die Holzteile in die Maschine einlegen.“
In der Vergangenheit musste die Nagelmaschine immer von zwei Mitarbeitern bedient werden. Das Problem dabei war, dass dadurch an einer anderen Stelle im Unternehmen eine Produktionsunterbrechung verursacht wurde, solange der zweite Mitarbeiter an die Nagelmaschine gebunden war. In einem längeren Gespräch mit dem Kuka-Außendienstmitarbeiter Michael Haas stellte sich heraus, dass man mit einem Roboter die Arbeitsabläufe im Sägewerk wesentlich vereinfachen kann.
Bei der Palettenherstellung muss ein Mitglied der Familie zunächst das Rohmaterial bereitstellen. Die Magazine in der Maschine werden mit Palettenklötzen aufgefüllt und die Bretter für die Paletten am Maschineneingang händisch in die Zuführvorrichtungen eingelegt. Dabei müssen verschiedene Palettentypen berücksichtigt werden. In der Maschine werden zuerst die so genannten Palettendecks vernagelt, danach werden die Klötze zu Kufen verarbeitet. An der nächsten Station werden alle vier Ecken der Palette gleichzeitig mit vier automatischen Gehrungssägen gekappt. Schließlich werden die Paletten zur Ausricht- und Aufrichtstation transportiert. Hier holt der Kuka-Roboter vom Typ KR210L180 K die fertigen Teile ab und stapelt sie auf.
Im Vergleich zu herkömmlichen Abstapel-Automaten kann der Roboter die Paletten drehen. So lassen sie sich Rücken an Rücken stapeln und platzsparend ineinander verschachteln. Der Universal-Pneumatikgreifer des Roboters passt sich automatisch der gewählten Palettenform an und kann so alle Längen und Breiten abdecken. Greifer, Wendevorrichtung und Auslaufband wurden von der Firma Kessler aus Eggenfelden konstruiert, gebaut und montiert. „Die komplette Anlage lässt sich flexibel programmieren und schnell auf andere Palettenmodelle umrüsten, die für den Betrieb wichtig sind“, erklärt Michael Haas. Alle Eingaben erfolgen am Bediengerät des Roboters. Länge, Höhe und Breite der Paletten werden automatisch erkannt. Ebenso werden Aufnahmepunkt und Stapelablagepunkt automatisch berechnet. Nach der Ablage der Palette wird die Höhe des Stapels gemessen. Mit diesen Daten werden Toleranzen in der Höhenregelung ausgeglichen. Und schließlich lassen sich die Paletten mit dem ausgeklügelten Greifer entweder verschachtelt oder eins zu eins übereinander stapeln.
„Mit konventioneller Technik wäre diese Anwendung nicht zu realisieren gewesen“, weiß Frank Zimmermann, Key Technology Manager bei der Kuka Roboter GmbH. „Die vielen Programmvarianten und das Handling der verschiedenen Palettengrößen sind nur mit einem Robotersystem möglich.“ Das gleiche gilt für die verschachtelte Ablage der Paletten. Auch der Hersteller der Nagelmaschine konnte die Variantenvielfalt mit seiner konventionellen Technik nicht mehr abdecken und denkt inzwischen darüber nach, in seine Anlage ebenfalls Robotertechnik zu integrieren.
Auch für die kalte Jahreszeit sind die Gerichs gerüstet. Da der Roboter in einer Halle steht, kann bei Bedarf ein Warmhalte-Programm angewählt werden. Dies stellt bei niedrigen Temperaturen die volle Leistungsfähigkeit des Roboters sicher. „Und wenn die Maschine im Winter bei Temperaturen um den Gefrierpunkt arbeiten muss, wird vor Produktionsbeginn ein Programm zum Warmfahren angeworfen“, erläutert Frank Zimmermann.
Die Familie Gerich hat den Sprung ins kalte Wasser gewagt. Mit Robotertechnik war keiner der drei Mitarbeiter vertraut. Doch ein einführender Roboterkurs bei Kuka in Gersthofen und die Einweisung vor Ort haben das Problem gelöst. Inzwischen kennen sich alle Familienmitglieder mit dem System gut aus. „Wir sind richtig stolz, dass wir in diese Technik investiert haben“, sagt Sieglinde Gerich. „Der Roboter erleichtert uns die Arbeit erheblich.“ Mittlerweile ist in Nassenfels ein zweiter Kuka-Roboter in Betrieb gegangen. Das Modell kommt bei Sonderpaletten zum Einsatz, die nicht die Gehrungssägen durchlaufen und auch nicht gewendet werden müssen. Der stählerne Kollege entnimmt sie deshalb seitlich gleich nach der Nagelmaschine. (ub) •
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