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Dauermagnete – mehr als nur anziehend

Bauer & Böcker: Außergewöhnlichste Anwendung sind Dauermagnete für den Hochwasserschutz
Dauermagnete – mehr als nur anziehend

Wenn Duschtüren mit Magnetgummis wasserdicht geschlossen werden, wenn scharfe Messer nicht herunterfallen oder Jeanshosen scheinbar haltlos an einer Wand hängen, dann sind Magnetkräfte im Spiel. Sieht trivial aus, ist es aber nicht immer. Zum Glück gibt es Fachleute.

Gerade nach solchen ausgefallenen Lösungsansätzen schaut die Bauer & Böcker GmbH & Co. KG aus Remscheid. Denn sie lässt sich gerne mit neuen Ideen ihrer Kunden konfrontieren und setzt sie als Spezialist für Dauermagnete gemeinsam mit ihnen um.

Dabei ist Magnet nicht gleich Magnet. Die Anforderungen sind sehr unterschiedlich und für jeden Einzelfall muss nach der perfekten Applikation gesucht werden. Kriterien wie Magnetmaterial, Dimension, Abschirmung, Kratzschutz, Befestigung, hygienische Anforderungen, mechanische oder Umgebungsbeanspruchung müssen bei der Auswahl berücksichtigt werden.
„Meist ist der Magnet nur ein kleines Bauteil einer größeren Anlage“, sagt Susanne Bernshausen, bei Bauer & Böcker zuständig für den technischen Verkauf, „jedoch sind Magnetanwendungen immer wieder eine technische Herausforderung, denn alle Faktoren müssen perfekt aufeinander abgestimmt werden.“
Der Solinger Messerhersteller Güde hatte beispielsweise eine Designidee für einen Messerblock mit Magnethalterung. Bauer & Böcker hat die Prototypen zusammen mit dem Hersteller ausgestattet und getestet. Die Magnete lagen unsichtbar unter einer dünnen Holzschicht. Maßgeblich war, dass die Metallklinge eines jeden Messers trotzdem sicher gehalten wird – und zwar über die gesamte Blocklänge hinweg. Anderseits musste das Abnehmen mit annehmbarem Kraftaufwand möglich sein.
Der Laden- und Messebauer Style’n Store aus Remscheid entdeckte die Magnetkraft bei der Entwicklung spezieller Schaufensterboards, die mit einer farbigen Pulverbeschichtung ausgestattet oder auch mit Stoffimages bespannt werden. Magnete boten sich an, um Motivwechsel zu ermöglichen.
Style’n Store verwendet dabei Neodym-Flachgreifermagnete von Bauer & Böcker, die farblich mit den Magnetboards abgestimmt sind, und selbst schwere und volumenreiche Produkte wie Jeans oder Handtaschen zuverlässig und gekonnt in Szene setzen. Gerade in dieser Branche gilt es, Produkte an Rückwänden ohne Schrauben und Dübel sicher zu fixieren.
Vier verschiedene Grundwerkstoffe eignen sich für die industrielle Nutzung: Aluminium-Nickel-Kobalt (AlNiCo), Hartferrit, Samarium-Kobalt und Neodym. Jeder dieser Grundwerkstoffe verfügt über spezifische Eigenschaften. Bei hohen Temperaturen oder mechanischer Beanspruchung kommen beispielsweise AlNiCo-Magnete zur Anwendung, Hartferrit dagegen verbindet gute Haftkräfte mit einem günstigen Preis.
Der Magnetwerkstoff Neodym hat vor fast 20 Jahren seinen Siegeszug begonnen. Neodym-Magnete sind sehr stark und mittlerweile erschwinglich. Aufgrund dieses Werkstoffs konnten mit Magneten neue Anwendungen erschlossen werden. Jedoch sind Neodym-Magnete nur bis etwa 80 °C einsetzbar und benötigen einen guten Korrosionsschutz – Nickel oder Zink.
Bauer & Böcker gilt seit über 30 Jahren als Spezialist für Dauermagnete und hat in enger Zusammenarbeit mit den Kunden schon verschiedenste magnetische Projekte umgesetzt. Eine der wohl außergewöhnlichsten Magnetanwendungen stellt der Einsatz von Flachgreifermagneten im Hochwasserschutz dar. Magnete aus Remscheid halten Kellerfenster, Türen und Öffnungen aller Art in Hochwasserregionen zu 100 % wasserdicht: Die Firma WHS aus Burgau bringt bei ihrem patentierten System einen verzinkten Metallrahmen an das Mauerwerk an. Eine Verbundplatte in der Größe des Rahmens wird am Rand mit einem starken Neodym-Magnetsystem umlaufend bestückt und zusätzlich noch ein Dichtwerkstoff aufgebracht. Bei drohendem Hochwasser wird die Platte auf den Rahmen gesetzt und hält so das Wasser fern.
Diese Anwendung war auch magnettechnisch eine Herausforderung: Ursprünglich wollte das Unternehmen einen wasser- und korrosionsbeständigen Magneten. Hierfür wäre Samarium-Kobalt die richtige Wahl gewesen, nur leider ist es wesentlich teurer als Neodym und bietet nicht die erforderliche Haftkraft. In der benötigten Sonderanfertigung mit längerem Außenanzugsgewinde (um die Magnete durch die Dichtungsauflage hindurch in dem Metallrahmen zu befestigen) hätte das Material die Kosten nach oben getrieben. Susanne Bernshausen empfahl daraufhin die wesentlich günstigeren Neodym-Magnete. Für diese besondere Anwendung wurde zunächst einmal eine bessere Qualität des Werkstoffes nötig, um die notwendige Haftkraft zu erreichen. Und Maßnahmen aufgrund der Korrosionsanfälligkeit von Neodym.
Bei Magnetanwendungen sind immer wieder Kompromisse nötig: Im Falle der Hochwasserschutz-Anwendung waren Neodym-Magnete wegen ihrer Haltekraft und Kostenerwägungen die einzige Alternative.
Bauer & Böcker konnte die Magnetkraft jedoch auch schon für die Umsetzung eigener Ideen nutzen. Bei der Entwicklung einer hochwertigen Serie an LED-Taschenlampen und LED-Arbeitsleuchten stattete man die Leuchten mit einem speziellen Magnetfuß aus. Viele Modelle anderer Hersteller hinterlassen Kratzer auf lackierten und empfindlichen Oberflächen, die von der Metalleinfassung der Flachgreifermagnete herrühren. Dies verhinderte Bauer & Böcker in der eigenen Leuchtenmanufaktur mit durchdachten Details: Der Magnetfuß ist mit Gummi ummantelt. Die Gummierung hat den Vorteil, dass sich die Leuchte nicht seitlich verschieben lässt. „Natürlich gibt es auch billigere Arbeitslampen“, räumt Geschäftsführerin Inga Bauer ein. „Sobald aber die Oberflächen zerkratzt sind, merkt man, dass man am falschen Ende gespart hat. Mit unserem Magnetfuß passiert das nicht.“
An Ideen mangelt es dem kleinen Remscheider Unternehmen nicht. Inga Bauer hat hierfür eine logische Erklärung: „Einige unserer 15 Mitarbeiter sind Quereinsteiger und haben durch ihre vorherigen Tätigkeiten Know-how in anderen Bereichen gesammelt. Auch dadurch entstehen bei uns immer wieder neue Produktideen, die wir dann selber produzieren.“ Zum Beispiel hatte ein Mitarbeiter in der Montage ursprünglich eine Ausbildung zum Schneider absolviert. Er näht bei Bauer & Böcker häufig Muster wie kleine Werkzeugtaschen oder textile Befestigungen für die Leuchten in neuen, modischen Materialien. Ein anderer Mitarbeiter hatte sich immer wieder über wenig durchdachte Arbeitsbeleuchtungen geärgert und der Chefin dann erste Entwürfe für eine LED-Arbeitslampe vorgelegt. „Dies war vor zwei Jahren der Startschuss für die Entwicklung unserer LED-Leuchtenserie“, sagt Inga Bauer.
Katja Gehrt Marketing bei der Bauer & Böcker GmbH & Co. KG, Remscheid
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