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So gestaltet die OI4 die Industrie der Zukunft

Ekrem Yigitdöl über Interoperabilität bei der Umsetzung von Industrie 4.0
„Es geht darum, den Markt und die Endkunden zu verstehen“

Die Open Industry 4.0 Alliance (im Folgenden kurz OI4) agiert als partnerschaftlicher Zusammenschluss von Unternehmen, die an der Umsetzung von herstellerübergreifenden Industrie-4.0-Lösungen und -Services beteiligt sind. In Arbeitsgruppen erarbeiten Experten Use Cases und setzen diese technisch um. Die Lösungen werden mit Implementierungshilfen geteilt und auch außerhalb der Allianz zur Verfügung gestellt. Die Allianz wurde im April 2019 gegründet. Zeit, mit dem Geschäftsführer Ekrem Yigitdöl über die Intention und die Zukunft der OI4 zu sprechen.

» Hagen Wagner, Redakteur Industrieanzeiger

Warum ist unternehmensübergreifende Interoperabilität im Zeitalter der Smart Factory so wichtig?

Interoperabilität ist von entscheidender Bedeutung, da ohne gemeinsame Datennutzung der volle Nutzen von Industrie 4.0 für Fabrikbetreiber und Anwender nicht ausgeschöpft werden kann. Innerhalb eines Unternehmens oder eines Unternehmensverbundes mag dies noch möglich sein. Unternehmensübergreifend und entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist dies jedoch nicht alleine zu bewältigen. Daher ist es essenziell, Interoperabilität über Unternehmensgrenzen hinweg sicherzustellen.

Können Sie ein Beispiel nennen, warum es ohne Interoperabilität nicht funktioniert?

Als produzierendes Unternehmen ist es wichtig, sowohl die vor- als auch die nachgelagerten Prozesse und Informationen zu kennen und zu verstehen. Das bedeutet, dass man als Hersteller die Rohstoffe und die damit verbundenen Informationen erhält und gleichzeitig die generierten Daten und Informationen an den Endkunden weitergeben muss. Zunehmend ist dies nicht mehr nur eine Frage des Wollens, sondern des Müssens, da regulatorische Anforderungen an produzierende Unternehmen gestellt werden. Dies betrifft beispielsweise die Datensicherheit, wie sie im Cyber Security Act und im Cyber Resilience Act geregelt ist, oder die Notwendigkeit, den CO2-Fußabdruck zu ermitteln und zu kommunizieren.

Wie fördert die OI4 die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, die sich traditionell als Konkurrenten betrachten?

Wir fördern die Zusammenarbeit, indem wir als vorwettbewerbliche Organisation agieren. In unseren Arbeits- und Projektgruppen werden keine wettbewerbsrelevanten Informationen ausgetauscht. Außerdem bringen wir Experten aus unterschiedlichen Disziplinen zusammen. Auch im vorwettbewerblichen Kontext ist Wissen aus unterschiedlichen Bereichen wie Technologie, Komponenten, Hardware und Software entscheidend. Unternehmen, die miteinander im Wettbewerb stehen, leisten hier zunächst Übersetzungsarbeit, indem sie gemeinsame Kundenbedürfnisse und Probleme identifizieren. In dieser Phase werden noch keine Produkte oder Lösungen entwickelt, sondern es geht zunächst darum, den Markt und die Anforderungen der Endkunden zu verstehen, um mit diesem Wissen später vorwettbewerblich agieren zu können.

Wie kann man zögerliche Unternehmen davon überzeugen, dass Offenheit und Kooperation von Vorteil sind?

Die Vorteile werden deutlich, wenn man sich mit den Ergebnissen der OI4 und der Arbeitsgruppen beschäftigt. Häufig kennen die Mitgliedsunternehmen andere Partner und Unternehmen, mit denen sie bereits bilateral zusammenarbeiten. Wenn dann Fragestellungen im Kontext der Digitalisierung auftauchen, wird gerne darauf hingewiesen, dass diese in einer branchen- und technologieunabhängigen Community wie der OI4 neutral angegangen und thematisiert werden können. Auf diese Weise lernen die Unternehmen voneinander und teilen ähnliche Herausforderungen. Ein Mitgliedsunternehmen bringt solche Fragestellungen gerne in die Zusammenarbeit mit anderen Firmen ein, sei es in Form von Community-Projekten oder in Projekten mit Endkundenbezug. Oft wird dann vorgeschlagen, die Frage in die OI4 einzubringen, um gemeinsam in der Community eine umsetzbare Lösung zu finden.

Welchen konkreten Nutzen haben Unternehmen von einer Mitgliedschaft?

Zum einen werden die Produktions- und Entwicklungsumgebungen von den Mitarbeitern der OI4 für eine Nutzung ohne den Bedarf einer Vorabinvestition des einzelnen Unternehmens zur Verfügung gestellt. Innerhalb von OI4 organisieren wir verschiedene Formate wie Hackathons, bei denen technische Herausforderungen gelöst werden, oder zum Wissensaustausch unser jährliches Knowledge Camp, welches auch die Einbindung von Endanwendern und Partnerorganisationen vorsieht. Hier teilen wir das erworbene Wissen mit der gesamten Community. Ein weiterer Mehrwert ist, dass wir die Zusammenarbeit und Interaktion mit Standardisierungsgremien zentral organisieren. So muss nicht jedes Unternehmen einzeln mit den gleichen Standardisierungsgremien interagieren, sondern wir bündeln diese Prozesse für die gesamte Community. Dadurch werden die Unternehmen entlastet und können sich auf ihre inhaltlichen Aufgaben konzentrieren, während OI4 als Brücke zu den Standardisierungsorganisationen fungiert. Durch unsere zunehmende Internationalisierung und das Wachstum der letzten Jahre haben wir zudem eine größere Reichweite, um Projekte und Ergebnisse erfolgreich am Markt zu kommunizieren.

Neue Technologien bringen neue Gesetze und Vorschriften mit sich. Wie begegnet die Allianz den damit verbundenen Herausforderungen?

Also in der Regel beginnt das Ganze mit Information: Was ist das und was bedeutet das für mich als Unternehmen, wenn ich Anbieter oder Anwender bin? Im zweiten Schritt schaut man, welche Vorentwicklungen kann man nutzen, um schneller zu einer Antwort auf diese Anforderung zu kommen, so dass das Kartenhaus nicht immer wieder neu aufgebaut werden muss, sondern sich weiterentwickelt. Und letztendlich ist es dann so, dass es zumindest für jedes Unternehmen eine Information gibt, wo man weiß, ich bin an einem Punkt, wo ich diese Regulierung leichter umsetzen kann oder ich weiß, was der Markt mir liefert.

Wie wird sich die OI4 weiterentwickeln?

Seit etwa einem halben Jahr sind wir Teil der Manufacturing-X-Initiative. Dies ist von großer strategischer Bedeutung, da OI4 zwar bereits international tätig ist, aber weiter global wachsen möchte. Dabei greifen wir auf die in der DACH-Region gewonnenen Erkenntnisse zurück, die wir in Märkte wie Asien und Nordamerika einbringen wollen. Der Erfolg solcher Initiativen hängt aber oft davon ab, vor Ort die richtigen Partner und Unternehmen zu finden, die bereit sind, mitzumachen. So werden wir im Oktober nach Japan und Korea und im November nach Nordamerika reisen.

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