Lachs ist ein beliebter Speisefisch. 2023 wurden allein in der EU, dem weltweit größten Absatzmarkt für Lachs, über eine Million Tonnen des rosa Speisefisches gegessen. Lachse werden heute meist unter kontrollierten Bedingungen in Lachsfarmen gezüchtet, einer speziellen Form der Aquakultur. Dabei kommen riesige Netze zum Einsatz. Sie werden am Meeresboden verankert und bieten Platz für bis zu einer Million Fische. Etwa 70 % des weltweit vertriebenen Lachses stammen aus solchen Aquakulturen, die sich zum Großteil in den norwegischen Fjorden oder vor der chilenischen Küste befinden. Doch gerade in solcher Massentierhaltung fühlt sich die Lachslaus besonders wohl. Der Meeresparasit schädigt die Gesundheit der Lachse, was zu großen Schäden und hohen Kosten führt. Die Kosten für vorbeugende Maßnahmen, Behandlung und Verluste beziffern Experten pro Jahr auf mehrere hundert Millionen Euro. Das sind bis zu 10 % der gesamten Produktionskosten.
Elektromagnetische Felder schützen Zuchtfische wie einen Zaun
Um diese finanziellen Ausfälle zu minimieren, hat die norwegische Firma Harbor AS unter dem Titel Harbor Fence (Hafen-Zaun) eine robuste und mittlerweile patentierte Präventivlösung gegen Lachsläuse entwickelt. Im Zeitraum von 2015 bis 2019 wurden Verifizierungen und Pilotversuche in kommerziellen Großanlagen durchgeführt. Harbor hat eine erfolgreiche technische und mechanische Verifizierung über zwei Lachsgenerationen in kommerziellen Pilotanlagen getestet, die im Frühjahr 2020 abgeschlossen wurde.
Die Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Läuselarven ihre Fähigkeit verlieren, sich an Lachse zu heften, wenn sie kleinen elektromagnetischen Feldern ausgesetzt sind. Harbor Fence nutzt diesen Effekt durch ein umschließendes elektromagnetisches Feld, das um den Käfig gespannt wird. Das Feld hat die Form eines offenen Zauns und neutralisiert die Läuselarven auf ihrem Weg in den Käfig. Mittlerweile ist Harbor Fence im kommerziellen Betrieb und beliefert mehrere Kunden entlang der gesamten norwegischen Küste. Installation und Service werden von eigenen Teams durchgeführt.
Zudem unterstützt ein guter Wasserfluss, dass die im Käfig produzierten Läuselarven ebenfalls neutralisiert werden, wenn sie aus dem Harbor-Fence-System austreiben. Dies trägt dazu bei, die Ansteckung von benachbarten Käfigen, anderen Standorten und Wildlachsen zu verringern. Harbor Fence wirkt lokal begrenzt und schadet den Fischen innerhalb der Aquakultur nicht.
Stromkabel für Einsatz im Meerwasser
Für die Entwicklung dieser Lösung hat Harbor AS die Expertise von Lapp Norwegen eingeholt. Gemeinsam mit Lapp Muller und der Abteilung Lapp Engineering & Advanced Technology entwickelten die norwegischen Spezialisten ein spezielles Elektrodenkabel. Damit wurde eine Art „Zaun“ aus dünnen Elektroden konstruiert, die außen um den gesamten Netzstall herum angebracht sind. Das System stellt dabei kein Risiko für die Gesundheit der Lachse dar, unter anderem wegen der niedrigen Spannung und der Anbringung an der Außenseite des Netzgeheges.
Bei der speziell von Lapp entwickelten Elektrode handelt es sich um ein halbleitendes Stromkabel, das Strom ableitet und ein elektromagnetisches Feld oder eine Barriere bildet. Indem die Elektroden in einer Reihe hintereinander aufhängt werden, bilden sie einen elektromagnetischen, offenen Zaun und einen Freilandschutz, der als externe Sicherung fungiert. „Die Herausforderung war dabei, die Kabel so zu konstruieren, dass sie im Meerwasser standhalten, ohne dass sie während der vorgesehenen Lebensdauer signifikant an Wirkung verlieren“ sagt Lars Nilsen, Produktmanager bei Lapp Norwegen. Aktuell hat das Unternehmen bereits mehr als 130 km Elektroden für solche Lachszäune geliefert.
Parasitenbekämpfung als Komplettservice
Die Elektroden, die in einem Abstand von 12–17 cm außerhalb des Netzes im Meer hängen, werden an einen Strom-/Schaltschrank angeschlossen. Dieser steuert die Frequenz und Länge der Impulse, die über die Elektroden gesendet werden. Der Schaltschrank überträgt kontinuierlich Echtzeitdaten über den Zustand des Meeres als Grundlage für die Optimierung, Überwachung und Steuerung. Normale Netzgehege sind heute mit zwei Automatisierungs- und Kontrollboxen ausgestattet. Eine Harbor-Fence-Anlage hat einen jährlichen Stromverbrauch von 9.000 kWh. Die Standardtiefe für eine Installation eines Harbour Fence Systems beträgt 10 m.
Harbor Fence eignet sich für Kunststoffkäfige genauso gut wie für Stahlkäfige. Das Unternehmen schließt mit seinen Kunden Serviceverträge und sorgt dafür, dass der Zaun ordnungsgemäß funktioniert. Außerdem kümmert sich Harbor um Rücksendungen und die Instandsetzung bzw. den Austausch des Systems, falls erforderlich. Zudem kann eine Fernüberwachungslösung hydrographische Daten wie Salzgehalt, Temperatur und Strömungsgeschwindigkeit in Echtzeit liefern. Diese Daten können genutzt werden, um den Stromimpuls und die Stromaufnahme im Zaun zu optimieren. Die Systeme werden ständig weiterentwickelt, ebenso wie die verwendeten Elektrodenmaterialien.
Große Nachfrage nach der umweltfreundlichen Lösung
Harbor Fence erlebt eine hohe Nachfrage. Christian Fritzland, Projektleiter bei Harbor erklärt dazu: „Wir haben auch internationale Anfragen aus Kanada, Chile und Schottland erhalten. Wir arbeiten kontinuierlich an der Produktentwicklung und verfolgen mehrere interessante Wege. Einige davon betreffen eine einfachere Montage und Demontage sowie die Fernüberwachung und Fernsteuerung der Stromschränke.“ Dadurch könne eine solche Anlage auch vor anderen unerwünschten Ereignissen warnen, wie etwa einer akuten Verschmutzung oder einem zunehmenden Algenwachstum. „Wenn die Läuse dennoch in die Käfige gelangen, können ergänzende Lösungen wie Putzerfische und Laser gut mit dem Elektrozaun zusammenarbeiten. Zusammen mit Putzerfischen oder Lasern ist das System eine sehr wichtige Maßnahme gegen Läuse, die nicht nur umweltfreundlich ist, sondern auch kostengünstig“, sagt Fritzland. (hw)