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Round Table: Experten diskutieren Themen der Instandhaltung

Messe In.Stand
„Die Digitalisierung macht die Instandhaltung sexy“

Ein hochkarätiges Round-Table-Gespräch mit Experten der Instandhaltung gab im September einen Ausblick auf die Messe In.Stand. Die Teilnehmer: Christian Knaus, Leiter Vertrieb, Wisag Produktionsservice; Michael Oberli, Leiter Service Elektromechanik, SEW Eurodrive; Julian Reime, Manager Messe- und Eventleitung, Landesmesse Stuttgart; Marcel Wöhner, Chief Technical Officer Subsidiary Germany, Pilz.

» Interview: Alexander Gölz, Chefredakteur Industrieanzeiger und Sabine Koll, Redakteurin Quality Engineering

Gölz: Der diesjährige Round Table beginnt mit dem Thema Nachhaltigkeit. Was sind Beispiele für „grüne“ Instandhaltung? Ist diese immer mit neuen Technologien verbunden?

Knaus: Der Trend geht dazu, das Produkt länger einzusetzen. Aber das ist ja per se schon die Aufgabe der Instandhaltung. Der Kunde schickt bei der Reparatur immer mehr Dinge ein, die noch funktionell sind und einfach nur überholt werden müssen. Man erwartet zunehmend, dass wir den Kunden bei der Verbesserung der eigenen Ökobilanz unterstützen. Einige unserer Kunden sind zudem unter großen Kostendruck geraten, nachdem die Energiepreise sich erhöht haben. Die Nachfrage nach Lösungen, die weniger Energieverbrauch bedeuten, die steigt bei uns massiv. Ich glaube, grüne Instandhaltung ist dabei ein Mix aus neuen Technologien und Bewährtem.

Gölz: Ist das Thema Energie also nach wie vor das dringendste?

Oberli: Die Energiefrage ist sicherlich wichtig für das Unternehmen an sich, für das produzierende Gewerbe. Was kann ich tun, um Energie einzusparen? Aber wenn wir jetzt eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie haben wollen, muss man diese unter ökologischen, ökonomischen und auch sozialen Aspekten betrachten. Das heißt Nachhaltigkeit ist jetzt nicht etwas, wo ich sage „Ich mache mir mal Photovoltaik aufs Dach und dann ist alles in Ordnung“, sondern das findet in ganz, ganz vielen kleinen Bereichen statt. Das Wichtige ist da wirklich, die Menschen zum Umdenken zu bewegen – damit sie sich in den Prozessen, wo sie arbeiten, wo sie sich auskennen, fragen können „Was kann ich dazu beitragen?“

Koll: Der Aspekt Fachkräftemangel ist im Moment allgegenwärtig. Können Nachhaltigkeitsbestrebungen und Digitalisierung die Branche attraktiver machen für junge Bewerber?

Wöhner: Fachkräftemangel haben wir in der Tat. Die junge Generation tickt anders und erwartet, dass die Arbeit einen Projektcharakter hat. Ich stelle heute bei uns niemanden ein, um eine Steuerung zu programmieren, sondern zum Beispiel, um das Thema Erdgasverbrauch zu reduzieren. Eine Explosion zu verhindern. Dann freuen sich die jungen Leute, dass sie da mitgearbeitet haben. Was mussten Sie dafür machen? Eine Steuerung programmieren. Aber das schreibe ich nicht mehr aus. Für junge Menschen hat es keinen verbindlichen Charakter, ob sie bei einer bestimmten Firma einen Job haben oder nicht, sondern ob sie bei einem interessanten oder sinnstiftenden Projekt mit dabei sind.

Knaus: Das Berufsfeld verändert sich derzeit massiv. Jeder kennt den Instandhalter, der Hand anlegt an die Maschine und praktisch seine eigene Predictive Maintenance macht. Davon kommen nicht genügend nach. Wenn man aber zeigt, dass Instandhaltung über digitale Lösungen mit einer Sensorik funktioniert, dann spricht man Bewerber mit einer IT-Affinität an, die der klassische Instandhalter so niemals hatte. Die Digitalisierung macht die Instandhaltung sexy und bringt einen anderen Pool an Interessenten mit sich.

Gölz: Die steigende Inflation und die höhere Auslastung von Produktionslinien betreffen sicherlich auch Ihre Unternehmen. Ungeplante Ausfallzeiten kosten heute mehr als noch vor wenigen Jahren, obwohl die Ausfälle von Maschinen zurückgegangen sind. Was bedeutet das für die Instandhaltung?

Oberli: Die Instandhaltung muss wegkommen von der reaktiven Vorgehensweise. Wir müssen unbedingt in die Automatisierung und Digitalisierung rein, zumindest in den wichtigen Bereichen, um dann die Daten für eine vorbeugende Wartung nutzen zu können. Da sind wir auch wieder beim Umdenken: Wichtig ist, dass Nachhaltigkeit in der Instandhaltung nicht nur im Management verankert ist, sondern dass man die Mitarbeiter mitnimmt. Man muss ihnen wirklich die Angst nehmen, denn in der Vergangenheit war es ja so, dass sich eine Instandhaltung bewies, wenn ein akuter Stillstand da war. Dann agierten die Instandhalter und lösten das Problem schnell. Doch wir reden jetzt darüber, dass wir das vermeiden wollen – gar nichts mehr soll ausfallen. Es ist unsere Aufgabe, diese Angst der Mitarbeiter zu reduzieren.

Wöhner: Die Betriebsphase einer Maschine nicht zu stören ist das Ziel und die Herausforderung von Predictive Maintenance. Es stellt sich die interessante Frage: Was darf ich eigentlich an einer arbeitenden Maschine tun – darf ich parallel eine Austauschsteuerung einbauen, um dann einen Hot Swap hinzukriegen und die Ausfallzeiten zu reduzieren? Die Kunden fragen zunehmend, ob etwas parallel angebaut und zum Tag X dann mit einem Mal umgeschaltet werden kann. Das erfordert Umdenken bei uns, gerade in Bezug auf Arbeitsschutz. Man hat eben keine stille Maschine mehr, sondern eine betriebene – wie stelle ich sicher, dass sich nur befugte Personen an der Maschine und in der Gefahrenstelle befinden und niemand anderes?

Koll: Herr Reime, was wird es an Neuerungen auf der In.Stand geben – auch in Bezug auf Predictive Maintenance, Condition Monitoring und Digitalisierung?

Reime: Auf der In.Stand wird es wieder eine Innovation Area geben, auf der viele innovative Unternehmen und Start-ups ihre Ideen präsentieren werden. Speziell die Themen Retrofit, Condition Monitoring und Predictive Maintenance werden dort eine zentrale Rolle spielen. Zudem werden sicher auch die etablierten Unternehmen Neuheiten in diesen Bereichen präsentieren. Am zweiten Tag der Messe findet das Fachforum Instandhaltung powered by Pilz statt, in dem weitere Trendthemen zur Sprache kommen werden. Ein Besuch lohnt sich in jedem Fall.

Koll: Um auf das Thema Nachhaltigkeit zurückzukommen – was tut die Messe Stuttgart diesbezüglich?

Reime: Wir investieren sehr viel in den Ausbau von erneuerbaren Energien auf unserem Messegelände. Zu den PV-Anlagen auf unseren Hallendächern kommt eine angestrebte energiesparende Beleuchtungsumrüstung auf LED hinzu, um das Gelände noch moderner und effizienter zu gestalten. Im Bereich Messebau ist das Thema Nachhaltigkeit ebenfalls berücksichtigt. So werden zum Beispiel Bodenbeläge und Messebauwände wiederverwendet und die Kreislaufwirtschaft angekurbelt. Einen Schwerpunkt der In.Stand, die Lebenszeitverlängerung von Maschinen und Anlagen, leben wir also auch selbst. Nicht zu vergessen: Bei unseren Lebensmittelmessen sind die Tafeln der Region im Einsatz, um einer Verschwendung von übrigen Nahrungsmitteln am Messeabend vorzubeugen.

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