Die Transformation der Industriebranche zur Smart Industry setzt sich weiter fort. Industrieunternehmen setzen verstärkt Technologien wie künstliche Intelligenz, Machine Vision und Cloud Computing ein und verbinden ehemalige Silolösungen zu vernetzten Plattformen und Umgebungen. Dadurch können sie ihre Effizienz und Produktivität steigern, was ihnen unter anderem eine „Hyperpersonalisierung“ erlaubt: Sie sind in der Lage, ihre Produkte ökonomisch sinnvoll immer gezielter auf einzelne Märkte und individuelle Kunden zuzuschneiden. Außerdem setzen sie zunehmend neue As-a-Service-Geschäftsmodelle in die Realität um, bei denen ihre Kunden keine Maschinen oder Anlagen mehr kaufen, sondern für bestimmte erreichte Ergebnisse wie etwa die Anzahl der produzierten Werkstücke bezahlen.
Dabei reicht der Transformationsprozess inzwischen weit über die Fabrikhalle hinaus. Unternehmen schaffen nicht nur eine Smart Factory, sondern vernetzen sie mit ihrer Umgebung. So realisieren sie etwa intelligente Gebäude, die mit Sensoren, künstlicher Intelligenz und Building-Management-Systemen den Energieverbrauch optimieren oder mit Videoanalysen die Nutzung, die Sicherheit und den Schutz der Gebäude verbessern. Angebunden an Strom- und Energieversorger sind Smart Factories in der Lage, intelligente Messungen durchzuführen, von Energierückgewinnung zu profitieren oder eine nachfragebasierte Versorgung zu nutzen und dadurch ihre Nachhaltigkeit zu optimieren sowie ihre Betriebskosten zu senken.
Vernetzt mit Transportwesen und Logistik, kann die Smart Factory Echtzeitmonitoring und vorausschauende Analysen bieten, um Fahrzeug- oder Schiffsflotten zu koordinieren und dadurch Lasten zu optimieren, Emissionen zu senken und die Lieferketteneffizienz zu erhöhen. Ist sie vernetzt mit der Bergbau- oder der Öl- und Gasförderung, kann sie sich selbst planbarer und effizienter mit natürlichen Ressourcen versorgen. Durch intelligente Sensoren und mobile Telemetriedaten kann die Smart Factory diese Ressourcen remote überwachen und vorausschauende Services wie Predictive Maintenance von Maschinen vor Ort durchführen.
Cobots – Seite an Seite mit dem Menschen
In den Fabrikhallen selbst sind es vor allem die Fortschritte der Edge-Technologien, die den Transformationsprozess weiter vorantreiben. Sie ermöglichen es Industrieunternehmen, ihre Produktionsstätten immer einfacher mit KI-basierten Cobots, Machine-Vision-Systemen oder HD-Kameras für Videoanalysen auszustatten.
Cobots arbeiten Seite an Seite mit Menschen, um sie bei ihren Aufgaben zu unterstützen und zu entlasten. So heben die kollaborativen Roboter schwere Werkstücke an und richten sie aus, damit ihre menschlichen Kollegen sie bearbeiten können. Ihre Sensoren verhindern, dass sie die menschlichen Kollegen verletzen. Aufgrund der Sensorik können sie in unmittelbarer Nähe und sogar im direkten Kontakt miteinander interagieren, weil die Cobots im Gegensatz zu klassischen Robotern keine Gitter oder andere Schutzeinrichtungen benötigen.
Machine-Vision-Systeme nehmen Bilder auf und analysieren sie mithilfe von künstlicher Intelligenz und Machine Learning. Dadurch sind sie in der Lage, Objekte zu erkennen, zu klassifizieren und ihre Eigenschaften zu ermitteln. Mit diesen Fähigkeiten können sie an vielen Stellen im Fertigungsprozess helfen, etwa bei der Qualitätssicherung oder um Abläufe zu steuern und zu überwachen. Mit HD-Kameras und angeschlossenen intelligenten Videoanalysen schließlich sorgen Industrieunternehmen an ihren Produktionsstätten nicht nur für Einbruchsschutz, sondern gewährleisten auch den Arbeitsschutz ihrer Mitarbeiter.
Große Datenmengen direkt vor Ort verarbeiten
Die Cobots, Machine-Vision-Systeme und Video-Lösungen sind auf moderne Edge-Technologie angewiesen, denn das Übertragen und Verarbeiten ihrer Daten ist anspruchsvoll. Die Datenmengen, die diese Lösungen produzieren, sind so groß, dass sie nicht ökonomisch sinnvoll zu ihrer Analyse an ein zentrales Rechenzentrum oder eine Public Cloud geschickt werden können. Die Kosten dafür wären aufgrund der benötigten Bandbreite sehr hoch. Das Verarbeiten der Daten ist außerdem in vielen Fällen zeitkritisch, und dieser Weg würde den Prozess erheblich verzögern.
Cobots, Machine Vision und Video benötigen deshalb zweierlei: Zum einen IT-Systeme, die ihre Daten direkt vor Ort verarbeiten können, und zum anderen eine Konnektivität, die es ihnen erlaubt, die Daten mit möglichst geringen Latenzen an diese Systeme zu übertragen. Die erforderliche Konnektivitäts-Lösung ist mit 5G verfügbar. IT- und TK-Anbieter wie etwa Dell Technologies und Nokia kooperieren, damit Industrieunternehmen private 5G-Netzwerke auf ihrem Fabrikgelände zu diesem Zweck implementieren können.
Zur Datenverarbeitung vor Ort statten Ausrüster von Smart Factories wie Bosch, Siemens oder GE ihre Lösungen mit leistungsfähigen IT-Systemen aus. Dazu zählen etwa Tablets und Notebooks, die Cobots steuern, oder Server, die Bild- und Videodaten verarbeiten können. Diese IT-Systeme sind „ruggedized“, also speziell für den Einsatz in rauen Industrieumgebungen gehärtet. Sie nehmen keinen Schaden, wenn sie herunterfallen, und ihre Gehäuse sind so konzipiert, dass sie Kälte oder Hitze widerstehen und auch kein Staub oder Öl eindringen kann.
Edge-Geräte lassen sich in Fabrik-Rechenzentren steuern
Für die übergeordnete Steuerung aller Edge-Geräte an einer Produktionsstätte können die Unternehmen zudem auf spezielle hyperkonvergente Infrastrukturen zurückgreifen. Diese kombinieren Rechen-, Speicher- und Netzwerkressourcen sowie Virtualisierungssoftware in einem extrem kompakten, platzsparenden Formfaktor und sind ebenfalls „ruggedized“. Dadurch können sie direkt vor Ort als kleines Fabrik-Rechenzentrum zum Einsatz kommen.
Spezielle Edge-Plattformen wiederum ermöglichen es, alle Edge-Geräte zentralisiert zu verwalten und die darauf laufenden Anwendungen unternehmensweit bereitzustellen, zu managen und zu sichern. Dazu integrieren sie in ihrem Software-Katalog die Lösungen von Smart-Factory-Ausrüstern und bieten Blueprints für den automatisierten Rollout neuer Anwendungen an. Damit können Smart Factories ihre Edge-Umgebungen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Geräte und Anwendungen über mehrere Standorte betreiben.
Mit moderner Edge-Technologie können Unternehmen Daten direkt in ihren Produktionsumgebungen und damit näher an dem Ort, an dem sie entstehen, auswerten. Damit sind sie der Schlüssel für den Einsatz vieler KI-Anwendungen, die in Echtzeit nützliche Erkenntnisse liefern und die Grundlage für automatisierte Abläufe bilden.