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Gut gedämpft ist halb gewonnen

Maschinenelemente: Dämpfung für Wälzführungen
Gut gedämpft ist halb gewonnen

Trends wie etwa höhere Dynamik oder bessere Bearbeitungsqualität beeinflussen die Gestaltung der Struktur einer Werkzeugmaschine wie auch ihrer Komponenten. Eng damit verknüpft ist die Frage, wie und an welchen Stellen adaptiv gedämpft werden kann.

Immer höhere Leistungs- und Genauigkeitsanforderungen, aber auch das Bestreben, spanende Bearbeitungsprozesse weitgehend zu automatisieren, prägen die Entwicklungen im Bereich der Werkzeugmaschinen schon seit längerem. Zunehmende Dynamik und höhere Bearbeitungskräfte, und damit insgesamt eine höhere Leistungsdichte sind die Trends, die das Geschehen künftig bestimmen werden. „Diese Parameter wirken sich zusammen mit zunehmender Flexibilität und Bearbeitungsqualität wesentlich auf die Gestaltung der Maschinenstruktur und damit auf die Konstruktion der Anlage wie auch auf die Maschinenelemente aus“, weiß Dipl.-Ing. Dietmar Rudy. An dieser Stelle, so der Leiter Zentrale Technik des Geschäftsbereichs Lineartechnik der Schaeffler KG mit ihren Marken INA, LuK und FAG, sei der Komponenten-Lieferant besonders gefordert.

Um Dynamik und Bearbeitungskräfte in Griff zu bekommen, reduzieren Konstrukteure die bewegten Massen und erhöhen gleichzeitig die dynamische Steifigkeit der Maschinen. Da sich dies im Grunde widerspricht, müsse man umso mehr eine Gratwanderung zwischen diesen beiden Punkten finden, folgert Dietmar Rudy. Dies funktioniert, indem versucht wird, die Maschinenelemente bedarfsgerecht anzupassen. Jedenfalls wären mehr Engineering und eine dynamische Simulation des Gesamtsystems erforderlich, um zu erkennen, an welchen Stellen der Maschinenstruktur eine adaptive Dämpfung erforderlich sei, plädiert er für vermehrten FEM-Einsatz in der konstruktiven Phase.
Beispiel Dämpfung: Bei Werkzeugmaschinen lassen sich über ein Dämpfungssystem die Spanleistung erhöhen und bessere Oberflächengüten erzeugen. Zugleich ergeben sich höhere Bahngenauigkeiten. „Die Dämpfung in der Werkzeug-Werkstück-Ebene erhöht und bestimmt den Nutzwert einer Maschinenstruktur maßgeblich“, sagt der INA-Ingenieur. Dämpfung durch Steifigkeit zu ersetzen, ist laut Rudy aber der falsche Weg. Die Faustformel ist einfach: Durch Erhöhung der statischen Steifigkeit verschieben sich lediglich kritische Frequenzen. Deren Amplituden werden aber kaum verringert. Außerdem gilt: Je höher die statische Steifigkeit, desto größere Führungskomponenten sind nötig. Mehr Masse wiederum verlangt nach einem größeren Bauraum. Da dies inakzeptabel ist, empfehlen die INA-Ingenieure, wälzgeführte Achsen adaptiv zu dämpfen.
Die Homburger verfolgen hier zwei Lösungswege: Der Dämpfungsschlitten vom Typ RUDS, das Kürzel steht für Rollenumlauf Dämpfungsschlitten, für Linearachsen arbeitet nach dem Squeeze-Film-Prinzip. Zwischen der Schienenkontur und dem Wagen befindet sich ein kontinuierlicher Ölspalt von etwa 20 bis 25 µm. Über die Dämpfungskraft, die sich über die Ölviskosität ergibt, kann der Wagen dynamische Kräfte in Zug- oder Druck- und Seitenrichtung aufnehmen. Damit der Schlitten seine Wirkung entfalten kann, müsse jedoch die Stelle bekannt sein, hebt Dietmar Rudy hervor. Deshalb sollte die notwendige Dämpfungskraft in der konstruktiven Phase durch dynamische FEM-Simulationen ermittelt werden.
Neben solchen Festkörperschwingungen dämpft der RUDS-Schuh auch Plattenschwingungen. Denn auch hier, meint Rudy, lasse sich fehlende Dämpfung durch Steifigkeit praktisch nicht ersetzen. Ihr patentiertes Quetsch-Film-Prinzip zur adaptiven Dämpfung haben die Ingenieure der Schaeffler-Gruppe auch auf wälzgeführte Rundtischachsen übertragen, um Tischschwingungen zu verhindern. Wie im Bereich der Linearführungen ist der hier verwendete Dämpfungsring komplett abgedichtet. Diese integrierte Dämpfung beugt beispielsweise Kippschwingungen vor, die entstehen können, wenn auf den Tisch einer großen Karusseldrehmaschine ein hohes Bauteil gespannt ist. Das Ergebnis, so Rudy, wäre an den Oberflächen sofort sichtbar.
Der zweite Weg hat den Vollhydrostaten zum Ziel. Diese INA-Neuentwicklung befinde sich derzeit im Feldtest bei Kunden, nennt Dietmar Rudy den Status. Äußerlich gleicht die Führung einer RUE-Profilschiene, enthält jedoch Drucktaschen statt Wälzkörpern. Dabei trennt ein Ölfilm den Wagen von der Schiene. Da dieses System rundum abgedichtet sei, erläutert Rudy, unterscheide es sich nach außen nicht von der Wälzführung. Auf diese Weise wurden die Dämpfungseigenschaften der Hydrostatik mit der Kompaktheit einer genormten Profilschienenführung kombiniert. Erhältlich sein soll die Neuerung künftig als Plug&Play-System vom Typ HLE 45 (Schienenbreite 45 mm) ab dem nächsten Jahr. Dann wird sie steckerfertig und vorjustiert geliefert.
Aufgrund gleicher Anschlussmaße und gleichem Lichtraumprofil könne die Kompaktführung problemlos anstelle einer Profilschienenführung gleicher Größe montiert werden, meint Rudy. Dadurch ergebe sich ein deutlich geringerer konstruktiver Aufwand beim Einsatz einer Hydrostatik-Technologie, nennt er einen weiteren Vorteil.
Ihren Einsatz empfehlen die Homburger Ingenieure besonders dann, wenn höchste Dämpfungswerte notwendig sind und die Dämpfung mit dem Lastangriffspunkt zusammen fallen muss. Zwar werde nicht immer und in jedem Fall ein solches System benötigt, schränkt der Technik-Leiter ein. „Doch wenn Dämpfung notwendig ist“, so Dietmar Rudys Erkenntnis, „kann man sie applizieren.“
Industrieanzeiger
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