Kurze Produktlebenszyklen und eine hohe Variantenvielfalt sind Anforderungen, die der industrielle Wandel mit sich bringt. Gleichzeitig ist wird es immer wichtiger, Mitarbeiter schnell und intuitiv in neue Aufgaben einweisen zu können. Das verlangt ein neuartiges Zusammenspiel von Menschen, Maschinen und Software. Eine entscheidende Rolle spielen selbstlernende Systeme mit künstlicher Intelligenz und roboterbasierte Automatisierungslösungen, die Hand in Hand mit dem Menschen zusammenarbeiten und sich untereinander vernetzen können. Im Bionic Workplace sind all diese Anforderungen in einer Arbeitsumgebung vereint. Dabei kooperiert der Mensch mit einem bionischen Roboterarm sowie zahlreichen Assistenzsystemen und Peripheriegeräten, die miteinander vernetzt sind und untereinander kommunizieren.
Zentraler Bestandteil ist der pneumatische Leichtbauroboter Bionic Cobot. Er ist dem menschlichen Arm nachempfunden. Seine Bewegungen werden durch Luftdruck erzeugt, was ihn nachgiebig macht. Dadurch kann er unmittelbar und sicher mit dem Menschen interagieren. Möglich macht dies digitalisierte Pneumatik: Das Motion Terminal eröffnet neue Lösungsräume für die sichere Mensch-Roboter-Kollaboration und erlaubt dem Roboter kraftvolle und schnelle, aber auch weiche und feinfühlige Bewegungsabläufe.
Der gesamte Arbeitsplatz ist ergonomisch gestaltet und bis hin zur Beleuchtung individuell an den Menschen adaptierbar. Sensoren und Kamerasysteme erfassen die Positionen von Werker, Bauteilen und Werkzeugen, sodass der Mensch den Bionic Cobot über Bewegung, Berührung oder Sprache intuitiv steuern kann. Eine Software verarbeitet sämtliche Kamerabilder und Inputs der verschiedenen Peripheriegeräte. Daraus leitet sie den optimalen Programmablauf ab. Das System lernt mit jeder gelösten Aktion dazu und optimiert sich selbst. So gelangt man von einem gesteuerten, programmierten und festen Ablauf nach und nach zu einem wesentlich freieren Arbeiten.
Arbeitsplätze im weltweiten Verbund
Die einmal gelernten, optimierten Prozesse und Fertigkeiten lassen sich sehr einfach in Echtzeit auf andere Systeme dieser Art übertragen und global zur Verfügung stellen. So ist es möglich, Arbeitsplätze künftig als weltweit vernetzten Verbund aufzubauen und Wissensbausteine zu teilen, wobei die Kommunikation der Landessprache angepasst wird. Die Produktion wird nicht nur flexibler, sondern auch dezentraler: Werker können Produktionsaufträge über Internetplattformen abrufen und sie in Kooperation mit den Maschinen eigenständig ausführen – abgestimmt auf Kundenwünsche. Auch eine Fernmanipulation des Arbeitsplatzes ist denkbar.
Ein Beispiel: Um ein persönliches Modell eines Kopfes anzufertigen, schneidet ein Lasercutter Acrylglasscheiben zu. Das zuvor per Smartphone eingescannte Gesicht einer Person wandelt eine Software in ein CAD-Modell um und zerlegt es danach in Scheiben. Nach dieser dreidimensionalen Vorlage schneidet der Lasercutter die Elemente aus. Der Bionic Cobot nimmt die Scheiben aus dem Schneidebereich und reicht dem Werker die Teile in der richtigen Reihenfolge an, der sie dann zu einem einzigartigen Modell zusammenfügt.
Für den Materialnachschub sorgt ein Robotino, der autonom zwischen den Stationen pendelt und mittels Laserscanner seinen Weg findet. Beladen wird er von einer weiterentwickelten Version des Bionic Motion Robot, einer Softrobotik-Struktur mit pneumatischen Kammern, und einem 3D-gestrickten Textilbezug. Das vereint alle wesentlichen Elemente der Robotik.
Radlerspinne und Flughund als Vorbilder
Laufen und Rollen wie eine Radlerspinne – so kann sich der Bionic Wheelbot fortbewegen. Gemeinsam mit dem Team um den Entdecker der Spinne Ingo Rechenberg hat Festo diese Bewegungsformen technisch umgesetzt. Beim Bionic Flyingfox stand der Flughund Pate: Er beeindruckt mit einer Spannweite von 2,28 m und teilautonomen Flugkünsten – möglich durch ein Motion-Tracking-System und Machine Learning.
Wechselseitiger Dreibeinlauf
Genau wie die echte Spinne bewegt sich der Bionic Wheelbot im wechselseitigen Dreibeinlauf. Das heißt, er nutzt sechs seiner acht Beine zum Laufen. Um ins Rollen zu kommen, formt er links und rechts von seinem Körper jeweils drei Beine zu einem Rad. Zwei beim Laufen eingeklappte Beine fahren nun aus, stoßen die zusammengekugelte Spinne vom Boden ab und schieben sie während des Rollens permanent an. Damit kann er sich auch in unwegsamem Gelände fortbewegen kann und bleibt nicht stecken.
Im Rollmodus macht er analog zur natürlichen Radlerspinne mit seinem gesamten Körper einen Überschlag. Dank des integrierten Intertialsensors weiß er immer, in welcher Lage er sich befindet und wann er sich wieder abstoßen muss. So ist auch er im Rollen wesentlich schneller als beim Laufen und kann sogar Steigungen von bis zu 5 % bergauf bewältigen.
Um dem natürlichen Flughund so nahe wie möglich zu kommen, ist die Flügelkinematik des Bionic Flyingfox in Arm- und Handschwinge gegliedert und alle Gelenkpunkte liegen auf einer Ebene. Darüber ist eine elastische Haut gespannt, die sich von den Flügeln bis zu den Füßen fortsetzt. Diese Flughaut ist hauchdünn, ultraleicht und gleichzeitig robust.
Motion Tracking für teilautonomes Fliegen
Damit sich der Bionic Flyingfox in einem definierten Luftraum teilautonom bewegen kann, kommuniziert er mit einem Motion-Tracking-System. Zwei Infrarotkameras erfassen permanent seine Position. Zwei Kameras sitzen auf einer Schwenk-Neige-Einheit und lassen sich so drehen und kippen, dass sie den gesamten Flug vom Boden aus verfolgen können. Das System plant die Flugbahnen und liefert die Steuerbefehle. Start und Landung führt der Mensch aus. Im Flug übernimmt ein Autopilot.