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Günstiges Aluminium aus dem Späne-Abfall

Werkstoff Aluminium: Eigenes Recycling in effizienten Öfen
Günstiges Aluminium aus dem Späne-Abfall

Aluminium lohnt sich zu recyceln – sogar in Eigenregie. Beim Räder-Hersteller Kronprinz Aluguss beispielsweise rechnet sich eine Anlage, obwohl Alu-Abfall nur in Form von Spänen anfällt. Der Grund ist eine neue, energiesparende Technik für kleine Umschmelzöfen.

Der Aluminiummarkt wächst: 3,78 Millionen Tonnen Halbzeug, Formguss-Erzeugnisse und Verpackungen aus dem Leichtmetall wurden 2007 allein in Deutschland produziert. Längst verwertet fast jeder metallverarbeitende Betrieb, der Schmelzöfen einsetzt, seinen Alu-Abfall wieder, unabhängig von der Menge. Die Schrotte aus der Produktion lassen sich relativ unkompliziert rückschmelzen. Weitaus schwieriger ist dagegen das Einschmelzen von Spänen, wie Prof. Hubertus Semrau erklärt, Geschäftsführer der ZPF therm GmbH in Siegelsbach, einem deutschen Hersteller von Aluminiumschmelz- öfen: „Das Problem liegt darin, dass Aluminiumspäne unter Hitzeeinwirkung mit Sauerstoff zu Aluminiumoxid verzundern.“ Dieses Abfallprodukt ist für die Weiterverarbeitung nutzlos und verringert die Ausbringung.

Um dies zu verhindern, werden spezielle Öfen benötigt, welche die Späne schnellstmöglich in ein Schmelzbad aus verflüssigtem Aluminium einbringen, wo sie vom Sauerstoff abgeschlossen sind. Bisher wurden Aluminiumspäne daher zum Recycling in spezialisierte Umschmelzwerke gegeben. Laut letzten Angaben des Verbands der Aluminiumrecycling-Industrie (VAR) schmolzen die Werke der Verbandsmitglieder allein im Jahr 2006 rund 90 000 t Alu-Späne zur Wiederverwertung ein. Allerdings ist das nicht die Gesamtmenge: Inzwischen regeln immer mehr mittelständische Unternehmen aus Kosten- und Reinheitsgründen das Spänerecycling inhouse, so die Kronprinz Aluguss GmbH, Solingen.
Bei dem Automobilzulieferer werden jährlich etwa 2,4 Millionen Aluminiumräder gegossen und nachbearbeitet. Dabei fallen durch die Dreh- und Bohrbehandlung am Tag gut 30 t Späne in Solingen an. Zuviel, um sie nicht zu nutzen. In der Produktion des Rädergießers stellt Rücklaufmaterial in Form von Spänen etwa 30 % des gesamten Aluminiums, wie Dr. Georg Schleiting berichtet, der Verantwortliche für die Optimierung der Werke in der Borbet-Gruppe, zu der auch der Solinger Standort gehört: „Früher wurden die Späne an ein anderes Unternehmen zur Lohnumschmelzung gegeben.“
Die industriellen Umschmelzwerke wenden in ihren Großöfen verschiedene Methoden an, um die Oxidationsgefahr für das wertvolle Leichtmetall zu verringern: Elektromagnetische Pumpen, welche die Späne unter die Oberfläche des Schmelzebades ziehen, oder Induktionsmechanismen, bei denen die Späne per Stromdurchfluss geschmolzen werden. Beide Varianten zeichnen sich durch einen enormen Energiebedarf aus, so dass sich entsprechende Anlagen nur für sehr große Mengen eignen. Der Stromverbrauch dieser Techniken schlägt sich wiederum im Preis nieder, den die spezialisierten Schmelzwerke verlangen. Hinzu kommen Kosten für Transport, Lagerung und Materialverluste beim Einschmelzen. „Insgesamt zahlt der Kunde hier für den Rückkauf der Fertiglegierung pro Tonne etwa 500 Euro mehr als er für den Verkauf der Späne bekommt“, rechnet Semrau vor.
Wegen der hohen Kosten lohnte sich das Outsourcing des Recyclings für Kronprinz Aluguss auf Dauer nicht. Stattdessen investierte das Unternehmen in drei eigene Späneschmelzöfen mit Schmelzleistungen von jeweils 500 kg/h. Bei den Anlagen, die ZPF therm herstellt, kommt eine neue, energiesparende Methode zum Einsatz: ein mechanisches Rührwerk, das in der Lage ist, die über eine Förderschnecke zugeführten Späne innerhalb von Sekunden unter die Oberfläche des Schmelzbades zu rühren. Der Vorgang findet in speziellen Einrührtaschen des Ofens statt, in denen Gasbrenner das Schmelzebad erhitzen. Eine besondere Luftführung der heißen Gase innerhalb des Ofens sorgt dabei für zusätzliche Hitze und hilft so, den Brennstoffbedarf einzuschränken.
Ein Vorteil der Aufbereitung im eigenen Haus im Gegensatz zum Umschmelzwerk ist, dass die Sortenreinheit der verwendeten Legierungen für die Weiterverarbeitung gewahrt bleibt. Wichtiger noch ist allerdings der Kostenfaktor. „Durch die Einrührtaschen und das Rührwerk sind die Späneschmelzöfen komplizierter aufgebaut als herkömmliche Schmelzöfen“, so Semrau. „Doch dafür arbeitet diese mechanische Methode viel energieeffizienter als die elektrischen Lösungen.“ Es ergibt sich eine Kostenreduktion, die auch Schleiting bestätigen kann: „Wir haben durch das Spänerecycling im eigenen Werk deutliche Einsparungen erzielt.“
Bisher war ein eigenes Spänerecycling für die meisten Unternehmen schlicht zu teuer. Der Grund lag bei den Kosten für den erforderlichen Spezialofen und die zugehörige Anlage, in der die Späne gesammelt, gereinigt und getrocknet werden. Mit der verbesserten Rührwerk-Technik dagegen sind die Öfen bereits ab einer Spänemenge von 5 t/Tag finanziell interessant. „Wenn ein Unternehmen zum Beispiel täglich neun Tonnen Späne produziert, hat sich ein eigener Schmelzofen nach sechs bis neun Monaten amortisiert“, betont Maschinenbauprofessor Semrau, „die Reinigungs- und Trocknungsgeräte inbegriffen.“ Umschmelzwerke werden dadurch aber nicht überflüssig, bei kleineren Mengen an Spänen sind Verkauf der Abfälle und Rückkauf der erschmolzenen Legierungen immer noch sinnvoll.
Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung von Aluminium werden in den verarbeitenden Betrieben künftig allerdings eher mehr als weniger Späne anfallen. Vor allem die Automobilindustrie entdeckt das Leichtmetall zunehmend für sich, weil es durch sein geringes Gewicht hilft, Sprit oder Strom zu sparen.
VAR-Geschäftsführer Günter Kirchner sieht die Automobilbranche daher auch als den wichtigsten Wachstumsmarkt für das Alu-Recycling: „Durch die langfristig steigende Automobilproduktion und den wachsenden Aluminiumanteil pro Fahrzeug wird sich der Abfall von Spänen noch vergrößern. Das Recycling dieser Späne ist und bleibt von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung.“
Bereits heute entstehen beim Herstellen von Rädern oder Kolben große Mengen Späne, die eingeschmolzen und mit Flüssigaluminium aus Masseln und anderem Rücklaufmaterial vermischt wieder neu in Form gepresst werden können.
Der Kostendruck in der Wirtschaft und die Entwicklung immer effizienterer Schmelzöfen lassen erahnen, dass sich der Recycling-Trend künftig noch verstärken wird, vor allem im kurzen Materialkreislauf, ohne lange Transportstrecken und Zwischenhändler.
Christine Gaßel Fachjournalistin in München

Kosteneffizienz
Eine einfache Kalkulation, die jeder Betrieb anstellen sollte, der Alu-Abfälle produziert, etwa in Form von Spänen: Ab einer gewissen Menge rechnet sich das Aufarbeiten in eigenen, kleinen Öfen, die energieeffizienter arbeiten als die großen Umschmelzwerke. ZPF therm nennt 5 t/Tag als Mindestmenge. Lohnt sich das in-gesourcte Umschmelzen preislich, kommt ein weiterer Vorteil hinzu: Jederzeit ist bekannt, welche Legierungselemente im eingeschmolzenen und damit auch im neuen Material zu finden sind.
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