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Auf den Nerv gefühlt

EC-Kleinmotoren: Nerven-Ableitelektroden exakt positioniert
Auf den Nerv gefühlt

Moderne Kleinmotoren stehen auch für reproduzierbare, präzise Bewegung auf kleinstem Raum – eine wichtige Voraussetzung in der µm-Welt der Nervenzellen.

Moderne Wissenschaft geht den Dingen auf den Grund. Es werden Arbeitshypothesen aufgestellt, danach zeigen Messreihen, ob die These stimmt – oder ganz andere Voraussetzungen gelten. Besonders für das komplexe Gebiet der biologischen Datenverarbeitung stellt die praktische Messung am lebenden Objekt „Nerv“ große Anforderungen an die Messeinrichtungen.

Ein wichtiges Instrument für die Nervenforschung fertigt die Thomas Recording GmbH mit Sitz in Gießen. Ihre mehrkanaligen Mikroelektroden-Manipulatorsysteme erlauben es, an unterschiedlichen Stellen im Nervengeflecht gleichzeitig zu messen. Eine kompakte Bauform ist hier ausschlaggebend für handlich einsetzbare Geräte. Aus diesem Grund arbeitet der Messexperte mit dem Kleinantriebsspezialisten Faulhaber aus Schönaich zusammen. Der Anwendung angepasste Kleinantriebe sorgen auf kleinem Raum für komplexe, präzise gesteuerte Bewegung.
Viele Krankheiten, Behinderungen oder Unfallfolgen entstehen durch Verletzungen oder Krankheiten der Nervenzellen. Deshalb sind Erblindung, Phantomschmerz nach Amputation, Prothesensteuerung oder Parkinson heute Gebiete intensiver medizinischer Forschung. Erste Erfolge wie elektronische Sehhilfen für Blinde oder Ohrimplantate für Gehörlose sind schon zu verzeichnen. Um aber hier zu fundierten Ergebnissen zu kommen, ist der Forscher auf mechanisches Werkzeug zur Messung vor Ort angewiesen. Da Nervenzellen, ja selbst Nervenfasern oder Zellverbände naturgemäß sehr klein sind, muss auch das entsprechende Werkzeug filigran ausfallen; im wahrsten Wortsinn haarfeine quarzglasisolierte Platin/Wolframableitelektroden mit nur 80 µm Durchmesser müssen zellgenau und reproduzierbar im Gewebe positioniert werden.
Für einzelne Ableitelektroden gab es dazu schon früher spezielle Vorrichtungen. Der Spezialist aus Gießen entwickelte aber neue, kleine und kompakte Mehrkanal-Manipulatoren für simultane Messungen. Die Elektroden der drei- oder fünfkanaligen Geräte lassen sich unabhängig positionieren. Die nur 250 g respektive 300 g schweren Geräte erlauben dabei Positionierwege von 1 bis 15 000 µm. Die Verfahrgeschwindigkeit beträgt 1…200 µm/s. Der XYZ-Manipulator kann Distanzen von Z=0 …30 mm, X= ± 10 mm und Y= ± 10 mm reproduzierbar abdecken.
Die nötige Bewegung der Elektrodenfaser übernimmt ein patentierter Siliconschlauchelektrodenantrieb. Nur so sind punktgenaue, wiederholbare und damit verifizierbare Messergebnisse möglich. Der dämpfende Silicongummischlauch des Antriebs muss dabei ständig unter definierter Vorspannung gehalten werden. Diesen Part übernehmen bei den drei- und fünfkanaligen Geräten 6 mm durchmessende EC-Kleinmotoren mit passendem Getriebevorsatz. Ein größeres Modell mit bis zu 32 Messfasern setzt dazu auf Kleinantriebe mit 10 mm Durchmesser. Da jede Faser einzeln gesteuert wird, ist je Kanal auch ein Kleinantrieb erforderlich. Aufgrund der Zahl der Kanäle sind nur wirkliche „Kraftzwerge“ für diese Aufgabe geeignet.
Aus den beschränkten Platzverhältnissen im kleinen Gehäuse ergibt sich die Forderung nach kleinster Baugröße. Hinzu kommen noch besondere Anforderungen an die Zuverlässigkeit, schließlich sind Messreihen teuer und oft nicht einfach wiederholbar. Daher darf ein Antrieb im Betrieb nicht versagen. Die dritte Forderung lautet Präzision und Dynamik. Die Spannung der Siliconschläuche muss näherungsweise konstant gehalten und gegebenenfalls schnell nachgeregelt werden. Der Kleinantriebsspezialist aus Schönaich stellt dafür speziell aufeinander abgestimmte Antriebskomponenten zur Verfügung.
Für schnelle dynamische wie auch präzise steuerbare Bewegungen sind elektronisch kommutierte Gleichstrommotoren, so genannte EC-Motoren, der Antrieb der Wahl. Ein kugel- gelagerter permanentmagnet-bestückter Anker dreht sich in einem aus drei Spulen gebildeten Stator. Da nur die Kugellager einem Verschleiß unterliegen, sind diese Motoren für Tausende von störungsfreien Betriebsstunden prädestiniert. Dank der elektronischen Kommutierung und der geringen Masseträgheit des kleinen Ankers ist es möglich, Steuerbefehle schnell umzusetzen.
Da kleine Motoren naturgemäß nur kleine Drehmomente erzeugen können, müssen sie die nötige Leistung aus der Drehzahl „schöpfen“. Die hohe Drehzahl ist für viele Anwendungen ungeeignet, deshalb bietet der Hersteller passende Getriebevorsätze zu den einzelnen Motorreihen an. Die im Motordurchmesser gefertigten Getriebe können einfach auf die Motor-Antriebswelle gesteckt werden. Eine abgestufte Untersetzungsvielfalt erlaubt dabei, den optimalen Drehzahlbereich oder die Drehmomenterhöhung auszuwählen. Im Fall der Manipulatorsysteme wurde die Untersetzung mit 1:625 gewählt. Ein weiterer Vorteil für manche Anwendungen ist die durch die Untersetzung weiter verbesserte Positioniergenauigkeit der Kleinmotoren. Die an sich schon hohe Auflösung der EC-Motoren wird durch das Getriebe je nach Untersetzungsverhältnis und Getriebeausführung – normal oder spielfrei – nochmals drastisch angehoben.
Dipl.-Chem. Andreas Zeiff Dipl.-Ing. (FH) Dietrich Homburg Journalisten in Stutensee
„Kraftzwerge“ steuern Elektrodenfasern
Klein, zuverlässig und präzise
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Titelbild Industrieanzeiger 6
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