Leuchten bei Berührung, der Hand schmeicheln, Heizen auf Wunsch und reagieren auf Reize: Mit diesen Fähigkeiten will Formenbauer Georg Kaufmann rationell herzustellende Spritzgießteile ausstatten.
Die Kunststoff-Branche blickt schon fiebrig auf die im Oktober startende Weltleitmesse K. Die Georg Kaufmann Formenbau AG aus dem schweizerischen Busslingen nutzte jetzt eine zur K durchgeführte Info-Veranstaltung des Münchner Maschinenherstellers KraussMaffei, um eine neuartige Technik bekannt zu machen: Die Möglichkeit, Spritzgussteile mit Funktionen wie Leuchten oder Heizen auf Berührung auszustatten. Vereinfacht gesagt, Kunststoffteile sollen „intelligent“ werden im technisch üblichen Wortsinn – und zwar bei überschaubarem Zusatzaufwand im Spritzgießprozess. Georg Kaufmann hat dazu im Rahmen des „Primus“-Netzwerk von KraussMaffei mit Partnern die Prozesse zur Serienreife getrieben, umgesetzt auf einer Spritzgießmaschine von KraussMaffei und mit eigenen Spezialwerkzeugen.
„Mit diesen Verfahren können Kunststoffverarbeiter neue Anwendungen erschließen und ihre Wertschöpfung erhöhen“, betonte Dr. Dietmar Straub, Vorstandsvorsitzender der KraussMaffei AG. Und Dr. Karlheinz Bourdon, Geschäftsführer bei KraussMaffei, ließ durchblicken, warum die Unternehmen die Technologie gemeinsam präsentieren: „Wir können nun komplette Lösungen anbieten. Zusammen haben wir das Prozesswissen.“
Die Kombination von Spritzgieß- und Reaktionstechnik in Präzisionswerkzeugen ermöglicht es den Verarbeitern also, Spritzgießteile mit funktionalen Oberflächen in einem Prozesszyklus zu fertigen. Georg Kaufmann hat dazu eine Prototypenfertigung in den Kategorien Lighting, Sensors und Touch aufgebaut: für leuchtende Oberflächen, sensorische Flächen und Oberflächen mit besonderer Haptik. Basis dafür sind Fertigungsverfahren wie das Hinterspritzen und Hinterprägen von Dekormaterialien, die der Formenbauer entwickelt hat. „Warum sollen Kunststoffteile keine Intelligenz haben? Das eröffnet doch eine völlig neue Welt“, meinte Geschäftsführer Roger Kaufmann. Der Werkzeugspezialist ermöglicht damit die wirtschaftliche Produktion von Multifunktionsteilen durch Zusammenfassen von Arbeitsschritten im hoch automatisierten Fertigungsablauf.
Beispielsweise können Verarbeiter mit Hilfe der Duo-Lamination-Technologie und weiteren Methoden zusätzlich zu funktionalen Oberflächen auch Vliese in die Bauteile integrieren, die mit Sensoren präpariert sind und damit Berührungen detektieren. Nach Anschluss einer Stromversorgung reagieren sie auf Außenreize mit definierten Effekten wie An/Aus der Bauteile, Blinken oder Dimmen. Lediglich die Auswerteelektronik muss dazu angebaut werden.
Über Lichteffekte hinaus bietet das neue Verfahren auch die Möglichkeit, eine Heizwirkung in die Spritzgussteile zu integrieren. Diese Anwendung nutzt bereits ein Automobilhersteller in der Innenraumausstattung. „Das Verfahren eignet sich aber genauso gut für heizbare Sitzflächen in Skiliften oder Sportstadien, für warme Flächen im Haushaltsbereich oder für die Innenausstattung von Büros“, sagte Roger Kaufmann. Im dritten Eigenschaftsprofil Touch werden Spritzgieß- und Reaktionstechniken kombiniert, um haptisch angenehme Oberflächen herzustellen, die dem Tastsinn schmeicheln: kühle oder warme, genarbte oder glatte Flächen sowie Oberflächen mit optischer Tiefenwirkung.
An dem international vernetzten Projekt beteiligten sich maßgeblich auch der Materialspezialist Evonik Röhm GmbH, die auf Leuchtsysteme spezialisierte Lumitec AG sowie die TU Chemnitz. Auf der K 2010 präsentieren die Projektpartner weitere mit dem neuen Verfahren gefertigte Technologieträger. os
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