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Wie KI die Wartung revolutioniert

Gunther Sälzler, Director Software, Control and Intelligent Devices bei Rockwell Automation über KI
„Ein Quantensprung zu bisher ungeahnten Möglichkeiten“

„Ein Quantensprung zu bisher ungeahnten Möglichkeiten“
In Sachen Predictive Maintenance spielt Datenanalyse eine entscheidende Rolle. Es reicht nicht einfach Daten zu sammeln und eine KI drauf loszulassen, sagt Gunther Sälzler. Bild: Rockwell Automation
Künstliche Intelligenz ist dabei, die Industrielandschaft auf den Kopf zu stellen. Insbesondere der Einsatz von KI in der vorausschauenden Wartung verspricht eine Zukunft voller Effizienz und Präzision für die Industrie. Gunther Sälzler von Rockwell Automation gibt im Interview Einblicke in aktuelle Entwicklungen, Chancen für Unternehmen und was die Zukunft noch bringen könnte.

» Hagen Wagner, Redakteur Industrieanzeiger

Was denken Sie über die rasante Entwicklung der KI in der jüngsten Vergangenheit?

Die Entwicklung ist ohne Zweifel faszinierend. Insbesondere die Spezialdisziplin der generativen KI, also namentlich ChatGPT, hat enorm an Bekanntheit gewonnen. Es ist jedoch wichtig festzuhalten, dass KI schon seit einiger Zeit im Einsatz ist und seit langem intensiv erforscht wird. Dieses spannende Gebiet eröffnet viele neue Möglichkeiten und wird als nächster Schritt in der Evolution angesehen, vergleichbar mit der Einführung der ersten Steuerungen in den 50er und 60er Jahren. Es scheint, als stünden wir an der Schwelle zu einem neuen technologischen Quantensprung, der uns Zugang zu neuen, bisher ungeahnten Möglichkeiten verschaffen wird.

Welche Chancen ergeben sich daraus, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen, mit denen sich die Industrie derzeit konfrontiert sieht?

In diesem Zusammenhang bietet KI viele Möglichkeiten, und ich meine damit nicht den Ersatz von Fachkräften. Sie ermöglicht es, Ressourcen freizusetzen, um bestimmte Aufgaben zu automatisieren und damit die Fachkräfte für sinnvollere Tätigkeiten einzusetzen. Gerade für die produzierende Industrie sind Themen wie „wie kann ich meine Mitarbeiter besser einsetzen“ auf der einen Seite, aber auch Dinge wie Probleme frühzeitig zu erkennen, Stichwort Predictive Maintanance, natürlich sehr interessant. Ein anderes wichtiges Thema ist Energie: Wo setze ich Energie ein, wie setze ich sie ein und wie kann ich meinen Energieeinsatz verbessern?

Welche konkreten Vorteile bietet Predictive Maintenance im Vergleich zu traditionellen Instandhaltungsansätzen?

KI-gestützte Predictive Maintenance bietet viele konkrete Vorteile. Wir setzen bereits verschiedene Lösungen ein, die als Softsensor bestimmte Funktionen überwachen können. Dazu kommen auch Instandhaltungs-Management- und -Planungssysteme. Beispielsweise ist die Mustererkennung besonders nützlich, wenn Mitarbeiter aufgrund der großen Datenmengen bestimmte Muster nicht mehr erkennen können. Ein weiterer Vorteil liegt in der Planung: Die Vorhersage, wann eine Wartung durchgeführt werden muss, reduziert die Notwendigkeit, große Mengen an Ersatzteilen vorrätig zu halten. Dies führt zu einer besseren Sichtbarkeit und Planbarkeit der Wartungsaktivitäten. Ausfallzeiten können besser geplant und unerwartete Ausfälle minimiert werden.

Können Sie Beispiele für Anwendungsfälle von KI in der Predictive Maintenance nennen?

Wir haben verschiedene Anwendungen. Zum Beispiel ermöglicht Logics AI, unser Predictive System Model, die Dosierung von Flüssigkeiten zu optimieren, insbesondere wenn die Mischungsverhältnisse der Flüssigkeiten nicht konstant sind. Es überwacht auch die Antriebstechnik, zum Beispiel bei großen Ventilatoren, Pumpen oder anderen Antrieben mit hoher Last. Ein interessantes Beispiel: Ein Betatester stellte fest, dass unsere Software einen Fehler anzeigte, den kein Experte erkennen konnte. Nach dem Öffnen des Getriebes stellte sich jedoch heraus, dass tatsächlich ein Fehler vorlag, den zuvor niemand bemerkt hatte.

Die KI deckt also versteckte Einsparpotenziale auf?

Richtig. Die Implementierung von KI in Unternehmen eröffnet zweifellos Einsparpotenziale, insbesondere im Bereich der Datenverarbeitung. Ein entscheidender Aspekt ist die Möglichkeit, vorhandene, bisher ungenutzte Daten zu erschließen. In der Industrieautomation werden beispielsweise Milliarden von Datenpunkten erfasst, von denen viele bisher nicht genutzt wurden. KI kann helfen, diese Daten sichtbar zu machen und für Analysen und Entscheidungen zu nutzen. Früher war der Aufwand, diese Daten zu verarbeiten und zu interpretieren, gigantisch.

Welche Rolle spielt Datenanalyse bei der Implementierung von KI-Lösungen für Predictive Maintenance, und wie unterstützt Rockwell Unternehmen dabei, wertvolle Erkenntnisse aus ihren Daten zu gewinnen?

Die Datenanalyse spielt eine entscheidende Rolle dabei. Es reicht nicht aus, einfach Daten zu haben und eine KI darauf loszulassen. Bei Rockwell konzentrieren wir uns darauf, vortrainierte Modelle einzusetzen, die auf unseren Erfahrungen und Anwendungen basieren. Diese Modelle sind speziell auf bestimmte Anwendungsfälle optimiert und trainiert. Wir bieten unseren Kunden also nicht nur eine KI-Lösung an, sondern liefern auch das entsprechende Know-how mit, um wertvolle Erkenntnisse aus ihren Daten zu gewinnen.

Wie geht Rockwell mit Datenschutz- und Datensicherheitsbedenken im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI um?

Wir unterstützen unsere Kunden bei der Verwaltung ihrer Daten, einschließlich der Frage, wo sie gespeichert werden sollen. Wir bieten Verbindungen zu verschiedenen Cloud-Anbietern, einschließlich unserer eigenen Cloud-Umgebung, in der Kunden ihre Daten speichern können. Darüber hinaus unterstützen wir Kunden, die ihre Daten lieber in ihrer eigenen privaten Cloud speichern möchten, und viele Unternehmen nutzen diese Option bereits intensiv. Um sicherzustellen, dass unsere Systeme den höchsten Sicherheitsstandards entsprechen, haben wir zusätzliche Maßnahmen im Bereich der Cybersicherheit implementiert. Unsere Systeme entsprechen den aktuellen Richtlinien und wir bieten auch Dienstleistungen an, um die Sicherheit der Daten unserer Kunden zu gewährleisten. Angesichts der Tatsache, dass Daten das neue Gold sind, ist es unerlässlich, sie zu schützen.

Wie unterstützt Rockwell Unternehmen bei der Entwicklung der Fähigkeiten und Ressourcen, die für die Implementierung und Wartung von KI-gestützten Predictive Maintenance-Lösungen erforderlich sind?

Wir unterstützen Unternehmen beim Aufbau der für die Implementierung erforderlichen Fähigkeiten und Ressourcen und verfolgen dabei einen integrativen Ansatz. Unser Ziel ist es, KI nicht sichtbar zu machen, sondern sie nahtlos in unsere Lösungen zu integrieren. Viele unserer Kunden nutzen bereits Lösungen, bei denen KI im Hintergrund aktiv ist, ohne dass der Kunde dies unbedingt bemerkt. So wie man ChatGPT nutzen kann, ohne die Funktionsweise von neuronalen Netzen im Detail zu verstehen, wollen wir es unseren Kunden ermöglichen, KI zu nutzen, ohne sich in die technischen Details vertiefen zu müssen. Wir konzentrieren uns darauf, KI auf die Anwendungsebene zu bringen und sie so zugänglich und benutzerfreundlich wie möglich zu machen.

Welche Trends sehen Sie bei der Weiterentwicklung von KI?

Für uns lautet das Schlagwort „von der Automatisierung zur Autonomie“. Das heißt, wir erwarten in Zukunft weitgehend Systeme, die autonom arbeiten können. Ich spreche jetzt nicht direkt von der dunklen Fabrik ohne Licht, in der es keine Menschen mehr gibt. Aber wir erwarten, dass viele Prozesse autonom ablaufen können und nicht jedes Mal ein Mensch eingreifen muss. Wir erweitern unser System dann zum Beispiel auch um Visualisierungslösungen im Bereich KI. Also mit Kameras Produkte und deren Qualität zu scannen, zu erkennen und zu optimieren. Es wird mehr selbstregulierende Systeme geben, aber nicht diese hundertprozentige Autonomie. Zumindest nicht in den nächsten Jahren.

Wie sieht die Zukunft von Predictive Maintenance aus und was plant Rockwell, um Unternehmen dabei zu unterstützen, den Wert ihrer Produktionsanlagen zu maximieren?

Die Zukunft von Predictive Maintenance verspricht eine Weiterentwicklung hin zu noch präziseren und effizienteren Lösungen. Bei Rockwell haben wir bereits ein eigenes CMMS-System, also ein Computerized Maintenance Management System entwickelt, das verschiedene KI-Algorithmen integriert. Unser Ziel ist es, die Wartungsplanung unserer Kunden zu optimieren. Das System kann beispielsweise vorhersagen, dass eine bestimmte Komponente in sechs Wochen ausfallen wird, und rechtzeitig Ersatzteile bestellen sowie Wartungsaufträge für das Personal erstellen, um den Austausch zum optimalen Zeitpunkt in die Produktionsplanung zu integrieren. In Zukunft wird es sicherlich noch viele innovative Möglichkeiten geben, Predictive Maintenance weiter zu verbessern. Gerade in Branchen, in denen noch viel manuell auf Papier geplant wird, gibt es ein enormes Potenzial für die Einführung fortschrittlicher KI-gestützter Lösungen.

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